Die rote Agenda
die sogenannte Cupola, wiederzubeleben.
Die
Operation war Icaro getauft worden, und zu den
verschiedenen Straftaten, die man den Beschuldigten zur Last legte, gehörten – neben Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung – Erpressung, Waffen- und
natürlich Drogenhandel.
Befriedigt
las Trapani die Namen der elf Bezirksbosse und ihrer Stellvertreter, darunter
jene von Corleone und Bagheria, sowie der neunzehn Clanchefs, die er den
Ermittlern freundlicherweise persönlich gesteckt hatte.
Er konnte
sich nicht beklagen, die Informationen hatten, an die zuständigen Stellen
gelangt, noch glänzendere Ergebnisse erbracht, als zu erhoffen gewesen war.
Er legte
die Zeitung auf die anderen, die sich auf seinem Schreibtisch türmten, nahm das
Telefon und wählte die Nummer, die Alimante ihm bei ihrem letzten Treffen
gegeben hatte. Der Turiner hatte zwar jeden Kontakt mit ihm abgebrochen, wollte
aber trotzdem lückenlos über den die Mafia betreffenden Teil der Operation auf
dem Laufenden gehalten werden.
»Haben Sie
die Zeitungen gelesen?«, fragte er, als Ogden sich meldete.
»Natürlich«,
lautete die Antwort des Agenten.
Trapani,
der keine großen Komplimente erwartete, war denn doch enttäuscht von dieser
lakonischen Antwort. Es war offensichtlich, dass die beiden vornehmen Herren
des Dienstes es nicht mochten, mit einem wie ihm zu tun zu haben.
»Ein guter
Teil der Ermittler glaubt«, fuhr er fort, »dass [278] diese Operation dazu gedient
habe, die Organisation der Cosa Nostra daran zu hindern, gemeinsam einige
schwerwiegende Entscheidungen zu treffen, die schon in der Vergangenheit für
sie charakteristisch waren.« Er machte eine Pause. Er wusste, dass er das
ausgezeichnete Englisch eines gebildeten Mannes sprach, und er zögerte nicht,
sich demonstrativ so auszudrücken, wie es nur jemand kann, der die Sprache
absolut beherrscht. Auch dafür, wie für alles Übrige, musste er dem Fürsten
dankbar sein. Doch was wussten diese beiden internationalen Spione schon davon?
»In
Wirklichkeit«, fuhr er fort, »sprachen die Teilnehmer der von mir organisierten
Versammlung – oder soll ich sagen: Falle? – banal über Geschäfte. Es ging nicht
um Destabilisierung, und schon gar nicht sollte die Ermordung einer
hochkarätigen Persönlichkeit geplant werden, wie es in der Presse zu lesen ist.
Doch in dem Tipp, den ich über unverdächtige Geheimdienstkanäle den Spitzen der
Ermittlungsbehörden zugespielt habe, wurde auch die Möglichkeit angedeutet,
dass man bei dieser Gelegenheit ein Verbrechen plane, oder noch besser: einen
schweren Anschlag. Deshalb haben die Ermittler so schnell gehandelt, genau, wie
wir es uns gewünscht haben. Jetzt ist ein Teil des Gesindels ausgeschaltet, und
die Ermittlungen können die höheren Ebenen der Politik erreichen und bei
unserem Projekt der Destabilisierung mitwirken.«
Trapani
legte eine weitere Pause ein und bekam endlich eine Antwort.
»Das ist
der interessanteste Aspekt.«
»Für Sie
mit Sicherheit. Leider muss Totò ò zoppo, der seit Jahren von den gelockerten
Haftbedingungen profitiert, [279] erfahren haben, was sich da anbahnte. Jedenfalls
hat er seinem Sohn befohlen, in den Norden zu gehen und weder an dieser
Versammlung noch an zukünftigen teilzunehmen. Man darf ihn nicht unterschätzen:
Der alte Bauer ist schlau und immer noch in der Lage, Schaden anzurichten.«
Trapani lachte herzlich. »Haben Sie die Schlagzeile im Corriere
della Sera gesehen? ›Matteo Trapanis Traum geplatzt: Der Pate wollte die
Mafia-Cupola wiederherstellen.‹ Lächerlich. Was haben wir nach deren Meinung
von 1993 bis heute gemacht? Däumchen gedreht? Wenn man von der Mafia nichts
hört, heißt das, dass ihre Beziehungen mit den Institutionen idyllisch sind.
Das Schlimme ist, dass die Leute die Märchen, die sie lesen, glauben. Dabei
hätte die Schlagzeile lauten müssen: ›Matteo Trapanis Traum vollendet: Die
Vernichtung der Corleonesen‹.«
Nachdem er
sich Luft gemacht hatte, räusperte sich der Pate. »Gut, ich habe Sie wie
abgemacht informiert. Der Mafiakrieg hat begonnen. Auch ich werde als Matteo
Trapani unter den Opfern sein. Ich habe gedacht, es wäre korrekt, Ihnen das
mitzuteilen.«
»Natürlich.
Aber Sie müssen auch als Toter mit uns in Kontakt bleiben«, sagte Ogden ohne
einen Anflug von Ironie.
Trapani
lachte. »Sie können ganz beruhigt sein, ich werde Sie über alles, von dem ich
denke, dass es Sie interessieren könnte, auf dem Laufenden
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