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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Malcom“,
offenbart sie ihm schniefend.
    Er stutzt, wartet jedoch ab,
dass sie weiterspricht.
    „Er hatte sich in mich
verliebt. Schon auf Thornsby Castle, wie er sagte. Und dann entdeckte er Jacks
Geheimnis.“ Sie wischt sich bedächtig die erneuten Tränen weg.
    „Ich sagte ihm, dass ich mein
Herz schon vergeben hätte. Er wollte es nicht wahrhaben.“
    „Hat er dir etwas angetan“,
fragt er und versucht vergeblich, die Bestürzung aus seiner Stimme
herauszuhalten.
    Sie schüttelt heftig den Kopf,
wobei sie ihn mit verschwommenen Augen ansieht. „Er war der gutmütigste Mensch,
den ich je kannte. Er hat immer zu mir gehalten.“
    Malcom ist verwirrt und
sichtlich bemüht, sich in Geduld zu fassen.
    „Es geschah, als ich bei
Bannockburn zu dir vorzudringen versuchte. ... Als du zu Boden gegangen warst.
Ich stolperte über Phil.“
    Malcom nickt. „Ein Highlander
hatte ihm mit seiner Axt den Bauch aufgeschlitzt“, erwidert er leise.
    „Aber er lebte noch“, entgegnet
sie, legt eine Hand gegen den Mund und schüttelt den Kopf.
    Malcom versteht plötzlich. Es
überläuft ihn eiskalt.
    „Ich habe ihn erlöst“, raunt
sie mit halb erstickter Stimme. „Du sahst, wie ich ihn dabei zum Abschied
küsste.“ Ihr kommen wieder die Tränen. „Es war nur zum Abschied. Ich tat es, da
ich wusste, wie viel es ihm bedeutete ... und, um ihn vom Todesstoß
abzulenken.“ Kläglich sucht sie seinen Blick. „Er fehlt mir so. ... Ich kann’s
nicht verkraften, Malcom.“
    Unter mitfühlendem Seufzen
streicht er ihr beruhigend übers Haar. „Wie auch. Das hat selbst schon den
derbsten Haudegen umgeworfen. Mir blieb so etwas bisher erspart. ... Es war
richtig, was du für ihn getan hast, Joan.“ Er legt sich mit ihr im Arm zurück
und wartet ab, bis sie sich ein wenig beruhigt hat.
    „Du hast ihm schreckliche Qualen
erspart. ... Gut, dass du es endlich erzählt hast. Mir scheint, du bist eine
Meisterin im Wegschieben schlimmer Erinnerungen.“
    Joan fühlt
sich, als wäre ihr eine Last von der Seele gefallen. Unendlich müde schließt
sie die Augen und ist sich seiner Nähe bewusst, als sie in unruhigen Schlaf
sinkt.
    Joan
schmerzt das Kreuz vom gebeugten Stehen. Bis auf ihren Vater hat sie die
gesamte verlauste Burgbesatzung mit dem Absud des Weißen Germers behandelt und
hofft inständig, dass eine sofortige Wirkung eintritt. Noch einmal würde sie
nur ungern die Mühe auf sich nehmen. Aus Angst vor Vergiftungen hatte sie es
vorsichtshalber selbst erledigen wollen. Behutsam geht sie mit dem vorletzten
halbvollen Eimer zum weniger benutzten Abtritterker auf dem auskragenden Wehrgang
der Ringmauer bei der Klamm und kippt das Spülwasser durch das Sitzloch in den
Eichenbohlen weg. Als sie hört, wie es in der Felsenschlucht aufklatscht, ist
sie es zufrieden. Die Giftbrühe würde nun keinem mehr etwas zuleide tun können.
Sorgfältig säubert sie den Sitz mit dem bereitliegenden Moos von Spritzern,
bevor sie das Sitzloch wieder mit dem kreisrunden Holzdeckel verschließt.
Erleichtert richtet sie sich auf, um nochmals einen bewundernden Blick auf die
glutrot untergehende Sonne zu erheischen, welche den Wohnturm in warmes Purpur
taucht. Bedächtig stellt sie den Eimer ab und fährt sich über die Hände. Sie
sind taub geworden, eine leichte Vergiftungserscheinung, wie sie weiß. Das Gift
dringt gar durch die unverletzte Haut ein, wobei ihm ihre Hände den ganzen Tag
über ausgesetzt waren. Sie nimmt den Eimer wieder auf und macht sich auf den
Weg zu ihrem Vater.
    Blanche öffnet ihr und bittet
sie herein. Joans Blick wandert wie gewohnt zum Bett ihres Vaters, woraufhin
sie große Augen macht, als sie ihn nicht dort, sondern beim Fenster gegen die
Wand lehnend gewahrt.
    „Vater. Du überraschst mich“,
ruft sie freudig aus und tauscht mit Blanche erleichterte Blicke.
    „Ich hab’s einfach nicht mehr
ausgehalten“, kommentiert er mit einer wegwerfenden Geste.
    „Freilich“, erwidert Blanche
herausfordernd, „Vor klatschnassen Windeln, weil das Ale ja irgendwohin
musste“, zieht sie ihn auf.
    „Es war genau das richtige
Heilmittel, wie ihr unschwer erkennen könnt“, beharrt er gelassen.
    Joan schüttelt erheitert den
Kopf über ihn. „Dann hatte eure Zecherei doch noch etwas Gutes für sich.“
    „Oh ja. Ich erwäge, es zu
wiederholen“, erwidert er mit einem provokativen Seitenblick auf Blanche.
    Diese stemmt die Hände
aufgebracht gegen die Hüften. „Nicht in meiner Kemenate!“ Resolut wendet sie
sich an

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