Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
können?«
»Wenn man etwas macht, sollte es anständig sein.« Kevin hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Ich weiß, ich benehme mich unmöglich. Du mußt dich ausgebeutet fühlen von mir - und ausgenutzt. Aber ich habe niemanden sonst, zu dem ich gehen könnte. Du bist immer wieder die Einzige.«
Wie meist fühlte sich Helene geschmeichelt von Kevins Taktik - deren Kalkül sie durchaus durchschaute -, sie zu seiner einzigen Quelle der Rettung und Hoffnung zu erheben. Es tat gut, gebraucht zu werden; gerade dann, wenn man alt war und sich abgetakelt und überflüssig vorkam. Kevin wußte das natürlich und nutzte es für seine Zwecke, aber daneben war Helene überzeugt, daß er sie tatsächlich mochte. Sie ersetzte ihm Mutter, Großmutter, ältere Schwester. Kevin hatte nicht einen einzigen Angehörigen mehr. Oft hatte er beteuert, er würde sich noch verlassener fühlen, gäbe es Helene nicht.
»Ich gehe hinauf und hole den Scheck«, sagte Helene, erhob sich leichtfüßig und sah, wie sich Kevins Gesicht entspannte. Er hatte Angst gehabt, sie könne diesmal streiken. Während sie die Treppe hinaufging, überlegte sie, wieviel Geld er ihr insgesamt schon schuldete. Es mußten an die zehntausend Pfund sein.
Als sie wieder hinunterging, traf sie auf Beatrice, die gerade aus dem Garten kam. Sie trug Arbeitshandschuhe und hatte die Haare mit einem Seidenschal aus dem Gesicht gebunden. Helene kannte den Schal; sie hatte ihn in Paris gekauft und Beatrice geschenkt, und er hatte ein Vermögen gekostet. Und nun benutzte sie ihn wie irgendein Stirnband!
Auf Schritt und Tritt, dachte Helene, auf Schritt und Tritt muß sie mir zeigen, wie wenig ich ihr wert bin!
»Ich habe Kevin im Eßzimmer sitzen sehen«, sagte Beatrice. »Wollte er zu mir oder zu dir?«
»Zu mir«, erwiderte Helene. Sie versuchte den Scheck zu verbergen,
den sie in der Hand hielt, aber Beatrice hatte ihn bereits entdeckt.
»Du gibst ihm ja schon wieder Geld! Er war doch vor drei Wochen erst hier! Und die Woche davor! Und Anfang Februar und... «
»Es macht mir nichts aus. Ich habe genug.«
»Ich werde nie verstehen«, sagte Beatrice, »wie du es schaffst, über solche Beträge zu verfügen. So hoch ist deine Rente nun wirklich nicht. Du mußt eisern gespart haben - und das, um nun alles an Kevin zu verschleudern.«
»Ich verschleudere es nicht. Was soll ich als alte Frau mit dem vielen Geld? Es gibt doch nichts Klügeres, als einem jungen Menschen zu helfen, der dabei ist, sich eine Existenz aufzubauen.«
»Kevin hat sich seine Existenz längst aufgebaut. Wenn er jetzt immer noch ständig Geld braucht, dann bedeutet das, daß er höher hinauswill, als es seine Möglichkeiten zulassen.«
»Er hat diese Gewächshäuser in der Perelle Bay gekauft.«
»Das war schon im letzten Jahr. Und diese tollen Gewächshäuser muß ich mir ohnehin einmal ansehen. So, wie er dich ständig anpumpt, muß er sie ungeheuer aufwendig herrichten.«
»Ich dachte immer, du magst Kevin!«
»Natürlich mag ich Kevin. Aber er kann mit Geld nicht umgehen. Ob es sich um Gewächshäuser handelt oder um sonst etwas - irgendwie verkalkuliert er sich ständig. Er ist wie ein Faß ohne Boden! «
»Mit meinem Geld«, sagte Helene nach einem Moment des Schweigens, »kann ich machen, was ich möchte.«
Beatrice hob beide Hände. »Selbstverständlich. Kein Mensch will dir da in etwas hineinreden. Aber sei ein bißchen vorsichtig, ja?«
Das Telefon klingelte und enthob Helene einer Antwort. Beatrice eilte an den Apparat, und Helene begab sich ins Eßzimmer, wo Kevin inzwischen unruhig auf und ab ging. Er griff nach dem Scheck wie ein Ertrinkender nach dem Strohhalm.
»Danke, Helene. Ich weiß nicht, wo ich bliebe ohne dich.« Er verstaute den Scheck sorgfältig in seiner Brieftasche. »Ich muß los. Möchtest du am Samstag zu mir kommen? Ich koche etwas Schönes für dich.«
»Ich werde kommen«, sagte Helene. Seine Freundlichkeit, sein Lächeln taten ihr so gut wie ein warmer Sommerwind oder der Geruch von Gras und Blüten. Kevin hatte eine bezaubernde Art, die Seele eines Menschen zu streicheln. Helene hätte noch dreimal soviel Geld für seine Zärtlichkeit bezahlt.
Sie begleitete ihn zur Tür, sah ihm nach, wie er in sein Auto stieg. Im vergangenen Herbst war er für einige Zeit ohne Wagen gewesen; jemand hatte ihn beim Parken heftig gerammt, und das Auto war lange in der Werkstatt gewesen. Helene hatte die Reparatur bezahlt, denn den Verursacher des Schadens
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