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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Susanna ist, ich freue mich, dass du nicht länger allein bist.«
    Die beiden sagten nichts mehr an diesem Abend. Aber als sie dasaßen und Sherry tranken, fühlte Albert kurz dieselbe Verbundenheit mit seinem Bruder wie einst, als sie noch Kinder gewesen waren und gemeinsam im Kontor des strengen Vaters gespielt hatten.

26. Kapitel
    D er Sommer war unerträglich heiß, ihr Zimmer machte sie mit der Zeit verrückt, und mit fortschreitender Schwangerschaft litt Valeria immer mehr unter Rückenschmerzen – und der Ungewissheit. Die einzige Erleichterung verschafften ihr Espes regelmäßige Besuche. Wie Claire hatten Julio und Leonora auch ihr verbieten wollen, ihr Zimmer zu betreten, aber der wohlerzogenen Claire war ungleich leichter beizukommen. Espe dagegen hatte sich vom Verbot nicht beeindrucken lassen, und als Leonora ihr wutentbrannt zu Valeria gefolgt war und sie des Zimmers verweisen wollte, hatte sie sie starr gemustert und erklärt: »Ich bin der Abkömmling eines alten Stammes, der Uruguay lange vor den Spaniern besiedelt hat. Von diesem kenne ich einen Schadenszauber. Wenn ich dich damit belege, werden weder du noch die Deinen künftig auch nur einen Tag froh sein.«
    Leonora war zusammengezuckt, aber noch nicht gewichen.
    »Rosa war immer mein kleines Mädchen«, fuhr Espe düster fort. »Und Valeria das kleine Mädchen meiner Rosa. Wenn du dich zwischen sie und mich stellst, werde ich dich mit meinem Hass verfolgen, und mein Hass ist schärfer als jedes Schwert, tödlicher als jedes Gift, verzehrender als jedes Feuer.«
    Leonora erbleichte. »Du wagst es, so mit mir zu reden?«
    »Ja, ich wage es«, gab Espe ungerührt zurück. »Ich lebe länger in diesem Haus als du.«
    »Du bist nur eine Dienstbotin!«, geiferte Leonora.
    »Und du nur die unglückliche Gattin eines habgierigen Mannes, die sich ständig elend fühlt und vom Leben enttäuscht ist.«
    Von der Androhung des Fluchs hatte sie sich nicht vertreiben lassen, von der schlichten Wahrheit, dass sie unglücklich war, schon. Überstürzt war Leonora geflohen, und Valeria hatte zum ersten Mal seit langem gelächelt.
    Doch die Schadenfreude hielt nicht lange an.
    »Ich kann hier nicht bleiben, Espe«, klagte sie, »das verstehst du doch. Sie werden mir mein Kind nehmen.«
    »Deine Eltern werden sicher bald kommen, wenn sie von deinem Onkel erfahren, was passiert ist.«
    In Valerias Augen funkelte es. »Meine Eltern werden dasselbe denken wie Leonora und Julio – dass das Kind der Bastard eines Feindes ist und ich ohne das Kleine viel besser dran bin. Und Valentín – wer sonst kann Valentín aus dem Gefängnis befreien, wenn nicht ich?«
    Espe musterte sie abschätzend. »Das schaffst du in deinem Zustand nie und nimmer!«
    »Du könntest mir dabei helfen!«
    »Die Mauern des Gefängnisses sind hoch und gut bewacht. Aber ich könnte versuchen, dich hier rauszubringen.«
    Valeria stürzte auf sie zu und ergriff die rauhen, warmen Hände. »Das würdest du tun, Espe?«
    Obwohl ansonsten verhalten, was körperliche Berührungen anbelangte, zog Espe sie an sich und strich ihr über den gerundeten Leib. »Eine Mutter gehört zu ihrem Kind, und ein Kind ist niemals eine Sünde.«
    »Dann … dann lass es uns tun.«
    Espe zog ihre Hände zurück. »Gemach, gemach, ich muss erst einen Ort finden, wohin ich dich bringen kann.«
    Valeria schluchzte auf, doch zum ersten Mal war es nicht Verzweiflung, die ihr Tränen in die Augen trieb, sondern Hoffnung.
    Irgendwie würde alles gut werden, irgendwie …
     
    Während in Valeria Ungeduld erwachte und sie jeden Tag darauf drängte, endlich die Flucht zu wagen, verlegte sich Espe aufs Abwarten. Sie gab zu bedenken, dass seit ihrer Ankunft Leonoras Misstrauen noch gewachsen war, sie alle Dienstboten instruiert hatte, Valeria streng zu überwachen, und – auch wenn sie es nicht wagte, sich noch einmal mit ihr anzulegen – Espe stets mit wachsamen Augen verfolgte.
    »Es wird schwierig werden«, meinte Espe nachdenklich. »Damals, als deine Mutter davongelaufen ist, war es einfacher.«
    »Mutter ist davongelaufen?«
    Valeria hatte Mühe, sich die steife Rosa bei einem solchen Abenteuer vorzustellen.
    »Aber ja doch! Sie sollte verheiratet werden, ist deswegen geflohen und hat auf diese Weise deinen Vater kennengelernt. Wenig später haben sie sich Hals über Kopf verlobt.«
    Valeria wurde noch skeptischer. Es klang ganz nach einer Liebesgeschichte, aber sie hatte nie auch nur das geringste Anzeichen dafür

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