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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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scharrt jedoch noch ein wenig mehr Dreck zur Seite, so dass sich auch
Malcom hindurchzwängen könnte. Sie verschnauft kurz und stiert auf das schwarze
Loch in der Mauer. Dann fasst sie sich ein Herz, schlüpft hinein und wird von
der Finsternis geschluckt. Der vertraut gewordene Geruch nach feuchtem
Mauerwerk lässt sie beinahe heimisch werden. An der Wand entlang tastet sie
sich vorwärts. Sie stößt auf die am Boden liegende Tür, welche einst den Gang
verschloss, und steigt darüber hinweg. Der Gewölbegang ist niedrig. Er zwingt
sie zu einer leicht gebeugten Haltung. Ihre Schritte werden dumpf von den
Wänden zurückgeworfen. Der Boden ist erdig, aber fest gestampft. Sie hat beide
Arme ausgestreckt, damit ihr ein etwaiger Seitengang nicht entgehen kann. Unter
den tastenden Fingern ihrer Hände rieselt ihr der Fugenmörtel in die Ärmel. Ein
stechender Geruch dringt ihr in die Nase, so dass sie husten muss. Angeekelt
hält sie eine Hand vor den Mund. Unter ihren Füßen spürt sie nun weichen
Schlamm, welcher ihre Schuhe schmatzend freigibt. Dabei streift sie mit dem
Kopf über etwas Pelziges, das sich daraufhin zappelnd und piepsend in ihrem
Haar verhakt. Joan stößt erschreckt einen erstickten Schrei aus und legt sich
schnell eine Hand über den Mund. Mit Grausen bemerkt sie, dass sich das Ding
zitternd auf ihrem Kopf niedergelassen hat. Mit feinen Krallen sucht es vergeblich
Halt, kratzt dabei tastend über ihre Stirn. Panisch schüttelt sie den Kopf, was
ihr das unbeschreibliche Etwas schräg über das Gesicht rutschen lässt. Mit
einem Male flattert es schrill piepend auf, weg Richtung Ausgang. Sie atmet
auf. Natürlich, eine Fledermaus. Nur eine? Vor sich vernimmt sie plötzlich
weitere unzählige ebensolch piepsender Geräusche. Gerade noch rechtzeitig duckt
sie sich ab, bevor ein Schwarm über sie hinweg nach draußen fliegt und sie
dabei immer wieder streift. Als schließlich alle Fledermäuse ausgeflogen sind,
richtet sich Joan wieder auf, um weiter zu stolpern. Schritt für Schritt kommt
sie voran und wird schneller. Der zweiundzwanzigste Schritt lässt sie mit der
Stirn ans Holz einer weiteren Tür prallen und sie zuckt zurück. Als sie die Tür
befühlt, kommt ihr diese morsch vor. Tatsächlich kann sie leicht die
Fingernägel hineindrücken. Schon will sie beherzt in Höhe des Türschlosses
dagegen treten, als sie zu ihrer Verwunderung gewahrt, dass die Tür einen Spalt
breit offen steht. Mit etwas Gewalt kann sie sie aufdrücken, wobei das morsche
Ding knirschend aus einer Angel bricht. Joan atmet erleichtert auf. Sie glaubt
allmählich, dass der Gang durch die Wechsel englischer und schottischer
Burgbesatzungen in Vergessenheit geraten ist. Zumindest würde SIE ihn sicherer
gegen die Außenwelt verwahren, wenn sie von ihm wüsste. Sie geht voran, doch
plötzlich verschwinden die Wände des Ganges unter ihren Fingern und ihre
Schritte hallen in einem größeren Raum wieder. Beim Versuch, ihre Marschrichtung
beizubehalten, stolpert sie und fällt vorn über, so dass sie schmerzhaft auf
Steinstufen aufschlägt. Unter Stöhnen rappelt sie sich mühsam wieder hoch. Mit
der linken Hand an der Wand nimmt sie die Treppe Stufe für Stufe und prallt
plötzlich mit dem Kopf an die Decke. Beunruhigt zieht sie den Kopf ein und geht
gebeugt weiter, stößt jedoch mit der vorgestreckten Hand gegen eine Mauer.
Entsetzt fährt sie darüber hinweg, tastet nach einer Öffnung in ihr. Doch es
gibt keine. Joan bricht der Schweiß aus. Es wird ihr nichts weiter übrig
bleiben, als die Stufen wieder hinunter zu gehen und die Wände nach einem
anderen Gang abzusuchen. Die Zeit läuft ihr davon. Doch ihr leuchtet nicht ein,
warum die Treppe vor einer Wand endet. Warum machte man sich eine solch
sinnlose Mühe und errichtete diese verfluchte Treppe?! Sie stutzt und streckt
die Arme über ihren Kopf. Und tatsächlich! Sie fühlt Holz, gegen welches sie
sich sogleich stemmt. Zu ihrer leisen Freude öffnet sich daraufhin eine kleine
Bodenluke.
    Durch den Spalt hindurch späht
sie ins Halbdunkel hinaus und gewahrt sich am Ende eines geräumigen Ganges.
Nahe Stimmen dringen an ihr Ohr, doch niemand kommt. So stößt sie die Luke ganz
auf, zwängt sich durch das Loch im Boden und verschließt es leise wieder. Möglichst
lautlos zieht sie das Schwert aus der Scheide, während sie in die Richtung
schleicht, aus welcher das flackernde Licht und die Stimmen kommen. Zu beiden
Seiten sind Türen in die Wände eingelassen. Der Gang

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