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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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hatten vor unserer Ehe vertraglich geregelt, dass ich eine Abfindung
erhalte, wenn Sibyll verfrüht und ohne Kinder hinterlassen zu haben das
Zeitliche segnet, und die Besitztümer wieder in die Hände ihrer elterlichen
Familie zurückgehen. Ihr Vater hätte unserer Vermählung sonst nie zugestimmt.“
    Sie macht eine ratlose Geste
und denkt daraufhin an ihren Vater. „Raymond weiß noch nicht einmal, dass er
verurteilt wurde und Land sowie Titel verlor. Oder dass ich das letzte seiner
Kinder bin. ... Bis auf den kleinen Gabriel.“ Vertraulich schmiegt sie den Kopf
gegen seine Schulter.
    Malcom nimmt den Arm um sie
herum. „Wir werden es ihm gemeinsam beibringen, wenn er etwas zu Kräften
gekommen ist. Vermutlich wird er schon vorher fragen, aber es ist nicht gut,
ihn zu früh damit zu belasten.“
    Joan nickt zustimmend. „Oh
Malcom, mir graut vor diesem Tag“, gesteht sie leise. „Aber wird er hier sicher
sein? Wenn sie ihn in die Hände bekommen, werden sie ihn aufs Grausamste
hinrichten.“ Ihr schaudert bei dem Gedanken an die Hinrichtungsart für
Verräter, bei welcher zuerst zum Richtplatz geschleift, dann kurzzeitig gehenkt
und anschließend der Bauch aufgeschlitzt wird, so dass die Gedärme
herausquellen, um den Übeltäter ausweiden zu können. Nachdem man dann seine
Innereien vor seinen Augen verbrannt hat, werden ihm die Geschlechtsteile
abgeschnitten, bevor er gevierteilt wird. Und bei einem erfahrenen Henkersmann
ist erst letzteres tödlich. Dass Raymond eine mildere Hinrichtung durch Hängen
zugestanden wurde, wird heute wohl niemanden mehr interessieren.
    Malcom winkt jedoch ab.
„Northumberland war schon seit eh und jeh ein guter Hort für Outlaws und andere
Verfolgte. Überdies habe ich Ray Asyl gewährt, womit er hier auf der Festung
unter meinem Schutz steht. Mehr Kopfzerbrechen bereitet mir Percys Komplott.“
    Gedankenversunken streicht sie
ihm über den Bauch, was bewirkt, dass er scharf die Luft einzieht und ihre Hand
festhält. Joan stützt sich hoch, um seine Wunden begutachten zu können. Aber es
ist bereits zu dunkel dafür. Entschlossen setzt sie sich auf.
    „Ich will zusehen, dass ich ein
paar Kräuter für dich bekomme. Vielleicht in der Küche oder im Hof.“
    Er stützt sich hoch und küsst
sie sanft auf den Mund. „Lass doch. Es heilt auch so.“ Dabei bedeckt er ihren
Hals mit Küssen, so dass sie ein angenehmer Schauer überläuft.
    „Malcom, du bist maßlos“,
flüstert sie kichernd.
    „Wie könnte ich dir
widerstehen“, murmelt er zerstreut, doch sie legt ihm lächelnd einen Finger
über den Mund.
    „Indem ich mich empfehle.“
Damit springt sie auf und sammelt vergnügt ihre auf dem Boden verstreuten
Kleider zusammen.
    Malcom legt sich aufgestützt
zur Seite und sieht ihr dabei zu, wie sie in ihr Samtkleid schlüpft. „Du bist
grausam“, erklärt er tonlos.
    „Nein, nur um dich besorgt. ...
Und um mich. Mac Gennon soll mir nicht ewig im Kopf herumspuken, sobald ich
deinen Bauch betrachte. Bei den Rattenbissen ist wohl nichts mehr zu machen.
Doch die Brandnarben müssen nicht sein“, erwidert sie, wirft ihm einen Handkuss
zu und öffnet die Tür. „Geh nicht weg, ich bin gleich wieder zurück.“
    „Joan?“ Er erhebt sich nun
ebenfalls vom Bett. „Geh auf keinen Fall irgendwann einmal allein in den Wald,
um Kräuter zu sammeln. Es ist zu gefährlich.“
    Sie ist überrascht. So weit
hatte sie noch gar nicht gedacht.
    Malcom bleibt vor ihr stehen.
    „Dann kann ich keinen Schritt
allein vor die Burg machen“, fragt sie herausfordernd.
    „Ich werde dein Schatten sein.“
    Sie neigt abwägend den Kopf.
„Keine allzu unangenehme Vorstellung. ... Doch jetzt benötige ich Bilsenkraut.
Das wächst gleich um die Ecke beim Misthaufen.“
    Er ruckt mit dem Kinn in
Richtung zum Fenster beim Bett. „Es gibt einen Garten, den man über den Pfad
neben der Burgkapelle erreicht. Sibyll hatte ihn um etliche Hochbeete mit den
verschiedenstenen Heilkräutern erweitert. Jetzt ist alles verwahrlost, doch
vielleicht willst du dich seiner annehmen.“
    Sie kommt neugierig zum
Fenster, das etwa nach Süden blicken lässt, klappt die an zwei eisernen Ringen
angebrachte durchscheinende Bespannung aus gefirnisstem Pergament nach oben und
lugt hinaus. Es nieselt. Der Wohnturm fällt zu ihrer Linken jäh in einen
gähnenden Abgrund hin ab. Versetzt zueinander angelegte Abtritterker sitzen
hier der Außenwand in jedem Stockwerk an und lassen in die Schlucht entleeren.
Ihr Gemach

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