Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
mit seinen jüngeren Vettern und Basen zu spielen, die sich an den Händen hielten und zu der Musik im Kreis tanzten. Ida schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
»Söhne verlassen ihre Mütter immer.« Eleanors Stimme klang hart, und in ihren Augen lag zwar Mitgefühl, aber auch
Kälte und Ernst. »Und Ehegatten sind nicht besser. Genießt die Momente der Freude mit ihnen, aber investiert nicht Eure Gefühle in sie, denn sie werden sie mit Füßen treten.«
»Madam, es tut mir leid, dass ….«
»Dazu besteht kein Grund«, unterbrach Eleanor sie scharf. »Je länger Ihr Euch für Dinge entschuldigt, für die Ihr nichts könnt, desto schneller werdet Ihr dahinwelken und zu einem bloßen Schatten werden. Eure Mutter hat Euch nicht auf die Welt gebracht, damit Ihr im Schatten steht – schon gar nicht im Schatten eines Mannes. Vergesst das nie, Ida. Sonst verbaut Ihr Euch Eure eigene Zukunft.«
Ihre Worte berührten eine Wunde tief in Idas Innerem und bewirkten, dass sie am liebsten noch heftiger geweint hätte – aufgrund dieser Erkenntnis und dem damit verbundenen Schmerz. Außerdem wusste sie nicht, ob sie herausfinden wollte, was die Zukunft für sie bereithielt.
»Lord Bigod …«, begann Eleanor nachdenklich. »Ich kenne ihn nicht sehr gut, aber die Männer sprechen voller Respekt von ihm, auch die, bei denen ich mich auf ihre ehrliche Meinung verlassen kann. Ich erinnere mich an ihn aus der Zeit, als er noch viel jünger war. Er war immer still und zurückhaltend, beobachtete lieber alles, als selbst tätig zu werden. Zumindest dachte ich das damals, aber inzwischen hat er diese Theorie widerlegt, nicht immer zu seinem Vorteil«, fügte sie trocken hinzu.
Einen Moment lang war Ida nicht sicher, was die Königin ihr zu verstehen geben wollte, aber dann fiel ihr ein, dass sich Roger bei der Rebellion vor acht Jahren gegen sie gestellt und ihre Anhänger in der Schlacht von Fornham besiegt hatte.
»Ja.« Eleanor neigte nachdenklich den Kopf. »Ich glaube, Ihr passt gut zu ihm. Ihr habt beide sehr viel Mut, und den werdet ihr an eure Kinder weitergeben.«
Ida zwinkerte die Tränen fort, die hinter ihren Lidern brannten. Der kleine, mit seinen Vettern tanzende William verschwamm vor ihren Augen.
»Ich komme mir nicht sehr tapfer vor, Madam.«
»Diejenigen, die sich selbst für tapfer halten, sind nicht immer die Mutigsten«, widersprach Eleanor. Sie schwieg einen Moment, dann fuhr sie fort: »Euer Mann soll ja in Gesetzesfragen sehr beschlagen sein, aber ich schätze, das muss er auch. Wie ich hörte, hat ihm der König als Hochzeitsgeschenk drei Landsitze zurückgegeben und ihm seine Schulden erlassen.«
»Das ist richtig, Madam.« Ida fragte sich, worauf Eleanor hinauswollte.
Die Königin hob eine schmale Braue.
»Drei Landsitze, die als Teil des Erbes konfisziert wurden, um das Euer Mann und die ehemalige Countess of Norfolk und ihre Söhne streiten. Lady Gundreda ist bereits bei mir vorstellig geworden.«
Ida zwang sich, sich ganz auf Eleanor und nicht auf William zu konzentrieren. Sie witterte Gefahr.
»Lady Gundreda hat kein Anrecht auf diese Landgüter«, versetzte sie. »Wenn der König entschieden hat, sie meinem Mann als Geste guten Willens zurückzugeben, dann ist daran nichts zu rütteln.«
»Und Lord Bigod würde ein solches Geschenk wohl schwerlich ausschlagen, nicht wahr?«, fragte Eleanor mit einem trockenen Lächeln.
»Warum, Madam?« Ida schob das Kinn vor. »Sie sind sein rechtmäßiges Erbe, und er hat weder Bestechungsgelder angeboten noch Gerüchte verbreitet, um sie an sich zu bringen.«
Eleanors Lippen krümmten sich.
»Bestechung und Gerüchte«, wiederholte sie. »Nun, ich habe in meinem Leben von beidem viel ausgeteilt und viel empfangen,
und Ihr seht ja, wohin es mich gebracht hat.« Sie musterte Ida abschätzend. »Manchmal sind persönliche Vorlieben ein stärkeres Motiv als Bestechungsgelder und Gerüchte, stärker sogar als Familienbande und die Verpflichtungen, die einen Vasallen an seinen Lord schmieden. Ich habe viele Männer in meinen Diensten allein deswegen gefördert, weil ich ihre Tapferkeit und Treue belohnen wollte, viele Frauen unter meinen Bediensteten übrigens auch. Darüber solltet Ihr einmal nachdenken.«
William kam zu Ida zurückgeschossen und kletterte auf ihren Schoß, aber ihr blieb nur ein kurzer Augenblick, um die Arme um ihn zu legen, bevor er vor Energie sprühend wieder davonraste. Eleanor hatte ihr so viel gesagt,
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