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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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noch Verzweiflung. So zielstrebig sie weiterhin Schritt vor Schritt setzte – sie fühlte, wie ihre Kräfte schwanden und die Schmerzen immer stärker wurden.
    »Valeria, ich bitte dich …«
    »Sag nichts, sag einfach nichts!«
    »Aber …«
    Wieder wollte sie ihr über den Mund fahren, doch plötzlich überwältigte sie der Schmerz. Es schien, als würde sich ein Messer in ihrem Leib umdrehen. Sie hielt keuchend inne und konnte sich nur noch dank Claire aufrecht halten, die entsetzt aufschrie: »Valeria, bleib endlich stehen! Ruh dich aus! Denk an die Kinder!«
    Valeria schüttelte den Kopf, krümmte sich zwar, tat aber einen weiteren Schritt. In dem Augenblick floss etwas Nasses über die Füße. Sie blickte an sich herab und fürchtete schon, es wäre Blut, aber jene Flüssigkeit war glasig. Ehe sie sich weiterkämpfen konnte, packte Claire sie energisch am Arm und hielt sie zurück.
    »Das ist Fruchtwasser!«, rief sie. »Und das bedeutet, dass deine Kinder auf die Welt kommen.«
    Der Schmerz kehrte wieder, zog vom Rücken bis zu den Zehenspitzen.
    Als er vorbei war, hatte sie sich die Lippen wund gebissen. »Zu früh … es ist doch viel zu früh«, jammerte sie.
    »Ich fürchte, es wird sich nicht aufhalten lassen.«
    »Aber Valentín …«
    »Valentín kann dir jetzt auch nicht helfen«, sagte Claire ungewohnt streng. »Wir müssen zurück zu Pilar. Und dann hole ich die Hebamme … und Espe.«
     
    Mit Mühe und Not schafften sie es zu Pilar zurück, doch dort angekommen, war Valeria so erschöpft, dass sie nicht die Treppe hochsteigen konnte. Claire brachte sie in die Gaststube und schob schnell einige Tische beiseite, damit sie sich auf den Boden legen konnte. Er war nur aus gestampftem Lehm, beschmutzt von Essensresten, ausgespucktem Tabak und dem Kot von Mäusen und Ratten, die jederzeit aus ihren Löchern huschen konnten. Doch Valeria war es gleich. Die Pausen zwischen den Wehen wurden immer kürzer, sie kämpfte darum, gleichmäßig zu atmen, und achtete nicht auf Pilars Genörgel. »Ich hoffe, du wirfst deine Kinder schnell«, sagte diese schrill. »Ich will mir deinetwegen doch nicht das Abendgeschäft entgehen lassen.«
    Ob die Geburt nun schnell oder langsam vonstattenging – fest stand, dass sie nie solche Schmerzen gehabt hatte, nie das Gefühl, ihr Leib würde zerreißen. Als Claire kurz fort war, um Hilfe zu holen, fühlte sie sich noch hilfloser, doch als die endlich mit der Hebamme und Espe wiederkehrte, war sie zu schwach, um ihr zu danken.
    Espes Händedruck tröstete sie ein wenig – die Hebamme blickte dagegen mürrisch auf sie herab. »Ich habe doch gesagt, dass du dich schonen sollst.«
    »Sie haben auch behauptet, dass meine Cousine leicht gebären würde«, sagte Claire und blickte entsetzt auf die gekrümmte Valeria, die sich ihre spitzen Schreie nicht verkneifen konnte.
    »Auch eine leichte Geburt verläuft nicht ohne Schmerzen«, gab die Hebamme streng zurück. »Und um die Mutter mache ich mir auch keine Sorgen. Vielmehr um die Kinder. Zwillinge sind immer kleiner und schwächer, und diese kommen zu früh.«
    Die Reue, die Valeria überkam, war nicht minder schmerzhaft als die Wehen. Warum war sie Valentín nur hinterhergelaufen – warum war er überhaupt gegangen? Oh, dieser Dummkopf! Sobald die Kinder da waren, musste sie ihm folgen. Aus Liebe. Aber auch aus Trotz.
    Während der nächsten Wehe rief sie gellend seinen Namen, als sie verebbt war, keuchte sie ihn nur. Claire beugte sich über sie. »Vergiss ihn endlich!«, rief sie ungewohnt streng. »Er ist nicht hier, um dir zu helfen, ja, könnte es nicht einmal, selbst wenn er’s wäre.«
    »Aber …«
    »Kein Aber! Deinetwegen habe ich Luis vielleicht für immer verloren. Tu mir den Gefallen, streng dich an und sieh zu, dass du überlebst und die Kinder auch. Dann hat es sich wenigstens gelohnt.«
    So barsch hatte sie sie nie reden gehört, und ob es nun ihre strengen Worte waren oder die immer heftigeren Wehen – Valeria dachte nicht mehr an Valentín und konzentrierte sich ganz auf den eigenen Körper und die Befehle der Hebamme, die ihr den Takt für die richtige Atmung vorgab, mal von ihr wollte, dass sie presste, mal, dass sie damit aufhörte.
    Längst hielt Valeria ihre Augen geschlossen. Sie fühlte die Hände der Hebamme zwischen ihren Beinen, Espes warmen Körper, in deren Schoß ihr Kopf ruhte, und dann und wann kühle Essigtücher, mit denen Claire über ihr Gesicht wischte.
    Hinterher behauptete

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