Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
Mitglieder seiner Familie – darunter seine Brüder und sein Schwager – den Präsidenten überzeugen wollten, dass die Lage aussichtslos geworden sei, ließ er sie – so das Gerücht – hinrichten.
    »Denk dir, es heißt, dass er selbst seine siebzigjährige Mutter und seine beiden Schwestern auspeitschen ließ, als sie ihn zum Aufgeben bewegen wollten.« Claire schüttelte den Kopf. »Ach Valeria, warum musstest du dein Herz ausgerechnet an einen Mann aus Paraguay verlieren …«
    Erneut hob sie die Hand und berührte Valeria diesmal vorsichtig, doch die entzog sich ihr rüde.
    »Was heißt hier ›ach Valeria‹! Valentín weiß selbst am besten, dass Francisco Solano Lopez ein Diktator ist. Aber was in diesem Land passiert, ist so schrecklich. Wusstest du, dass Uruguay den Krieg nicht führen könnte, wenn es nicht von den Engländern unterstützt würde? Und die Engländer wiederum …«
    »Du musst jetzt an dich denken! Komm, iss etwas, ich kann dir ein frisches Stück Maiskuchen bringen.«
    Valerias Blick fiel auf die Scherben des Tellers. Anstelle von Zorn überkam sie Mutlosigkeit.
    »Ich kann nicht mehr nur an mich denken«, sagte sie leise. »Und ich will nichts essen, mir ist entsetzlich übel.«
    Claire musterte sie besorgt. »Bist du krank?«
    »Nein … nein, aber …« Sie wandte sich ab. Sie konnte ihrer Cousine nicht ins Gesicht sehen, als sie den Verdacht aussprach.
    »Ich glaube, ich bekomme ein Kind«, flüsterte sie.
    »Valeria!« Claire ließ die beiden Scherben des Tellers entsetzt fallen. Diesmal zerbrachen sie in viele kleine Splitter.
    »Du darfst es niemandem sagen, versprich es mir!«, rief Valeria verzweifelt. »Vor allem Leonora und Julio nicht.«
    Claire stand der Mund offen, aber nach einer Weile fand sie ihre Fassung wieder. »Wenn es wirklich wahr ist, wirst du es nicht lange verheimlichen können.«
    Valeria wandte sich ab, damit ihre Cousine nicht ihre hoffnungslose Miene studieren konnte. »Gewiss, doch ich werde mir etwas einfallen lassen, um irgendwie aus dem Haus zu fliehen – und bis dahin darfst du mit niemandem darüber reden.«
     
    Natürlich fiel ihr nichts ein, wie sie sich befreien konnte. Und entgegen allem Trachten erfuhren Julio und Leonora von der Schwangerschaft. Claire schwieg wie ein Grab, aber das Dienstmädchen, das ihr das Essen brachte, schöpfte Verdacht, als Valeria ständig den Fisch stehenließ und ihre Brüste immer üppiger wurden, obwohl sie so wenig aß. Eines Tages erschien Leonora mit einer anderen Frau bei ihr, die sich als Hebamme entpuppte.
    Valeria erkannte sofort, was diese beabsichtigte, und verschränkte unwillkürlich beide Hände vor dem Bauch. »Rühr mich bloß nicht an!«, rief sie.
    »Denk gar nicht daran, dich zu wehren!«, schimpfte Leonora. »Notfalls wirst du eben festgehalten.«
    Das war nun doch eine zu beschämende Vorstellung. Widerwillig ließ Valeria die entwürdigende Prozedur über sich ergehen, in deren Verlauf Leonora nicht den Anstand hatte, sich schamvoll abzuwenden, sondern Valeria vielmehr durchdringend anstarrte.
    Am Anfang wich Valeria diesem Blick noch aus, dann trotzte sie ihm wütend. »Du bist eine Heuchlerin!«, rief sie anklagend. »Du hast mich immer mit Lob überhäuft und erklärt, dass du die Europäerinnen bewunderst, und nun behandelst du mich derart schäbig.«
    »Nun, scheinbar wissen Europäerinnen wie du nicht, wie man sich benimmt. Du hast dir womöglich einen Bastard von einem Feind machen lassen wie eine billige Hure.«
    »Nun, immerhin wollte mir jemand ein Kind machen«, zischte Valeria, »während deine Tochter so hässlich ist, dass kein Mann sie je ansieht.« Sie bereute ihre Worte sofort, denn Isabella war stets freundlich zu ihr gewesen, und sie wollte sie keinesfalls beleidigen. Doch bevor sie das Gesagte zurücknehmen konnte, verkündete die Hebamme: »Ende dritter Monat, Anfang vierter. Zu spät, um etwas dagegen zu machen. Das wäre zu gefährlich.«
    Leonora wirkte enttäuscht, Valeria empört: »Du denkst doch nicht ernsthaft, ich würde mein Kind töten lassen!«
    »Und du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich zulasse, den Ruf der Familie zu ruinieren!«, hielt Leonora schnippisch dagegen.
    »Ich werde das Kind bekommen.«
    »Ja, aber du wirst keinen Schritt vor die Tür gehen, und wenn es da ist, kommt es sofort ins Waisenhaus.«
    »Niemals!«, erwiderte Valeria. »Es ist mein Kind, ich werde nicht zulassen, dass …«
    »Es liegt nicht an dir, irgendetwas zu

Weitere Kostenlose Bücher