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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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länger auf der Seite Paraguays kämpfen.«
    »Soso«, meinte der Mann, »das würde dem Neger aber gar nicht gefallen. Er hat Tausende deiner Landsmänner aus Rache an vermeintlichem Verrat töten lassen.«
    »Hier kann er mir nichts tun.«
    Der Mann schien zu zögern, sein Grinsen wurde breiter. Säuerlicher Atem traf Valentín. »Das Schlimme ist nur, ich mag auch keine Verräter. Auch wenn sie ganz nützlich sein können.«
    Er ergriff Valentíns Kinn, hob seinen Kopf und zwang ihn, ihn anzusehen. Valentíns Kiefer schmerzte so sehr, als würden sämtliche Knochen zermalmt werden.
    »Also, was hast du mir zu erzählen?«
    Selbst wenn er es gewollt hätte – er hätte nichts sagen können. Der Schmerz höhlte seinen Kopf aus, als er immer weiter hochgezerrt wurde, ein weiterer Mann ihn mit dem Knie in den Bauch stieß, der dritte schließlich seine Kehle umfasste.
    »Nun spuck es aus!«
    Verspätet begriff er, dass sie Informationen über das paraguayische Heer aus ihm herausprügeln wollten, über geheime Schachzüge, Waffenarsenale, den Aufenthaltsort des Diktators.
    Aber er wusste doch nichts davon! Er war ein einfacher Soldat gewesen, der das tat, was sein Bruder anordnete, und Pablo selbst hatte vor dem Krieg nicht zum Heer gehört.
    »Mein Vater war ein Plantagenbesitzer …«, stieß er hervor, obwohl er ahnte, dass es ihn nicht retten würde.
    »Ihr habt also eigenes Land gehabt? Es heißt doch, Francisco Lopez besitzt fast alles. Es heißt auch, Solano ist geisteskrank und voller wahnwitziger Ideen.« Schrilles Lachen folgte. »Denkt euch, er hat sich in Paris eine eigene Krone anfertigen lassen. Doch die Juweliere in Paris haben ihn betrogen. Anstatt ihm eine Krone zu machen, die der des französischen Kaisers gleicht, haben sie ihm eine geschickt, die wie der Kopfschmuck der äthiopischen Majestät Faustin I. aussieht.« Der Mann lachte sich nahezu kaputt – ein Laut, der Valentíns Ohren zu zerreißen schien. »Hast du ihn je mit Krone gesehen?«
    »Ich habe ihn überhaupt nie gesehen.«
    Es setzte weitere Prügel. »Lüg nicht!«
    »Ich bin nur ein einfacher Soldat, ich weiß nicht, was der Diktator plant. Ich habe das Land verlassen, um dem grausamen Krieg zu entkommen.«
    Das Lächeln schwand von dem Gesicht des anderen. »Weißt du, ich glaube dir sogar«, meinte er gedehnt. »Ich fürchte nur, dass es wenig Unterschied macht. Hier im Gefängnis gibt es zu viele Wärter, die ihre Brüder in Paraguay verloren haben und gerne ihr Mütchen kühlen würden.«
    Sprach’s, zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen, ohne erneut zuzuschlagen. Valentín glaubte keinen Augenblick lang, dass das etwas Gutes zu bedeuten hatte.
    »Falls du doch etwas Interessantes zu erzählen hast, tu es bald – dann kann ich dich vielleicht schützen. Wenn nicht …«
    Wieder zuckte er mit den Schultern. Als er die Tür erreichte, nickte er zwei weiteren Männern zu, die dort Wache gestanden hatten und nun den niedrigen Raum betraten.
    Der Griff um Valentíns Arme wurde fester, und als ihn nun vier Männer umstellten, fühlte er sich wie ein Kaninchen, umzingelt von einer Meute blutdürstiger Hunde.
    Er wappnete sich gegen den Schmerz, aber als die Männer auf ihn einzuprügeln begannen, konnte er nicht verhindern, unter jener großen, dunklen Welle unterzugehen. Im Takt ihrer Schläge lachten sie und fluchten auf den Diktator Lopez. Dass er selbst unter diesem zu leiden hatte, hielt sie nicht davon ab, ihn zu quälen, als wäre er der Teufel selbst.
    Als er im Meer der Schmerzen endgültig zu ertrinken glaubte, ertönte plötzlich eine Stimme. »Hört auf! Hört sofort auf!«
    Er traute seinen Sinnen längst nicht mehr und glaubte, sie gaukelten ihm die Rettung nur vor. Unmöglich, hier im Gefängnis auf einen zu zählen, der Gnade und Erbarmen kannte! Unmöglich, dass die Welt aus anderem bestand als aus Schmerzen! Doch die Schläge hörten tatsächlich auf, die festen Griffe um seine Arme lockerten sich. Als er abrupt losgelassen wurde, taumelte er gegen die Wand und sank zu Boden.
    Die rettende Stimme fuhr fort, Befehle zu erteilen, doch er verstand nicht, was sie sagte. Er tastete mit seinen Händen nach seinem Gesicht und fühlte kein Fleckchen, das nicht wund, geschwollen oder blutig war. Gewiss würde es nie wieder heil werden.
    Schritte näherten sich ihm, jemand beugte sich über ihn. Er duckte sich tief, schlug seine Hände über den Kopf.
    »Bitte …«, stammelte er, »bitte … Ich ertrage es

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