Die rote Agenda
am Hals: Der Mann
ließ los und glitt bewusstlos zu Boden.
Einige
Minuten zuvor hatte der Senator, ohne einen Verdacht zu hegen, einem Fremden
die Tür geöffnet, weil er [294] glaubte, es handle sich um den Mann des
Sizilianers, der gekommen sei, um sein Gepäck zu holen. Doch dieser Typ hatte
ihn ohne große Umstände ins Zimmer hineingestoßen und die Tür hinter sich
geschlossen. Als der Senator sich der Gefahr bewusst wurde, hatte er wie ein
Wahnsinniger zu schreien angefangen, worauf der picciotto des Sizilianers zu Hilfe geeilt war.
Eine Weile
hatte der Politiker dem Kampf zwischen den beiden zugesehen und auf den Sieg
seines Helfers gehofft, doch als dann auch noch dieser junge Mann aufgetaucht
war, hatte er seine Aktenmappe gepackt und war eilig geflohen.
Korolenko,
der die Anwesenheit des Senators nicht einmal bemerkt hatte, sah gerade noch
aus den Augenwinkeln, wie jemand aus dem Zimmer rannte.
Tamarow
versuchte aufzustehen. »Danke…«, murmelte er schwach und massierte sich den
Hals.
»Wie geht
es dir?«, fragte Korolenko und half ihm auf die Beine.
»Alles in
Ordnung, mach dir keine Sorgen. Dieser Mistkerl hätte mir die Kehle
durchgeschnitten, wenn du nicht gekommen wärst«, murmelte er und gab ihm einen
Klaps auf die Schulter.
»Was hast
du denn in diesem Zimmer getan?«
Tamarow
schaute sich um, der Senator hatte sich auf und davon gemacht, und er musste
eine glaubhafte Geschichte für seinen Schützling erfinden. Er wollte gerade
irgendetwas murmeln, als Ogden und Stuart das Zimmer betraten und ihn aus der
Verlegenheit befreiten.
»Du
russischer Dickkopf!«, fuhr Ogden ihn an und schloss die Tür hinter sich. »Bist
du verletzt?«
[295] »Nein,
es geht mir gut. Evgenij hat mich vor diesem Wahnsinnigen gerettet«, sagte er
und zeigte auf den Mann auf dem Boden. Dann wandte er Korolenko den Rücken zu
und sah die Kollegen mit einem Ausdruck an, mit dem er sie bat, sein Spiel
mitzuspielen.
»Was ist
eigentlich los hier?« Korolenko wandte sich an alle drei, doch keiner
antwortete ihm.
Stuart
beugte sich über den Mann auf dem Boden. »Womit hast du zugeschlagen?«
»Damit«,
der Eiskunstläufer hielt den Schlittschuh hoch. »Ist er tot?«
»Beinahe.
Du hast ihm fast den Hals aufgeschlitzt. Aber du hast es nicht getan. Besser
so, das erspart dir unnötige Gewissensbisse. Der Schlag auf die Halsschlagader
war heftig, doch er wird es überleben«, sagte er, während er sich die Papiere
ansah, die er dem Mann aus der Jacke gezogen hatte.
»Er ist
Italiener, besser gesagt: Sizilianer. Er gehört sicherlich zu den Männern im
Dienste des Senators. Niemand wird nach ihm suchen, zumindest im Augenblick
nicht.«
»Wie dem
auch sei, lasst uns von hier verschwinden«, sagte Ogden.
»Ich setze
ihn außer Gefecht für den Fall, dass er frühzeitig wach werden sollte.«
Stuart riss
die Vorhangschnur herunter und fesselte den Mann an Händen und Füßen. Als er
fertig war, gingen alle in Tamarows Zimmer.
»Der alte
Gauner hat sich davongemacht. Tut mir leid«, sagte der Trainer.
»Wenn wir
nicht den Service-Lift, sondern den Hauptaufzug genommen hätten, wären wir ihm
begegnet! Aber was [296] soll’s. Wir bekommen ihn auf jeden Fall zu fassen, bevor
er das Land verlässt. Bestimmt hat er den Männern, die ihn nach Rom
eskortieren, nicht erzählt, was passiert ist, sonst hätten wir sie schon am
Hals. Der italienische Geheimdienst wird ihn sehr bald seinem Schicksal
überlassen, dann muss er selbst sehen, wie er zurechtkommt. Und er wird
gezwungen sein zu erklären, was ein halbtoter Sizilianer in seinem Zimmer macht.«
»Sergej,
wovon sprecht ihr? Wer ist der Mann, den ich niedergeschlagen habe? Und der
Alte?«
»Erklärungen
folgen später«, unterbrach Ogden. »Jetzt nehmt euer Gepäck und geht, als wäre
nichts gewesen, an die Rezeption, um eure Schlüssel abzugeben. Habt ihr die
Rechnung schon bezahlt?«
»Natürlich«,
sagte Tamarow.
»Gut. Wir
fahren mit dem Service-Lift nach unten und warten vor dem Haupteingang auf
euch. Los, beeilen wir uns.«
[297] 42
Nach
einer angenehmen Reise landeten Elisabetta Malacrida und ihre Freundin Elvira
auf dem Flughafen Catania-Fontanarossa. Es war Ende Mai, und in Sizilien schien
schon Hochsommer zu sein. Vom Flughafen würden sie mit einem Mietwagen in das
ungefähr sechzig Kilometer entfernte Taormina fahren.
Elvira
hatte in letzter Minute das Programm geändert und beschlossen, nach Taormina zu
fliegen, weil ihre Freundin Leonella
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