Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
bat darum, mit Dr. Wyatt verbunden zu werden. Sie betete, er möge daheim sein. Ohne etwas davon zu verstehen, hatte sie den Eindruck, daß es nicht mehr lange dauern konnte, bis Helene verblutet wäre.
Maes Mutter meldete sich und wurde sofort nervös, als sie Beatrices aufgeregte Stimme hörte: »Was ist? Ist etwas mit Mae?«
»Nein. Mae muß jeden Moment daheim sein. Mrs. Wyatt, es ist etwas Schreckliches geschehen! Mrs. Feldmann hat sich die Handgelenke aufgeschnitten. Sie liegt im Bad, und alles ist voller Blut, und ich glaube, sie stirbt bald!«
Sie hörte es leise knacken in der Leitung und vernahm einen scharfen Atemzug des Fräuleins vom Amt. Ihr schoß der Gedanke durch den Kopf, daß die Nachricht, Major Feldmanns junge Frau habe sich das Leben nehmen wollen, sich nun in Windeseile auf Guernsey verbreiten würde, und wie sehr es Erich erbittern würde zu wissen, daß das Drama nicht geheimzuhalten war.
»Ich schicke sofort meinen Mann«, sagte Edith Wyatt und legte auf.
Beatrice rannte wieder hoch ins Bad, in dem die Blutlachen nun schon besorgniserregende Ausmaße angenommen hatten. Sie zerrte einen Stapel Handtücher aus dem Schrank und schlang sie um Helenes Handgelenke, in der Hoffnung, die Blutungen würden zum Stillstand kommen, aber statt dessen durchtränkten lediglich die Tücher in Windeseile, und nichts schien das Entweichen des Lebens aus Helenes Körper aufhalten zukönnen.
Beatrice mühte sich, die Panik, die in ihr aufsteigen wollte, unter Kontrolle zu bekommen. Es hatte keinen Sinn, jetzt die Nerven zu verlieren. Sie rannte noch einmal nach unten, sah zur Haustür und betete darum, Dr. Wyatts Wagen schon um die Ecke biegen zu sehen. Aber die Auffahrt lag still und leer vor ihr. Kühle wehte aus dem Garten herüber, Feuchtigkeit entstieg dem Gras. Der Septemberabend wurde bereits dunkel.
Sie wird sterben, schoß es Beatrice durch den Kopf, sie wird sterben!
Der Gedanke schmerzte sie unerwartet heftig, wobei sie nicht wußte, ob der Schmerz Helene galt oder der Aussicht, mit Erich wieder allein leben zu müssen. Sie hielt verzweifelt Ausschau nach Julien oder Pierre oder nach einem der Soldaten, die stets um das Haus patrouillierten, aber niemand ließ sich blicken. Doch in diesem Moment jagte Dr. Wyatts Wagen die Auffahrt hoch und blieb mit quietschenden Bremsen vor der Haustür stehen.
»Wo ist sie?« fragte der Arzt ohne Umschweife.
Beatrice drehte sich um und rannte vor ihm her die Treppe hinauf ins Bad, das wie ein Schlachthaus aussah.
»Verdammt, das wird aber höchste Zeit!« rief Dr. Wyatt, schob Beatrice zur Seite und stürzte zu Helene.
»Wird sie es schaffen?« fragte Beatrice und hörte zwischen den Worten voller Erstaunen ihre Zähne aufeinanderschlagen.
»Bete für sie«, antwortete Dr. Wyatt kurz, und in seiner Stimme klang wenig Hoffnung.
Will kochte heiße Milch mit Honig für sie und wies sie darauf hin, die Kleider zu wechseln, da sie von oben bis unten voller Blut war. Beatrice zog ihren Bademantel an und kauerte sich im Wohnzimmer neben den Kamin, in dem Will ein Feuer entzündet hatte. Sie trank ihre Milch in kleinen Schlucken, während ihr Körper bebte. Will verschwand nach oben, um das Bad sauberzumachen, was eine ganze Weile dauerte. Nach der ersten notdürftigen Versorgung durch Dr. Wyatt war ein Ambulanzwagen gekommen und hatte Helene in die Klinik nach St. Martin gebracht. Will, der in diesem Moment nach Hause gekommen und von Mrs. Wyatt schon über die Geschehnisse informiert worden war, hatte noch einen Blick auf das eingefallene, graue Gesicht werfen können und war für eine Sekunde erstarrt vor Entsetzen; auch er hatte geglaubt, sie sei bereits tot. Dr. Wyatt hatte erklärt, sie sei noch am Leben, aber er befürchte, daß sie es nicht schaffen werde.
»Ich fahre mit in die Klinik«, sagte er, »können Sie sich um Beatrice kümmern? Die Kleine scheint mir ziemlich am Ende ihrer Kräfte. Sie sollte jetzt auf keinen Fall allein bleiben.«
»Selbstverständlich kümmere ich mich um sie«, versprach Will. Er wirkte so erschüttert, wie Beatrice ihn noch nie erlebt hatte.
»Gibt es eine Möglichkeit, Major Feldmann zu erreichen?« erkundigte sich Dr. Wyatt. »Er muß über den Zustand seiner Frau informiert werden.«
»Ich weiß nicht, wo er sich aufhält«, sagte Will ratlos. »Ich habe schon heute nachmittag mehrmals versucht, ihn über Funk zu erreichen, aber er hat sein Gerät nicht eingeschaltet. Er muß jedoch bald nach Hause
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