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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Gelegenheit vor Julios Arbeitszimmer gehorcht, aber nichts weiter darüber herausgefunden. Lautlos lehnte sie sich an die Säule und hörte, wie Julio den fremden Mann als Herrn von Gülich ansprach. Den Namen hatte sie schon einmal gehört, und jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass der Mann einmal Gast bei den de la Vegas’ gewesen war. Sie hatte sich mit Claire über ihn lustig gemacht, weil er so stolz auf seinen Titel »Königlich Preußischer Geschäftsträger« gewesen war. Wenn sie es recht im Kopf hatte, gehörte Herrn von Gülich auch die Theaterloge, in der sie vorhin Platz genommen hatten.
    Jetzt war natürlich weder von Wissenschaft noch von Gesang die Rede.
    »Sie haben doch beste Kontakte nach Argentinien«, sagte Julio leise.
    »Wenn Sie wollen, kann ich sie gerne nutzen. Soll ich eine bestimmte Botschaft ausrichten?«
    Julio zögerte. »Eigentlich das Gegenteil – ich will, dass eine bestimmte Sache geheim gehalten wird.« Er beugte sich vor und flüsterte so leise, dass Valeria nur die Hälfe verstand. »… Ware erhalten … will nicht, dass die Argentinier … Beschlagnahmung … aufteilen …«
    Eine längere Pause entstand.
    »Und jetzt soll ich also herausfinden, ob man vielleicht von der Sache Wind bekommen hat?«, fragte Herr von Gülich gedehnt.
    »So ist es. Ich würde diese ganz besondere Ware gerne in der Banda Oriental weiterverkaufen.«
    »Und woher stammt die Ware?«
    »Aus Frankreich.«
    Valeria verstand nicht viel von Geschäften, konnte sich aber denken, was Julio bezweckte: Einerseits wollte er offenbar die hohen Einfuhrzölle sparen, indem er den Import der Ware verschleierte, andererseits nicht die Begehrlichkeit argentinischer Kaufleute erwecken. In jedem Fall bestärkte die Tatsache, dass die Ware aus Frankreich kam, sie in der Annahme, dass es sich um Luxusgüter handeln musste.
    »Wo wird sie denn jetzt gelagert?«, fragte Herr von Gülich eben.
    »Nur eine Straße weiter. Dort gibt es mehrere Lagerhallen. Es ist die vierte Richtung Hafen. Hier in der Nähe des Theaters kommt keiner auf die Idee, dass man …«, er brach ab. »Ach Valeria, hier bist du! Hast du keine Lust auf die Oper?«
    Verdammt, er hatte sie gesehen!
    Valeria fasste sich rasch und tat so, als hätte sie nichts gehört, sondern wäre ganz zufällig hier vorbeigekommen. Sie setzte eine durch und durch arglose Miene auf und lächelte erst den Onkel, dann Herrn von Gülich strahlend an.
    »Also, warum bist du nicht in der Loge?«, fragte Julio dennoch streng.
    Sie rang nach einer Ausrede, aber Gott sei Dank kam ihr Herr von Gülich zu Hilfe.
    »Nun, für eine Europäerin ist die Oper in der Banda Oriental etwas gewöhnungsbedürftig, nicht wahr? Dieses Gebäude hier ist zwar so prachtvoll wie vergleichbare in Deutschland, aber die Gesangsleistung lässt zu wünschen übrig.«
    Valeria nickte, und Herr von Gülich erzählte prompt ausufernd, wie kürzlich die italienische Operngesellschaft Lorini zu Gast war, man deren Gesang jedoch gar nicht zu schätzen wusste, weil man keinen Sinn für nuancierte Stimmen hatte. Stattdessen wurden hierzulande schlechte Sänger gerühmt, die mehr schrien als sangen.
    »Hier zählt nicht die Kunstfertigkeit, sondern die Lautstärke – gleich so, als wäre die Oper ein Marktplatz, wo sich der Händler durchsetzt, der am durchdringendsten brüllt«, schloss er.
    Valeria lächelte und nickte weiterhin, nutzte jedoch die erste Gelegenheit, dem geschwätzigen Herrn zu entkommen.
    »Ich war auf der Suche nach Claire – aber dort hinten ist sie ja!«, rief sie.
    Ehe Onkel Julio etwas sagen konnte, ließ sie die beiden stehen. Schließlich hatte sie genug gehört.
     
    »Bist du verrückt geworden?«
    Eben noch hatte Claire wie beseelt gewirkt. Nachdem sie sich von ihrem Polizisten verabschiedet hatte, hatte sie sich mehrmals umgedreht, um einen letzten Blick auf Luis zu werfen, und Valeria stolz berichtet, dass sie ihm vorgeschlagen hatte, gemeinsam das hiesige Museum zu besuchen. Luis hatte zwar nicht zugesagt, aber ebenso wenig gleich abgelehnt – was Claire als großen Fortschritt wertete.
    Ihr freudiges Lächeln war allerdings rasch verschwunden, als Valeria ihrerseits erklärte, was sie vorhatte.
    »Warum willst du denn ausgerechnet jetzt dorthin?«, rief sie verständnislos.
    »Weil sich in den nächsten Tagen nicht so schnell eine Gelegenheit bietet! Bedenke, die Lagerhalle ist gleich in der Nähe des Theaters. Und obendrein sind alle in der Loge. Falls doch

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