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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Estero, die beste Butter von englischen Kühen und aus den Schweizer Kolonien in Entre Ríos, die beste Milch aus Quilmes.
    Valeria lauschte ihnen und war sich sicher, nie wieder etwas mit gutem Appetit essen zu können. Sie zwang sich manchmal nur des Kindes wegen, das in ihr wuchs und strampelte, ein Stück Brot hinunterzuwürgen und einen Krug Milch zu trinken.
    Es war Espe, die sie damit versorgte, und auch Claire besuchte sie oft. Sie fragte zwar stets nach Valentíns Wohlbefinden, wirkte aber ansonsten sehr abwesend und zutiefst traurig. Valeria ahnte, dass es mit Luis zu tun hatte, aber sie war so von ihren eigenen Sorgen gefangen, dass sie nicht nachfragte – und Claire erzählte nichts von sich aus.
    Nach zwei weiteren Tagen sank das Fieber, und Valentín erwachte. Seine Augen wirkten nicht mehr so leer und glasig wie in den Augenblicken, da er schreiend und schwitzend von Träumen hochgeschreckt war.
    »Wo bin ich?«, stammelte er.
    Valeria stürzte an sein Bett und umfasste sein Gesicht mit ihren Händen. »Du bist in Sicherheit, wir haben dich aus dem Gefängnis befreit!«
    Sein Blick glitt über sie und blieb bei ihrem runden Bauch hängen. Ungläubig weiteten sich seine Augen.
    »Ja«, sagte sie stolz, »ich … wir bekommen ein Kind!«
    Doch es war nicht dieser Umstand allein, der ihn am meisten verwunderte. »So viel Zeit ist also vergangen«, murmelte er. »Im Gefängnis dachte ich, es wären nur Wochen gewesen, stattdessen sind es Monate. Was … was ist in Paraguay passiert? Wie steht es im Krieg?«
    Valeria hatte keine Ahnung. In den letzten Monaten hatte sie keinen Sinn dafür gehabt und nie nach Neuigkeiten gefragt.
    »Ich werde Claire bitten, dir ein paar Zeitungen zu bringen.«
    Valentín löste seinen Blick von ihr und betrachtete den armseligen Raum. »Deine Familie …«
    »Ich habe mit ihr gebrochen und das Haus der de la Vegas’ verlassen. Ich lebe jetzt hier.«
    »Aber das geht doch nicht! Es ist so dreckig hier, so schwül und eng. Du hast etwas Besseres verdient, gerade jetzt, da du ein Kind bekommst.«
    »Sag das nicht! Das Wichtigste ist, dass ich mit dir zusammen bin und dass es dir wieder bessergeht.«
    Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich, und sie sah ihm an, dass er widersprechen wollte. Doch schon die wenigen Worte hatten ihn erschöpft. Sein Kopf sank auf das Kissen, und wenig später war er erneut eingeschlafen.
    Das Fieber kehrte nicht zurück, das ausgezehrte Gesicht wurde etwas runder, die dunklen Ringe unter den Augen verblassten. Seine Schwermut aber blieb. Immer wieder beteuerte er, wie unerträglich es ihm war, dass sie hier zu hausen hatte. Wenn sie heftig widersprach und ihre Liebe beschwor, rang er sich zwar ein Lächeln ab, doch sobald er die Neuigkeiten aus seiner Heimat erfuhr, senkte sich wieder Trauer über ihn.
    Wie versprochen hatte Valeria ihm einige Zeitungen besorgt und las ihm selbst daraus vor. Am liebsten hätte sie ihm die neuesten Nachrichten verschwiegen, aber sie ahnte, dass er eine Lüge durchschauen würde. Wie es schien, wurde der Krieg immer vernichtender geführt, und mit jeder weiteren Schlacht und vor allem mit dem Endkampf um Humaitá wurde der Untergang Paraguays besiegelt. Nachdem es brasilianischen Dampfschiffen gelungen war, die letzten paraguayischen Flusssperren bei Humaitá zu überwinden und die noch verbliebenen Streitkräfte auszuschalten, stand den Alliierten der Weg nach Asunción offen. Sie wussten beide, dass das der Anfang vom Ende war. Nur Paraguays Diktator wusste es offenbar nicht oder wollte es nicht wissen. Anstatt endlich aufzugeben, rief er Kinder, Greise und noch mehr Frauen zu den Waffen und ahndete grausam jeden Widerstand im eigenen Land.
    »Ich sollte dort sein und an der Seite meines Bruders kämpfen«, sagte Valentín.
    »Dafür bist du viel zu schwach.«
    »Ja«, er nickte düster. »Ich tauge zu nichts. Wie soll ich dich fortan ernähren, wie unser Kind?«
    »Du warst so lange im Kerker und hast dort Schreckliches erlebt. Wenn du dich erst einmal davon erholt hast, können wir Pläne machen.«
    Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Du solltest lieber zu deiner Familie zurückkehren und dich mit ihr aussöhnen.«
    »Das kann ich nicht!«, rief sie energisch. »Du hast dich meinetwegen mit Pablo entzweit, ich deinetwegen mit den de la Vegas’. Für dich führt doch auch kein Weg zurück.«
    »Das stimmt. Hier bin ich ein Feind – und in Paraguay ein Verräter.«
    Sie nahm seine Hände und drückte

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