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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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deinem
verfluchten Gott gebetet.“
    „Und ich habe ihm entsagt“,
bemerkt sie tonlos.
    Er mustert sie überrascht.
Fürsorglich wischt er ihr mit einer Pranke die Wangen trocken. „Ich kann’s kaum
erwarten, aus diesem Loch rauszukommen, Joan. ... Lass uns endlich gehen!“
    Beinahe apathisch beobachtet
sie, wie er sein Schwert vom Boden neben der Wand aufliest und es sich
umgürtet. Das schleifende Ziehen der Klinge reißt sie aus ihrer Betäubung. Sie
atmet tief durch. „Malcom, ich habe Vater gefunden.“ Es klingt zu unglaublich,
als dass es wahr sein könnte.
    Malcom sucht ihren Blick. Als
er gewahrt, dass es ihr voller Ernst ist, weiten sich seine Augen. „Was? ...
Wo!“
    Beim Gedanken an dessen Elend
kommen ihr erneut die unliebsamen Tränen. Malcom packt sie bei den Schultern
und schüttelt sie kurz. „Joan! Wo ist er?“ Sie hebt abwehrend die Hände und
schluchzt, was ihn leise fluchen lässt. So zärtlich, wie er es im Augenblick
vermag, nimmt er ihren Kopf zwischen die Hände. „Joan, komm zu dir! Wir haben
keine Zeit zu verlieren.“
    Sie schaut auf seine Lippen,
die Worte formen.
    „Wo ist dein Vater“, fragt er
inständig und dringt endlich zu ihr vor. Sie wischt sich mit den Ärmeln über
das feuchte Gesicht und wendet sich Richtung Tür. Als sie Mac Gennons Leiche
gewahrt, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Grimmig blickt sie auf ihn herab,
spürt Malcoms Hand auf ihrer Schulter, die sie weiter drängt.
    „Denk nicht mehr zurück, Joan.“
    Schnaubend tritt sie Mac Gennon
plötzlich mit roher Gewalt in den Schoß. „Ich hoffe, du schmorst in der Hölle.“
Daraufhin erblickt sie in der Nähe ihr blutverschmiertes Schwert. Sie versetzt
ihm mit dem Fuß einen Stoß, so dass es geräuschvoll über den Steinboden
schlittert. „Ich schwöre, nie wieder eines anzurühren“, äußert sie mit
Grabesstimme. Fahrig schnallt sie sich die Scheide ab, um diese der Waffe
hinterher zu fördern. Ein wenig befreiter geht sie zur Tür und blickt nicht
mehr zurück.
    Malcom folgt ihr dicht auf den
Fersen.
    Joan öffnet die Tür einen Spalt
breit und lugt hinaus. „Eine Wache ist tot und Tom bewusstlos“, erklärt sie
leise. „Wir sollten es uns leisten können, Vater mitzunehmen.“
    „Natürlich nehmen wir ihn mit“,
flüstert Malcom, während sie die Tür aufdrückt und die Fackel wieder zur Hand
nimmt. „Allmächtiger da oben, in deinem verflucht sicheren Himmel“, raunt er
weiter, „das hast du in der Tat schlau eingefädelt. Hoffentlich können wir dir
die Langeweile ein wenig versüßen!“
    Sie eilen zum Verlies ihres
Vaters. Als Joan die angelehnte Tür aufzieht, blickt ihr dieser mit seinen
regen Augen entgegen. Sie kniet sich wieder neben ihn, nimmt seine Hand und
drückt sie. Dabei muss sie an sich halten, um bei seinem erbarmungswürdigen
Anblick nicht erneut in Tränen auszubrechen. Er murmelt etwas von „Gebet“ und
„erhört“.
    Malcom indes kommt auf seine
andere Seite. Er beugt sich zu ihm herab, fasst ihn unter Oberkörper und
Kniekehlen und hebt ihn vorsichtig hoch.
    „Ray. Du siehst furchtbar aus!
... Und mit dir wird man uns auch ohne Hundemeute meilenweit gegen den Wind
wittern können.“
    Raymond schlingt einen kraftlosen
Arm um Malcoms Hals und ringt sich ein Grinsen ab. Joan wird es daraufhin
leichter ums Herz.
    „Verdammt. Du bist so leicht
wie ein Kind“, raunt Malcom aufgelöst.
    „Er wird es schaffen“, erwidert
Joan trotzig.
    Malcom geht besorgter Miene an
ihr vorüber zur Tür hinaus, um dann unschlüssig davor stehen zu bleiben. Joan
eilt ihm hinterher. Sie geht ihm voraus, biegt um die Ecke des Ganges. An der
Bodenluke angekommen beugt sie sich hinab und öffnet diese. Malcom stößt einen
anerkennenden Pfiff aus, der vom Gewölbe dumpf geschluckt wird. Behutsam legt
er Raymond neben dem Loch im Boden ab.
    „Wie hast du das bloß
herausgefunden“, fragt er kopfschüttelnd, wobei er sich mit den Händen
beidseits der Bodenöffnung abstützt, um ins Dunkel des Notganges zu gleiten.
Als er kurz darauf wieder bis zur Brust auftaucht, winkt er ab. „Erzähl’s mir
später.“
    Unter dessen leisem Stöhnen
hieven sie Raymond so umsichtig wie möglich in den Gang hinab. Malcom nimmt ihn
sicher in die Arme, um mit ihm in die Dunkelheit abzutauchen. Joan folgt ihnen
und schließt die Luke von unten. Die Fackel in ihrer Hand faucht, als sie sich
zu Malcom umwendet und die schmale Treppe vor ihnen beleuchtet. Malcom setzt
sich daraufhin in Bewegung. Am Fuße

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