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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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sich sogleich wieder, aus Joan jedoch bricht es heraus. Ihre Wut hat sie
mutig gemacht und als er erneut ausholt, hält sie Mac Gennon einfach am Arm
zurück.
    Er blickt sich überrascht nach
ihr um. Sie findet sich mit ihm beinahe auf gleicher Augenhöhe, wobei sie, im
Gegensatz zu ihm, keinen lädierten Arm hat. „Es ist genug“, befindet sie
gefasst. „Ihr prügelt ihn sonst zu Tode.“
    „Richtig“, erwidert er
herausfordernd und reißt sich unter boshaftem Lachen ungehalten von ihr los.
„Wozu ist er sonst noch nütze? Er wird hier kein Gnadenbrot bekommen. Genauso
wenig wie du oder Farwick.“ Bei diesen Worten glimmt plötzlich etwas
Teuflisches in seinen Augen auf, das Joan einen Schauer überlaufen lässt.
    „Aber vielleicht hast du ja
Recht“, lenkt er mit einem Male aalglatt ein. „Für heute soll es genug sein.
... Für ihn.“ Er versetzt ihr einen derben Stoß gegen die Brust, so dass sie
zurücktaumelt, wendet sich von ihr ab und steuert auf einen am Boden stehenden
kleinen Käfig aus dichtem Eisengeflecht zu, den sie erst jetzt bemerkt. Eine
große Ratte ist zu Joans flüchtiger Verwunderung darin eingepfercht, deren
langer nackter Schwanz durch die Drahtmaschen heraushängt. Mac Gennon ergreift
den Käfig resolut und geht über den Hof davon.
    Joan eilt erleichtert zu Brix.
Dessen Flanken beben. Nervös zerrt er mit dem Kopf am Strick. Während sie
beruhigend auf ihn einredet, legt sie ihm eine Hand über die Nüstern. Dabei
vernimmt sie das laute Zuschlagen einer Tür, was sie zerstreut in diese Richtung
blicken lässt. Es kam vom Waffenturm. Die Tür ist vom Schlag zurückgeprallt und
schwingt soeben ganz allmählich wieder zu. Joans Augen weiten sich vor
Entsetzen. Ihre Gedanken überschlagen sich. „Brix, ich bin gleich wieder bei
dir. Keiner wird dir etwas zuleide tun“, ruft sie dem verängstigten Tier noch
zu, indes sie Mac Gennon bereits zum Waffenturm hinterherstürzt.
    Joan reißt die Tür zurück und
der Bullige blickt fragend auf. Sie besinnt sich. Gelassen grüßend geht sie an
ihm vorbei zur Tür, welche zum Kerker hinabführt. Als diese hinter ihr zufällt,
hat sie schon eilig einige Stufen genommen. Sie muss Acht geben, nicht zu
stürzen, während sie nach unten hastet. Ihre Gedanken sind bei Malcom. Sie
weiß, welch entsetzliche Wunden einem Menschen durch eine Peitsche zugefügt
werden können. Insbesondere, wenn diese maßlos und richtig geführt wird. Und
drauf versteht sich Mac Gennon meisterhaft. Sie hofft, die Wände des Verlieses
mögen ihn daran hindern. Wenige Augenblicke später vernimmt sie jedoch ernüchtert
die Peitschenhiebe. Mit einem einzigen Satz nimmt sie hastig die letzten Stufen
und kommt beim harten Aufsetzen ins Straucheln, so dass sie sich Gleichgewicht
suchend am Tisch in der Nische festkrallt.
    Tom steht unschlüssig vor der
offenen Tür zum Verlies und blickt ihr verwirrt entgegen. Sie drängt sich
kurzerhand an ihm vorbei in den Kerker, wo sie Mac Gennon gewahrt, der im
Halbdunkel mit der Peitsche ausholt. Er lässt sie auf Malcom niedersausen, der
schon an der Wand zusammengesunken ist und versucht, sein Gesicht mit den Armen
zu schützen. Doch plötzlich lässt sein Peiniger von ihm ab.
    „An die Wand mit ihm, Tom“,
befiehlt er in harschem Ton, der den alten Mann keinen Moment zögern lässt. Bar
jeglicher Gefühlsregung taumelt Joan rückwärts gegen die gegenüberliegende Wand
und lehnt sich matt gegen sie, den Blick starr nach vorn auf Toms Handgriffe
gerichtet. Er hat Malcom mit erstaunlicher Kraft auf die Beine gezerrt und
zwingt ihn in eine Halsfessel. Daraufhin kettet er ihn an Armen und Beinen an
die Wand, so dass er sich kaum noch rühren kann. Unter Mac Gennons unverholener
Genugtuung lässt es Malcom stillschweigend mit sich geschehen.
    „Schafft meinen Knappen raus“,
bittet er leise, was Mac Gennon nur mit boshaftem Lachen beantwortet. Als dieser
wieder vor ihm Aufstellung nimmt und mit der Peitsche nach ihm ausholt, wendet
Malcom das Gesicht ab. Unter ohrenbetäubendem Knall schlägt ihm die
Peitschenschnur quer über den Bauch und zerfetzt ihm dabei die Kleidung bis auf
die Haut.
    „Nein!“ Joan stürzt sich auf
Mac Gennon und schlägt ihm ins gelblich verfärbte Gesicht. Er schreit zornig
auf und fährt zu ihr herum, um sich nun ihr zu widmen. Sie kann einem Schlag
mit dem starren Peitschenknauf ausweichen, tritt dabei jedoch einen Schritt
zurück und liefert sich somit seiner Peitschenschnur aus. Er zielt auf sie

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