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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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abweisender Blick macht
sie hilflos still. Dann jedoch keimt erneut Groll in ihr auf. „Wieso wirfst du
es mir nicht einfach vor! Fehlt dir der Mut dazu?“
    „Nein. Ich kann nur nicht
fassen, dass du mich so offen belügst“, antwortet er leise.
    „Malcom“, ruft sie und springt
aufgebracht hoch. „Du machst mich wirklich furchtbar wütend! Niemand nennt mich
grundlos eine Lügnerin. ... Ich nehme nichts von dem zurück, was ich sagte.“
Sie blitzt ihn an. „Ich liebe dich, auch wenn du mich manchmal bis zur Weißglut
reizt! Du musst zugeben, dass ich deine Gedanken nur schwerlich erraten kann!
Warum äußerst du sie nicht laut und deutlich? Was genau wirfst du mir ...“ Sie
stutzt über sein plötzliches Grinsen. „Was ist so verdammt witzig“, fragt sie
ärgerlich mit in die Seiten gestemmten Händen.
    „Ein wenig Weißglut hat schon
so manchem die Zunge gelöst“, bemerkt er vergnügt.
    Sie atmet entnervt durch und
straft ihn bösen Blickes. „Gib Acht, dass du den Bogen nicht überspannst“,
erwidert sie vorwurfsvoll, muss dann jedoch über seinen seligen Blick lächeln.
Erleichtert nimmt sie wieder neben ihm Platz, stößt ihm nachtragend ihren
Ellenbogen in den Bauch. „Wenn du so weiter machst überlege ich mir noch, ob
ich es länger bei dir aushalte“, scherzt sie mit ernsthaftem Unterton.
    Er zieht sie jedoch versöhnlich
an sich. „Ich lass dich nicht mehr weg.“
    Sie schmiegt sich an ihn. „Ich
dachte, du wolltest dir das offen halten“, entgegnet sie mit spitzer Zunge, so
dass er sich wieder von ihr löst, um sie mit durchdringendem Blick zu bedenken.
Sie kommt ihm zuvor. „Ich weiß, mein loses Mundwerk. Nicht nötig, es mir erneut
vorzuwerfen.“ Schwerfällig bläst sie die Luft aus. „Wenn du mich liebst, dann
verzeihst du mir diese Schwäche, ... und meine unzähligen anderen. So, wie ich
dir vergab, dass du mir aus einer Laune heraus die Unschuld nahmst.“
Versöhnlich will sie ihm über die Wange streichen, doch er fängt ihre Hand ab
und wirft sie aufgebracht zur Seite.
    Erschrocken blickt sie ihm ins
ausdruckslose Gesicht.
    Er wendet sich von ihr ab,
schließt flüchtig die Augen und reibt sich dabei über die Stirn. „Warum tust du
das“, fragt er tonlos.
    Sie ist verwirrt.
    Mit traurigem Lächeln streicht
er ihr bedächtig über eine Wange, um sich im nächsten Moment ruckartig von ihr
loszureißen. Er erhebt sich und geht gemächlich zum Fenster. Wortlos nimmt er
das Pergament aus Ziegenleder davor nach oben und blickt hinaus. „Ich hätte dir
nur zu gern geglaubt“, meint er leise.
    Sie vernimmt, wie er die kalte
Nachtluft hörbar einzieht.
    Scheinbar gefasst dreht er sich
zu ihr herum. „Doch wie könnte ich das jetzt noch, wo dir die Lügen so leicht
über die Lippen kommen“, äußert er auffahrend.
    Joan schrickt zusammen, da er
plötzlich wütend gegen einen Pfosten des Baldachins schlägt, so dass dieser
erzittert.
    „Ich verstehe dich einfach
nicht, Joan“, ruft er nunmehr zornig und beobachtet, wie sie sich ebenfalls
aufgebracht erhebt.
    „Das kann ich nur zurück
geben“, giftet sie böse dreinblickend. „Du solltest dir eine neue Anschuldigung
einfallen lassen. ... Denn sie langweilt mich allmählich. Es kommt mir beinahe
so vor, als müsste ich gegen Sibylls tiefe Spuren ankämpfen, die sie bei dir
hinterließ und dich gegen mich misstrauisch machen.“
    „Das glaubst du doch selber
nicht“, ruft er außer sich. Er atmet tief ein, um sich zur Ruhe zu zwingen,
nimmt seine Sachen von der Stuhllehne und geht dann schweigend an ihr vorüber
zur Tür. Ohne Joan noch eines Blickes zu würdigen öffnet er diese und lässt sie
laut hinter sich zuschlagen.

Zwiegespräche
    „Joan?“ Isa
blickt sie fragend an, während sie neben ihrer Mutter auf einem Schemel in
Blanches Gemach sitzt und spinnt. Sie ist schon sehr geschickt darin, auch wenn
ihr Faden von noch nicht ganz so makellos gleichmäßiger Dicke ist wie jener
ihrer Mutter.
    „Hm?“ Joan betrachtet sie
zerstreut, setzt sich bequemer auf der mit einem Schaffell bedeckten Holzbank
vorm Kamin zurecht und krault Heda auf ihrem Schoß weiter durchs drahtige Fell.
    „Wann redest du wieder mit
Malcom“, will die Kleine wissen.
    Joan überrascht ihre kindliche
Offenheit nicht. Dennoch ist es ihr unangenehm, dass sie fragt. Sicher entgeht
niemandem, dass sich Malcom und sie seit vielen Tagen beharrlich anschweigen.
Insbesondere bei den Mahlzeiten in der Halle ist es ganz augenscheinlich, wenn
sie,

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