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Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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aufhielt und nicht in Salisbury unter Hausarrest stand, war ein Zugeständnis an die Jahreszeit und ein Zeichen dafür, dass Henrys Zorn auf sie allmählich nachließ und er aus politischen Gründen auf ihre Anwesenheit angewiesen war.
    Eleanor bat die Frauen, wieder Platz zu nehmen, und gesellte sich zu ihnen an das Feuer. Sie saß auf einem besonderen Stuhl mit goldenen Kissen und einem Schemel für die Füße. Mit fast sechzig Jahren besaß sie immer noch das Charisma, das sie im gesamten Christentum berühmt gemacht hatte, erst als junge Königin von Frankreich, die mit ihrem Mann nach Jerusalem geritten war und einen Schweif aus Skandalen hinter sich hergezogen hatte, dann als weltliche Ehefrau des neunzehnjährigen Herzogs der Normandie, wo sie sich auch nichts hatte vorschreiben lassen. Ida hielt den Blick gesenkt und versuchte, um keinen Preis irgendwie aufzufallen, konnte aber nicht umhin, die kunstvolle Stickerei am Saum des Mantels der Königin zu bewundern und zu überlegen, welcher Fadenlauf für so ein Muster erforderlich war. Aber sie war nicht die einzige Frau am Feuer, die ein Auge für erlesene Näh-und Stickarbeiten hatte.
    »Lord Bigod wird der bestgekleidete Mann bei Hof sein«,
bemerkte die Königin lächelnd. »Habt Ihr das Muster selbst entworfen?«
    Ida schrak heftig zusammen. Ganz offensichtlich wusste Eleanor genau, wer sie war. Andererseits wäre es töricht zu glauben, sie sei ahnungslos. Sogar unter Hausarrest würde eine Frau von ihrem Format alles erfahren, was am Hof vor sich ging.
    »Die Farben sind wunderschön. Woher bezieht Ihr Eure Seide?«
    Ida nannte den Namen eines Händlers in Winchester, und das Gespräch floss leichter dahin, als sich andere Frauen daran beteiligten, Einzelheiten wissen wollten und selbst Empfehlungen abgaben. Eleanor ließ ihre Musikanten kommen, um die kleine Gesellschaft zu unterhalten, und berührte, während Lauten-, Gitarren-und Flötenklänge ertönten, leicht Idas Arm.
    »Ich kenne meinen Mann«, sagte sie. »Und ich hege keinen Groll gegen Unschuldige, Lady Bigod. Das wollte ich gern klarstellen.«
    »Ja, Madam«, erwiderte Ida, und obwohl sie sich immer noch nicht wohl in ihrer Haut fühlte, nahm ihr Eleanors Freundlichkeit die größte Angst.
    Lord John erschien, um seiner Mutter seine Reverenz zu erweisen, kniete nieder, neigte den Kopf und küsste ihre Hand. Eleanor begrüßte ihn warm, dennoch schien zwischen ihnen eine nahezu greifbare Spannung zu herrschen. Aber schließlich sind sie einander ja fremd, dachte Ida. Eleanor war während Johns früher Kindheit eine Gefangene gewesen, und er war am Hof seines Vaters unter Henrys Einfluss aufgewachsen. Die Parallelen zu ihrer eigenen Situation stachen ihr förmlich ins Auge. Würde sie im Lauf der Jahre auch eine Fremde für William werden? Würde sie eines Tages von einem Jungen auf der Schwelle zum erwachsenen Mann begrüßt werden, dessen
Wissen über die Welt von Henry und seinem Hofstaat bestimmt worden war? Der Gedanke an all die Jahre, die ihr mit ihrem Sohn verloren gehen würden, schmerzte sie so sehr, dass sie hart schlucken musste.
    Weitere Frauen trafen ein, darunter auch Eleanors Schwägerin Isabelle de Warenne und ihre Kinder. Isabelles Sohn war ein pickeliger dunkelhaariger Junge, der ungefähr in Johns Alter war. Seine Schwester begann gerade, eine weibliche Figur zu entwickeln. Ihr hellbraunes Haar fiel ihr in zwei dicken Zöpfen bis zur Taille, und sie rang sich ein schüchternes Lächeln ab. John starrte sie mit Raubvogelaugen an und leckte sich über die Lippen. Hinter den Erwachsenen warteten noch ein paar jüngere Kinder darauf, Eleanor zu begrüßen, und dahinter hielt eine Kinderfrau ein Kleinkind auf dem Arm.
    Idas Herz krampfte sich beim Anblick ihres Sohnes zusammen. Er trug die Tunika aus warmer Winterwolle, die sie ihm genäht hatte, und eine kleine blaue, mit Kaninchenfell gesäumte Kappe. Als er sie inmitten der Frauen entdeckte, rief er »Mama!« und zappelte heftig, weil er runterwollte. Seine Kinderfrau zögerte einen Moment, dann gab sie nach, und er rannte auf Ida zu. Sie breitete die Arme aus, zog ihn auf den Schoß und spürte erneut, wie eine gigantische Welle von Liebe und Verlustschmerz sie mit sich fortzureißen drohte. Die Qual war so groß, dass sie ihr fast körperliche Schmerzen bereitete.
    Er wollte ein Handabklatschspiel mit ihr spielen, aber nachdem er es zweimal wiederholt hatte, wurde er unruhig und surrte wie eine eifrige kleine Fliege davon, um

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