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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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ins Foyer. Luis stand dort so steif, wie sie ihn verlassen hatte – er schien in der vergangenen Stunde nicht einmal mit der Wimper gezuckt zu haben. Dennoch huschte wieder der Anflug eines Lächelns über sein Gesicht, als er sie sah.
    »Ich habe Ihnen eine kleine Stärkung mitgebracht.«
    »Im Dienst trinke ich keinen Alkohol.«
    »Nicht einmal, wenn dieser Dienst Sie in die Oper führt?« Claire seufzte. »Warum sind Sie nur so streng mit sich?«
    »Ich bin nicht streng, sondern einfach nur pflichtbewusst.«
    Dies war für gewöhnlich eine Eigenschaft, die sie selbst an den Tag legte und die ihr Valeria häufig vorwarf. Heute schien es, als hätte sie die Rolle der Cousine übernommen, und als sie Luis ungewohnt neckisch zuzwinkerte und dann aufreizend selbst einen kleinen Schluck Champagner nahm, gefiel sie sich gut darin. Der Champagner stieg ihr prompt heiß ins Gesicht.
    Luis stand immer noch steif da, fragte dann aber: »Wollten Sie mir nicht etwas erzählen?«
    »Was?«
    »Nun, wie das Bühnenbild aussieht. Und die Kostüme.«
    Claire ließ sich nicht ein zweites Mal bitten. Ausufernd berichtete sie vom Garten, in dem Osmin die Feigen pflücken wollte, und den fremdländischen, farbenprächtigen Kostümen des Janitscharenchors. Sie musste immer lauter sprechen, denn im Foyer herrschte bald ein dichtes Gedränge, und sie hatte noch nicht geendet, als der zweite Akt begann und die Menschen zurück in die Loge strömten.
    »Besser, Sie gehen nun auch wieder zu Ihrer Familie«, meinte Luis.
    Claire zögerte. Sollte sie ihn einfach hier stehenlassen, nachdem der Zufall sie wieder zusammengeführt hatte? In der nächsten Pause oder gar nach der Aufführung gab es womöglich keine Gelegenheit mehr, mit ihm zu sprechen. Sie wusste nur seinen Namen, sonst nichts, hätte jedoch so gerne noch mehr über ihn erfahren, vor allem, wie man diesen beherrschten Mann aus der Reserve lockte!
    Sie fügte sich nur vermeintlich, aber als auf dem Weg nach oben Canapés gereicht wurden, sammelte sie ein paar davon auf einem kleinen Teller. Den Alkohol konnte er mit Recht abschlagen, gewiss aber keine kleine Stärkung.
    Valeria lief auf sie zu. »Hier steckst du, ich suche dich seit Ewigkeiten! Kaum zu glauben, dass du für diesen flotten Unbekannten bereit bist, einen Takt deiner geliebten Musik zu versäumen. Oder hast du denn nicht bemerkt, dass die Aufführung schon wieder weitergeht? Sagst du mir jetzt, wer er ist?«
    »Ein Polizist«, antwortete Claire, »viel mehr weiß ich selbst nicht.«
    »Aber scheinbar bist du gewillt, es herauszufinden.« Valeria kicherte.
    Leider war auch Carl-Theodor nicht weit. »Wo bleibt ihr denn?«, rief er den Mädchen zu.
    Claire sah Valeria hilfesuchend an. »Ich würde gerne noch ein wenig mit ihm plaudern, aber dafür brauche ich deine Unterstützung. Du hilfst mir doch?«
    »Wenn du mir hinterher alles über deinen schmucken Polizisten erzählst – gerne!«
    »Claire! Valeria!«, rief Carl-Theodor.
    Fieberhaft suchte Claire nach einer Ausrede – und musste plötzlich lächeln, als ihr eine Idee kam.
     
    Valeria konnte sich auch weiterhin ihr Grinsen nicht verkneifen. Ausgerechnet Claire, die immer so vernünftige, beherrschte Cousine und obendrein ein schrecklicher Bücherwurm, starrte ganz gebannt auf einen Mann und lauschte hingerissen jedem seiner Worte.
    Claire hatte Onkel Carl-Theodor vorhin erklärt, dass ihr Kleid einen Fleck abbekommen hatte und dass Valeria helfen würde, ihn zu reinigen. Nun war der zweite Akt fast vorbei, doch Claire konnte sich nach wie vor nicht von ihrem Gesprächspartner lösen. Die Miene des Polizisten war vermeintlich ausdruckslos, aber immer wenn Claire es nicht bemerkte, ließ er seinen Blick unauffällig über ihre Gestalt huschen.
    Valeria beobachtete sie eine Weile, aber da sie nicht hören konnte, was die beiden redeten, wurde es ihr bald zu langweilig, die Anstandsdame zu spielen, zumal sich Carl-Theodor ohnehin wieder in die Loge begeben hatte und dort der Oper zuhörte – ganz anders als Julio, der, wie sie nun sah, im Foyer geblieben war und sich mit einem älteren Herrn unterhielt. Während sie miteinander sprachen, blickten sie sich mehrmals um und verbargen sich später gar im Schatten einer Säule, offenbar, um den Inhalt ihres Gesprächs geheim zu halten.
    Valeria trat unauffällig näher. Womöglich unterhielten sich die beiden über die geschmuggelten französischen Waren wie schon vor ein paar Tagen. Seither hatte sie bei mancher

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