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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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seinem Inneren
brodelt es, und das macht sie ganz befangen. Sie schweigen sich unerträglich
an, bis sie es nicht länger aushält.
    „Malcom“, beginnt sie
zögerlich. Dann atmet sie tief durch und erhebt sich. Er blickt sie an.
    „Entschuldige meine Worte von
vorhin. Sie waren unbedacht und in Wut ausgesprochen.“
    Er nickt kühl. „Wenn du das
nächste Mal wieder das Bedürfnis verspürst, mich zu maßregeln, dann nicht vor
meinen Männern.“
    Betreten über seine schroffe
Zurechtweisung blickt sie zu Boden. Scheinbar ist er noch zu verärgert, um ihr
entgegenzukommen. „Was passiert mit uns, Malcom?“ Auf sein hörbares Ausatmen
hin sieht sie verstohlen zu ihm auf. Er betrachtet sie mit gegen den Felsen
gelehntem Kopf.
    „Ich habe begriffen, dich nur
halb so gut zu kennen, wie ich anfangs glaubte“, erklärt er, ohne wirklich
Klarheit zu schaffen, streicht sich plötzlich in einer vertrauten Geste mit
beiden Händen übers Gesicht, womit ihr aufgeht, wie aufgewühlt er in Wahrheit
hinter dieser gefassten Fassade ist. „Und ich bin nicht sicher, ob ich dich noch
besser kennenlernen will.“
    Sie ist bestürzt, dass er
offenbar im Begriff ist, sich von ihr zu lösen. Sie begreift, dass etwas sehr
Überzeugendes ihn dazu bewogen haben muss. Etwas, von dem sie nichts weiß.
Ohnmächtige Wut steigt in ihr auf, von der sie mittlerweile weiß, dass sie zu
nichts Gutem führen wird. So versucht sie, diese im Zaum zu halten. „Wovon
redest du überhaupt?“ Daraufhin lacht sie gequält auf. „Diese Frage wird mir
bei dir allmählich zur Gewohnheit“, bemerkt sie finster und bedenkt ihn mit
einem vernichtenden Blick. „Was nur lässt dich immerzu glauben, ich verstünde
deine verfluchten Andeutungen?“ Sein verächtliches Schniefen soll ihr offenbar
zur Antwort gereichen.
    Sie nickt. „Ich bin nur halb so
alt und in Herzensangelegenheiten sicher nicht halb so erfahren, wie du. Doch
selbst mir fällt auf, dass der Grund unseres Übels in unseren jämmerlichen
Aussprachen liegt. Du sprichst in Rätseln zu mir, machst unverständliche
Andeutungen, bist aus unerfindlichen Gründen wütend auf mich“, holt sie mit
einer hilflosen Geste aus. „Ich versichere dir meine Liebe und habe das
untrügliche Gefühl, dass du mir nicht glaubst.“ Ratlos hebt sie die Hände. „Was
mache ich falsch? ... Erkläre es mir!“
    Als er grimmig zur Seite
blickt, versetzt sie ihm einen wütenden Stoß gegen die Brust. „Wo ist der
Malcom, der wie ein Wirbelsturm in mein Leben trat, mit dem ich Schlimmes
durchstand, der immer zu mir hielt und mich liebte, als wäre es stets das
letzte Mal? ... Wofür lässt du mich büssen?“ Sie atmet durch, nimmt ihn fest
ins Auge. „Wenn du es nicht endlich loswirst, dann wird uns etwas für immer
entzweien, von dem ich nicht einmal eine Ahnung habe.“ Sie bedenkt die
Ungeheuerlichkeit ihrer letzten Worte, die jedoch traurige Wahrheit sind.
Vielleicht vermögen sie, ihn zu einem offenen Wort zu bewegen.
    Er hatte die Arme über der
Brust verschränkt und ihr bis zuletzt aufmerksam zugehört. „Eben diese
Ahnungslosigkeit nehme ich dir nicht ab, Joan“, erklärt er ruhig. Doch seine
Augen versprühen Blitze. Er drückt sich vom Felsen ab, schiebt mit einem Fuß
einen faustgroßen Stein an den Rand des Pfades und stößt ihn in den Abgrund,
wobei er sie eindringlich ansieht. „Sollte der Stein eben irgendwelcher Gefühle
fähig gewesen sein, so geht es ihm nicht anders als mir, wenn du mir deine
Liebe versicherst und im selben Atemzug vorgibst, mir verziehen zu haben, dass
ich dir die Unberührtheit nahm.“
    Verwirrt hebt sie die
Schultern. „Und?“
    Er starrt sie ungläubig an.
„Wie zum Teufel soll ich dir ersteres glauben, wenn du mich kurz darauf so
offen belügst?“
    Joan schüttelt verständnislos
den Kopf. „Aber ich HABE dir verziehen!“
    „Grundgütiger!“ Sichtbar um
seine Fassung bemüht dreht er ihr den Rücken zu, um sich aufgebracht durchs
Haar zu wühlen. Sie hört ihn durchatmen, bevor er sich ihr wieder zuwendet, die
Hände herausfordernd in die Seiten gestemmt. „Du solltest es doch am besten
wissen“, er schlägt mit der flachen Hand wütend gegen den Fels, „und mir
gottverdammt noch mal zutrauen, es bemerkt zu haben, dass du keine verfluchte
Jungfrau mehr warst, als ich dich nahm!“
    Ihr klappt die Kinnlade
herunter. „Das kann nicht sein“, haucht sie bestürzt. Verwirrt taumelt sie
gegen die Felswand, bevor sie wie vom Donner gerührt ganz langsam

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