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Die rote Agenda

Die rote Agenda

Titel: Die rote Agenda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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halten…«
    »Nein«,
unterbrach Ogden ihn barsch. »Wir sind es, die entscheiden, was uns
interessiert. Die Abmachungen sehen vor, dass Sie uns kontinuierlich über jeden
Ihrer Schritte informieren. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    [280]  Das war
ein Befehl, und Trapani verzog missmutig das Gesicht. »Wird gemacht«, sagte er,
ohne sich seinen Ärger anmerken zu lassen. »Nachdem ich alles in die Wege
geleitet habe, ist es nun an Ihnen, dafür zu sorgen, dass die Institutionen
effektiv arbeiten. Aber das wird sicher kein Problem sein, Sie haben ja sehr
überzeugende Argumente. Dann bleibt mir nur, Ihnen viel Glück zu wünschen«,
sagte er.
    »Auch Ihnen
viel Glück«, antwortete Ogden und legte auf.
    Stuart, der
das Gespräch über Ohrhörer verfolgt hatte, lächelte amüsiert.
    »Ich habe
dich noch nie so einsilbig erlebt.«
    »Vielleicht
weil du mich noch nie mit einem sizilianischen Mafioso hast sprechen hören.
Alimante sei Dank«, antwortete Ogden verärgert.
    Stuart
zuckte mit den Schultern. »Tja, sicher. Aber was für einen Unterschied macht
das? Die Mafiosi, egal ob russische, sizilianische, amerikanische oder
chinesische, unterscheiden sich kaum von den hochgestellten Parasiten, mit
denen wir immer zu tun gehabt haben.«
    »Mag sein,
aber diese hier fallen mir mehr auf die Nerven. Vielleicht wegen ihrer
ungehemmten Mordlust.«
    »Die Zeiten
sind schlechter geworden«, meinte Stuart. »Und wir haben keine Wahl in unserem
Metier. Dazu kommt, dass keiner mehr so tut, als wäre er besser, im Gegenteil,
alle geben sich große Mühe, verachtenswert zu erscheinen. Wir können uns nur
wünschen, dass nach dieser Wirtschaftskrise nicht mehr so viele Leute die
Taschen voller Geld haben.«
    »Vergiss
es«, sagte Ogden. »Die wenigen reichen [281]  Schmarotzer werden immer reicher,
während alle anderen immer weiter abrutschen. Im Grunde ist es das, was die
amerikanische Elite seit Jahren betreibt; ihr ist es gelungen, die
Mittelschicht zu zerstören, die der Pfeiler ist, auf den sich jede
Zivilgesellschaft stützt. Die europäische Elite hat das lange nicht realisiert.
Wenn das so weitergeht, werden unsere Supermächtigen sich, um der Revolte zu
entgehen, in ihren befestigten Schlössern verbarrikadieren müssen, mit
hochgezogenen Zugbrücken und bis an die Zähne bewaffneten Söldnern, die sie
beschützen.«
    Stuart
schüttelte den Kopf. »Ich habe schon immer vermutet, dass du ein verkappter
Jakobiner bist.«
    »Nicht
einmal so verkappt«, sagte Ogden und verließ das Zimmer.

[282]  39
    Der
Senator betrat sein Zimmer und schaute sich um. Kurz zuvor hatte er eine SMS auf dem abgeschirmten Handy erhalten, eine
Nachricht des Sizilianers, dass er keinen Verfolger bemerkt habe. Das beruhigte
ihn, wenn auch nicht vollkommen; nach ihrem Kenntnisstand konnten auch welche
im Hotel sein.
    Er nahm die
Aktentasche und stopfte ein paar Dinge hinein, dann machte er den Schrank auf
und betrachtete mit Bedauern die eleganten Anzüge und die englischen Schuhe,
die er gerade erst gekauft hatte und nun zurücklassen musste. Die Uhr zeigte
drei Uhr nachmittags, um diese Zeit hätte er schon am Flughafen sein müssen.
Doch angesichts des neuen Verdachts würde er das von seinem Sekretär
reservierte Ticket nicht mehr benutzen. Wenn sie ihn überwachten, wurde mit
Sicherheit auch das Telefon seines römischen Büros abgehört, und dann war schon
irgendjemand am Flughafen Caselle oder, in Erwartung seiner Rückkehr, in
Fiumicino. Nun gut, er würde sie enttäuschen und weder fliegen noch mit der
Bahn fahren, sondern ein Taxi nehmen und dem Fahrer das Doppelte oder Dreifache
des Preises für die Fahrt anbieten.
    Er deckte
das Bett auf. Wenn niemand vor dem Abendessen käme, um das Zimmer zu richten,
würden sie denken, [283]  er habe die Nacht noch im Hotel verbracht, um dann am
nächsten Morgen in aller Frühe aufzubrechen.
    Doch was
interessierte ihn das eigentlich? Sollten sie doch denken, was sie wollten. Er
musste nun einfach so schnell wie möglich nach Rom, dort zur Bank gehen, die
Dokumente holen und fliehen. Leider gab es für ihn, im Unterschied zu den
Kriegsverbrechern, keine »Rattenlinie«, die ihm die Flucht garantieren könnte.
    Ganz jedoch
stimmte das nicht, dachte er, als ihm plötzlich eine Idee durch den Kopf
schoss. Wieso war ihm das nicht vorher eingefallen?
    Er nahm das
Telefon und rief eine Geheimnummer an, die er schon seit langer Zeit nicht
benutzt hatte. Vor Jahren hatte er einem Freund aus der Klemme

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