Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
schickliches Betragen, Nähen, Spinnen und
nicht zuletzt die Rolle als Ehefrau näher gebracht hätte. „Du vergisst, dass
Malcom nicht mein Mann ist“, wendet sie ein.
    „Das ist dein Vater ebenso
wenig für mich. Trotzdem erkenne ich ihn als meinen Vormund an, sowie den
meiner Kinder.“
    „Sicher. Ihr habt ja auch
Gabriel.“
    Blanche betrachtet sie einen
Moment lang schweigend. „Joan, warum nur sträubst du dich so dagegen, dich ihm
anzuvertrauen“, fragt sie sanft, streicht ihr beschwichtigend über die Hand.
„Du erfindest einen Vorwand nach dem anderen.“
    Joan schluckt getroffen. In der
Tat waren ihre Versuche, sich Malcom zu nähern, nur halbherzig.
    „Ich bin sicher, er wartet
darauf. Du hast doch nichts von ihm zu befürchten.“ Blanche atmet aufgewühlt
durch. „Ich kenne ihn schon seit vielen Jahren und lasse nichts auf ihn kommen,
weißt du. ... Es war einmal anders, doch ich weiß, dass er im Grunde seines
Herzens die Harmonie der Familie sucht. Warum glaubst du wohl, erlaubt er
seinen unbelehnten Rittern Frau und Kinder?“
    „Weil er nicht mehr mit dem
Gedanken spielt, selbst eine Familie zu gründen“, erwidert Joan tonlos. „Lieber
nimmt er die erhöhten Kosten für die zu stopfenden Mäuler der Angehörigen
seiner Dienstleute in Kauf, um zu Ersatzfamilien zu kommen, als nochmals das
Wagnis einzugehen, Frau und Kinder zu verlieren.“
    „Und warum ließ er sich dann
auf dich ein?“
    Joan tastet sich nervös über
die Stirn. „Weil er mich unwiderstehlich findet.“ Ihr verschwimmt der Blick. „Er
nahm mich in meiner Hochzeitsnacht, musst du wissen.“
    Blanche schweigt bestürzt. Sie
schnappt nach Luft. „Er tat WAS“, ruft sie ungläubig aus. Ihr wird nur ein
mattes Nicken von Joan zuteil. Es scheint, diese ist in Bekümmernis erstarrt.
    „Später offenbarte er mir, dass
er nicht mehr die Kraft aufbringt, von vorn zu beginnen“, raunt sie schließlich
teilnahmslos, um Blanche plötzlich tieftraurig in die großen braunen Rehaugen
zu blicken. „Zweifellos liebt er mich. Er gestand es mir ein. Doch ich glaube,
tief in seinem Innersten fühlt er sich vom Leben besiegt. Und scheinbar ist es
mir nicht möglich, ein Quell der Kraft für ihn zu sein. Im Gegenteil.
Offensichtlich bereite ich ihm nur weiteren Verdruß. Und dabei weiß ich nicht
einmal, was ich falsch gemacht habe.“
    Blanche springt außer sich auf.
„Du wirst dich schön davor hüten, die Schuld bei DIR zu suchen“, ruft sie
aufgebracht. Sie legt sich eine Hand auf die Stirn, wie, um sich Abkühlung zu
verschaffen. Doch scheinbar siedet ihr Gemüt. „Ich kann nicht fassen, was du
mir da soeben offenbartest!“ Mit in die Seite gestemmten Händen läuft sie auf
und ab. Dann betrachtet sie Joan abwägend. „Weiß Raymond davon?“
    „Teilweise. Dass er meine erste
Nacht beanspruchte, nicht“, antwortet sie zerstreut, blickt jedoch plötzlich
hellwach auf. „Ich beschwöre dich, ihm nichts zu sagen, Blanche!“
    Diese scheint mit sich zu
ringen, nickt jedoch schließlich und winkt seufzend ab. „Keine Angst. Meine
Lippen sind versiegelt.“ Sie lässt Joan nicht aus den Augen, legt ihr eine Hand
auf die Schulter. „Wer ist dein Ehemann? Warum gehst du nicht zu ihm zurück,
Kleines?“
    Joan macht eine erstaunte
Miene. „Ich liebe Malcom“, erwidert sie entrüstet.
    Blanche seufzt erneut. „Eure
Liebe beschreitet in der Tat einen steinigen Pfad. Wie so oft geht sie weiß
Gott die seltsamsten Wege.“
    Joan nickt zustimmend, wobei
sie sich unangenehm berührt räuspert. „Ich bin nicht mehr verheiratet, Blanche.
Malcom zog sein Einverständnis zur Vermählung zurück, nachdem sich mein
Bräutigam in Wahrheit als mein Halbbruder erwies.“ Auf Blanches ungläubigen
Blick hin nickt sie. „Ein Bastard meines Vaters aus der Hochzeitsnacht der
schönen Müllerstochter.“
    Blanches Augen weiten sich. Ihr
scheint es die Sprache zu verschlagen. Geknickt sinkt sie neben Joan mit einer
Miene auf die Bank, als hätte sie einen Schlag ins Gesicht bekommen.
    „Oh dieses verfluchte
Mannsvolk. Man muss sie schon sehr lieben, um über all ihre Verfehlungen
hinwegsehen zu können.“ Sie blickt Joan an. „Doch höre meinen Rat.
Unausgesprochene Worte wirken auf Dauer wie Gift in den Herzen der Menschen.
Nicht nur bei Liebenden. Schon so mancher Krieg beruhte auf
Unverständlichkeiten, die mit ein wenig Diplomatie hätten aus dem Wege geräumt
werden können.“
    Joan nickt. „Ich weiß. Doch
seine Schmähung war

Weitere Kostenlose Bücher