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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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hängt. Daraufhin gleitet abermals etwas aus ihr
heraus und Joan atmet auf. Malcom ist auffallend still geworden, sitzt reglos
vor ihr. Joan verharrt einen Augenblick unschlüssig. Dann gräbt sie kurzerhand
ein Loch in die Strohunterlage an der Wand und tastet erneut im feuchten Stroh
umher. Sie fühlt einen winzigen, noch warmen Körper mit dünnen Armen und Beinen
und einem großen Kopf. Wie froh sie ist, es nicht sehen zu müssen. Stille
Tränen der Trauer steigen ihr in die Augen und rinnen ihr die Wangen herab,
während sie beide Hände neben der Totgeburt ins Stroh gräbt und alles hinüber
ins Loch gibt. Dann nimmt sie weitere Ladungen der blutbesudelten Halme auf und
legt sie darüber. Sie vergewissert sich, dass kein feuchtes Stroh mehr an der
Oberfläche liegt. Das Blut würde sie im Hellen verraten. So deckt sie das
kleine Grab und die Stelle, an der sie zuvor hockte, mit sauberem Stroh ab.
Daraufhin erhebt sie sich schwerfällig und wankt zum Wassereimer hinüber, um
sich das Blut von Beinen und Händen zu waschen. Sie walkt auch ihre Bruech nass
durch und spült sie. Ihr bleibt nichts weiter übrig, als sie sich feucht wieder
anzulegen, da sie Stroh zwischen ihren Beinen halten muss, um ihre Blutung
abzufangen. Bedächtig nestelt sie ihre Beinlinge wieder an die Bruech und kommt
dann zu Malcom herüber, vor dem sie unschlüssig stehen bleibt. Er tastet nach
ihr und zieht sie auf seinen Schoß, um sie in die Arme zu nehmen. Sie sitzen
eine Weile so und sagen kein Wort.
    „Welch trostloser Ort“, seufzt
Malcom schließlich, wobei er ihr das Haar aus dem Gesicht streicht und ihre
Stirn küsst.
    Sie schmiegt sich eng an ihn.
„Trostlos wäre er ohne dich.“

Der Ausbruch
    Es ist
bereits früher Abend, als Joan mit dem Ausmisten fertig ist und noch frisches
Wasser vom Brunnen holt. Gerade schleppt sie den vollen Wassereimer schwappend
über den Hof, als Mac Gennon mit einer Pferdepeitsche vor ihr aus dem Wohnturm
tritt und unheilverheißend auf Brix zugeht. Er hält den linken Arm in einer
Schlinge um seinen Hals. Sein Gesicht zeugt noch allzu deutlich vom schweren
Sturz. Es ist gelblich-braun verfärbt, noch etwas geschwollen und zerschürft.
Er würdigt Joan keines Blickes. Ihr stockt der Atem, als sie seine versteinerte
Miene gewahrt. Vor Schreck entgleitet ihr der Eimer. Er schlägt auf und kippt
zur Seite, so dass es ihre Schuhe vom auslaufenden Wasser durchnässt. Doch sie
bemerkt es gar nicht, eilt statt dessen Mac Gennon aufgeregt hinterher. Am
liebsten würde sie sich ohrfeigen, Brix angebunden zu haben. Im Stall könnte
dieser Bastard nichts gegen ihn ausrichten, ohne fürchten zu müssen,
zertrampelt zu werden. Er muss auf diesen Augenblick gewartet haben.
    Brix hebt schnaubend den Kopf
und beäugt ihn misstrauisch. Mac Gennon steht zu ihm in sicherem Abstand.
Bedächtig holt er mit der langen Lederpeitsche aus, so dass die Peitschenschnur
pfeifend durch die Luft saust und mit ohrenbetäubendem Schall über Brix’ Hals
schlägt. Das Tier steigt laut wiehernd auf, um jedoch vom Strick um seinem Hals
derb zurückgerissen zu werden. Angstvoll hat es den Schweif zwischen die
Hinterbeine geklemmt. Mac Gennon holt gemächlich zu einem erneuten kraftvollen
Schlag aus. Er trifft Brix diesmal über dem empfindlichen Maul. Sein
darauffolgendes Wiehern klingt laut und schrill vor Panik.
    Ohnmächtig starrt Joan, kurz
hinter Mac Gennon stehend, auf dessen breiten Rücken, nichts weiter als blanken
Hass für diesen Mann empfindend. Er schlägt immer wieder zu. Doch sie zwingt
sich zur Ruhe. Schließlich kann sie nicht länger hinsehen. Sie senkt den Blick
auf die bloße Erde im Hof, betrachtet durchatmend ein paar Grashalme, welche
den Hühnern noch nicht zum Opfer gefallen sind. Ihr Inneres fühlt sich so an,
als würde es heiß brodeln. Ihr Gesicht glüht vor Zorn. Drei, es sind drei
Grashalme, an die sich ihr Blick klammert und dann doch zu Mac Gennon
abschweift, als dieser seine Position wechselt, so dass seine erbarmungslosen
Hiebe nun auf Brix’ Rückenpartie zielen. Das schöne Tier ist außer sich.
Verzweifelt tobend schlägt es mit den Hinterbeinen aus. Sein Fell weist bereits
viele blutige Striemen auf. Doch seinen Peiniger scheint es nicht zu rühren.
Bestürzt kommt Joan der qualvolle Gedanke, dieser könne beabsichtigen, das edle
Schlachtross, das es wagte, ihn abzuwerfen, grausam totzuschlagen. Seine
Peitsche streift nun Brix’ Hinterläufe, woraufhin dieser einknickt. Das Pferd
fängt

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