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Die rote Agenda

Die rote Agenda

Titel: Die rote Agenda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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und er tat es im Wissen, einen tödlichen
Stoß zu versetzen.
    »In wenigen
Tagen. Die Agenda wird in Fortsetzungen veröffentlicht.«
    »Und was
halten die Geheimdienste davon?«, knurrte der Präsident.
    »Ich habe
nicht die leiseste Ahnung«, log der Chefredakteur erneut seelenruhig. »Für uns
ist es ein Scoop…«
    Am anderen
Ende hielt der Präsident wohl den Hörer zu, denn ein paar Sekunden lang hörte
man nur gedämpfte Laute. Als er wieder sprach, war seine Wut quasi mit Händen
zu greifen.
    »Seien Sie
auf der Hut, diese Dummheit könnte Sie teuer zu stehen kommen.« Dann tutete es – der Präsident hatte aufgelegt.
    Der
Journalist behielt den Hörer in der Hand und überlegte kurz. Dann wählte er
eine Nummer. Als Ogden sich meldete, informierte er ihn über den Anruf.
    »Wann
verlassen Sie normalerweise die Zeitung?«, fragte der Chef des Dienstes.
    »Gegen elf
Uhr abends.«
    »Ich werde
Ihnen sofort jemanden schicken, der Sie bewacht. Von diesem Moment an wird Ihr
Schutz verstärkt.«
    »Dazu
besteht keinerlei Notwendigkeit, glauben Sie mir! Das waren keine echten
Drohungen«, unterbrach ihn der Journalist, um die Angelegenheit
herunterzuspielen.
    [308]  »Es ist
seltsam, dass Sie die Schlangen, denen Sie auf den Schwanz getreten sind,
unterschätzen, wo Sie sie doch so gut kennen«, erwiderte Ogden.
    Die
Anspielung auf seine früheren Allianzen entging dem Chefredakteur nicht. Doch
der Mann, mit dem er sprach, war nun wirklich unantastbar, deshalb beschloss
er, sich von seiner besten Seite zu zeigen.
    »Ich glaube
wirklich nicht, dass ich in Gefahr bin.«
    »Schön für
Sie«, sagte Ogden. »Die Männer, die Sie beschützen werden, sind diskret und
werden Ihnen nicht zur Last fallen, aber Sie müssen uns jede Abweichung von
Ihrer Routine mitteilen. Haben wir uns verstanden?«
    »In
Ordnung«, sagte der Chefredakteur nur und legte auf.
    Gegen elf
Uhr abends machte er Ordnung auf seinem Schreibtisch. Bevor er nach Hause fuhr,
würde er noch bei seiner Freundin vorbeigehen, um eine Stunde mit ihr zu
verbringen. Sie wohnte nur wenige Schritte von der Redaktion entfernt, was ihm
seit einigen Monaten diese kleine Affäre ermöglichte, ohne dass Verdacht
aufgekommen war. Außerdem würde seine Frau an diesem Abend nach dem Theater zu
einem Essen gehen und erst spät nach Hause kommen.
    Er fragte
sich, ob er die Männer des Dienstes über diese Programmänderung informieren
sollte, beschloss aber, es nicht zu tun. Im Grunde handelte es sich ja nur um
eine minimale Abweichung.
    Er rief den
Chauffeur, der ihn normalerweise nach Hause brachte, um ihm zu sagen, dass er
ihn nicht mehr brauche, ließ sich die druckfrische Ausgabe der Zeitung bringen
und verließ sein Büro. Nachdem er ein paar Worte mit dem [309]  Leiter der
Redaktion »Vermischtes«, den er auf dem Gang traf, gewechselt hatte, passierte
er den Metalldetektor, sagte dem Portier gute Nacht und trat hinaus auf die
Straße.
    Die Straße
war noch ruhig, doch bald würden die Mailänder Nachtschwärmer, die jeden Abend
in die angesagten Lokale des Viertels strömten, alle Parkplätze besetzen und
ihre Autos in der zweiten und dritten Reihe abstellen.
    Er steuerte
auf das nur etwa hundert Meter entfernte Haus zu, wo seine Freundin wohnte. Es
war eine laue Nacht, und er war euphorischer Stimmung. Es war nicht jedem
vergönnt, einen Staatspräsidenten auf dem Rost zu grillen, und das mit der
Garantie, ungeschoren davonzukommen.
    Er drehte
sich um, weil er sehen wollte, ob ihm jemand folgte. Aber er konnte an den
unauffälligen Fußgängern nichts Verdächtiges feststellen.
    Noch bevor
er den Fußgängerüberweg erreichte, überquerte er die Straße – das Haus war
genau gegenüber. Er war schon fast auf dem Bürgersteig auf der anderen Seite
angekommen, als er das Quietschen von Reifen hörte, eine rote Limousine aus dem
Nichts auftauchte und ihn fast umfuhr. Erschrocken tat er einen Satz nach vorn,
während das Auto wenige Meter weiter anhielt.
    Einer
dieser mit Koks vollgedröhnten Idioten, dachte er, als er die Haustür
erreichte. Er wollte gerade klingeln, da hörte er hinter sich Schüsse. Er
drehte sich um: Auf der anderen Seite schossen zwei Männer auf den roten Wagen.
Ohne Zeit zu verlieren, zog er sein Handy aus der Tasche, um die Kollegen vom
»Vermischten« anzuweisen, sofort einen Fotografen zu schicken. Doch es gelang
ihm nicht. Ein stechender Schmerz im Rücken nahm ihm den Atem, und [310]  das Handy
fiel ihm aus der Hand, während er

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