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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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bestimmt nicht immer
einfach. Doch im Grunde seiner Seele ist er herzensgut, Joan. Ich lege für ihn
meine Hand ins Feuer.“ Sie lächelt über Joans verwunderte Miene, bevor sie sich
wieder über ihren Stickrahmen beugt. „Ihm hatte der Tod von Sibyll und den
Kindern schwer zugesetzt. Eine Zeit lang fürchteten wir, er würde seinen
Verstand verlieren. ... Er ertränkte seinen Kummer in Unmengen an Wein.“ Sie
lässt den Rahmen sinken, um Joan nachdenklich zu betrachten. Sie hat deren
ungeteilte Aufmerksamkeit. „Dann sann er auf Rache und konnte an nichts anderes
mehr denken. ... Er war schrecklich unstet, der Hass fraß ihn regelrecht auf.
Ich zweifelte, dass er je wieder zu sich fände.“ Mit einem geheimnisvollen
Lächeln wendet sie sich erneut dem Stickrahmen zu.
    Joan runzelt die Stirn. „Und
dann?“
    Blanche zuckt die Schultern und
setzt eine ahnungslose Miene auf. „Ich weiß nicht. Das kannst nur DU sagen. ...
Seitdem er zusammen mir dir hierher zurückkam, ist er wie ausgewechselt.“
    Joan zieht erstaunt die Augenbrauen
hoch. Gedankenvoll lächelnd widmet sie sich wieder ihren Kräutern, um diese in
die übrigen Phiolen zu geben. „Nun ja, er hatte wohl auch seine Rache“, wertet
sie plötzlich ab.
    Blanche jedoch schüttelt den
Kopf. „Rache hat noch niemanden glücklich gemacht.“
    Joan verschließt die Phiolen
mit drei Stücken eingepasstem Holz und versiegelt diese luftdicht mit dem
heißem Bienenwachs der Kerze. Sie erhebt sich, um die Gefäße ins Fenster beim
Bett zu stellen. Etwa vier Wochen wird sie diese so in der Sonne stehen lassen
und jeden Tag kräftig schütteln, bis sich das Öl rubinrot verfärbt hat. Dann
muss sie nur noch die Kräuter aus dem Öl abseihen und kann das Kräuteröl,
dunkel aufbewahrt, jederzeit gegen Verbrennungen, Wunden, wundgelegene Stellen,
Verrenkungen und etliches mehr verwenden. Die Heilwirkung ist vielseitig und
stark. Selbst getrunken wirkt es gegen Blutspeien, Vergiftungen oder ein
schweres Gemüt. Schon in Thornsby hatte sie immer einen Vorrat von diesem
unabdingbaren Heilmittel parat.
    Sie kommt wieder zu Blanche an
den Tisch, um ihr über die Schulter zu sehen. „Der Behang wird herrlich,
Blanche. ... Ich bewundere deine Engelsgeduld. Nie im Leben würde ich das
fertig bringen.“ Sie erntet ein Schmunzeln von Blanche.
    „Du kannst dafür andere Dinge,
Joan. ... Ein Schwert führen oder mit Kräutern Heilung verschaffen.“ Sie
runzelt die Stirn. „Im Grunde zwei absolut gegensätzliche Dinge. Das eine tötet
und das andere bewahrt vor dem Tode.“
    „Ja, du hast Recht“, raunt Joan
verwundert. So etwas kann nur Blanche auffallen. Sie denkt viel nach und sagt
kluge Dinge. Andererseits kann sie auch übermütiger Stimmung sein. Sie lacht
oft. Joan genießt häufig ihre angenehme Gesellschaft.
    „Blanche?“
    „Hm?“
    „Sag, wie hast du eigentlich
das Gemetzel hier mit Isa überleben können?“
    Blanche blickt auf. „Gott sei
gelobt hielten wir uns zu diesem Zeitpunkt auf der Burg meiner Eltern im North
Riding auf. Meine Mutter ist die beste Hebamme, die ich kenne. Ich lag an
diesem unglückseligen Tag mit Gabriel in den Wehen.“
    Joan nickt verstehend. „Du
hattest Glück.“
    „Ja. Scheinbar war mir Fortuna
wohlgesonnen.“
    „Sibyll wohl nicht“, bemerkt
Joan.
    „Nicht MEHR“, verbessert
Blanche, was Joan nachdenklich stimmt.
    „Warum sagst du so etwas?“
    „Ist es nicht so?“ Sie seufzt.
„Ich konnte sie ehrlich gesagt nicht verstehen, Joan. Malcom legte ihr alles zu
Füßen. Sie waren glücklich verheiratet, hatten drei wundervolle Kinder. Doch
sie hinterging ihn trotz all dem. ... Ich habe sie immer um ihr geordnetes
Leben beneidet. Und es wurde der größte Alptraum daraus, den man sich
vorstellen kann.“
    „Vielleicht waren sie weniger
glücklich, als es den Anschein erweckte“, gibt ihr Joan zu verstehen, doch
Blanche schüttelt beharrlich den Kopf. „Du meinst, sie hat es nicht anders
verdient?“ Joan ist sprachlos ob ihrer Härte.
    „Nein. Gott bewahre. Aber sie
hat ihr Glück verspielt, ... wusste es nicht zu schätzen.“ Angesichts Joans
zweifelnder Miene seufzt Blanche schwermütig. „Oh, du machst dir keine
Begriffe, wie arg sie es trieb, Joan. Fortuna hat sich von ihr abgewandt.“
    Joan schweigt betroffen und
denkt über ihre Worte nach. „Und wo bleibt Gott?“
    „Den lass lieber heraus. Man
könnte sonst leicht vom rechten Glauben abfallen.“
    Joan wiegt den Kopf. „Ich
denke, Fortuna treibt eher

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