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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Kemenate.
    Joan und Amál lächeln einander
an, um dann beide etwas befangen zur Seite zu blicken. Einen kurzen Augenblick
schweigen sie betreten, bevor Amál zu reden ansetzt und Joan sich gleichzeitig
räuspert, um ebenfalls etwas zu sagen. Mit einem galanten Handschwenk lässt er
ihr grinsend den Vortritt. „Du zuerst.“
    Sie bläst die Luft hörbar aus
und blickt ihm fest in die Augen. „Mir ist klar geworden, dass ich ohne Malcom
nicht sein kann. Ich liebe ihn mehr, als ich zu sagen vermag.“ Sie flüstert, da
ihre Worte nur für seine Ohren gedacht sind. Er wendet den Blick nicht von ihr
ab, wobei er bedächtig nickt.
    „Es war mir schon an unserem
letzten Übungstag klar“, raunt er. Durchatmend fährt er sich über die Haare.
„Ich hatte nie eine wirkliche Chance gegen ihn, weiß ich jetzt. ... Die
vergangenen Tage zermarterte ich mir den Kopf darüber.“ Er ist seltsam gefasst.
„Joan, du musst mir glauben, dass es sich bei mir nicht nur um eine Laune in
einem günstigen Moment handelte.“
    Sie runzelt die Stirn. „Das war
es für mich auch nicht. Ich hatte mich wahrhaftig in dich verliebt. Selbst
jetzt schlägt mein Herz in deiner Nähe schneller. Doch weiß ich nun, dass es
nicht mehr ist. ... Oder nicht mehr daraus werden sollte.“
    Er nickt. „Ja, deine Worte
treffen es gut.“ Von einem gequälten Seufzer begleitet legt er den Kopf kurz in
den Nacken, um sie daraufhin gefasst anzublicken. „Ich hoffe, du hältst mich
nicht sogleich für einen oberflächlichen Saukerl. ... Es ist ...“ Stöhnend
sucht er nach den passenden Worten. „Sie war schon so lange hier, doch du hast
sie überstrahlt. Jetzt ist sie wie ein Lichtblitz in mein Leben getreten und
zieht mich völlig in ihren Bann. Sie wollte ihr Leben für meines geben.“
    Plötzlich weiß sie, was er ihr
zu sagen versucht und es schmerzt im ersten Moment. Dann jedoch freut sie sich
für ihn, was sie ihn mit einem aufrichtigen Lächeln wissen lässt.
„Entschuldigst du dich soeben bei mir, weil du dich in Miriam verliebt hast?“
    Beinahe hilflos zieht er die
Schultern hoch. „Sie liebt mich schon vom ersten Augenblick an, wie sie sagt.
Und sie hat dasselbe Feuer, wie du. Ich bin ihr hoffnungslos verfallen.“
    Joan lacht über seine
unschuldige Miene. „Amál, du bist ein Schwerenöter!“
    „Nein! ... Bitte sag das
nicht.“
    Verschmitzt verzieht sie das
Gesicht. „Wenn es John bemerkt, wird er dir die Hölle heiß machen.“
    Amál schüttelt bedächtig den
Kopf. „Dieses Mal gehe ich den direkten Weg.“
    Sie ist erstaunt. „Du willst
sie heiraten“, fragt sie ungläubig.
    „Ja. Sie und keine andere.“ Er
ist vollkommen ernsthaft.
    Joan forscht in ihrem Herzen,
doch es fühlt sich gut an. Sie empfindet gar Erleichterung. „Du findest es
vielleicht übertrieben, aber ich freue mich für dich.“
    „Wirklich“, fragt er unsicher,
worauf sie nickt.
    „So bekommen wir am Ende beide,
was wir so heiß ersehnten und müssen dennoch nicht auf die Gesellschaft des
anderen verzichten.“ Sie schlägt ihm gegen die Schulter. „Oder kneifst du jetzt
etwa davor, mich das Fechten zu lehren?“
    Stöhnend verdreht er die Augen.
„Der Herr zeigt kein Erbarmen mit mir!“
    Lachend streicht sie sich eine
Haarsträhne hinters Ohr. Dann wird sie ernster. „Wie geht es Miriam?“
    Malcom tritt aus seiner Tür
heraus und schließt diese hinter sich, bevor er auf sie zukommt.
    Amál seufzt. „Schon viel
besser. Doch sie hat noch Schmerzen, die sie nicht so leicht verkraftet. Sie
ist keine gewöhnt.“
    „Warum bist du damit nicht zu
mir gekommen? Ich kann ihr etwas dagegen geben.“
    Er zuckt die Schultern. „Wir
wollten dich damit nicht auch noch belasten. Du hattest genug Sorgen.“
    Unbeirrt schüttelt sie den
Kopf. „Ich gebe dir hernach etwas gegen Miriams Schmerzen.“
    „Miriam ist verletzt?“ Malcom
blickt sie beunruhigt an.
    Joan nickt. „Ein Messerstich in
ihrem Bauch.“
    „Was“, ruft er erschrocken, so
dass Joan beschwichtigend die Hände hebt.
    „Es geht ihr gut. Sie hatte
wirklich großes Glück.“ Sie grinst. „Bei Amál ist sie in besten Händen.“
    Als Malcom Besagtem mit
überraschter Miene begegnet, stößt Amál einen gedehnten Seufzer aus, und blickt
händeringend gegen die Decke. Raymond erscheint auf dem Gang und rettet ihn vor
weiteren Peinlichkeiten.
    Mit beklommenem Gefühl folgt
Joan Malcom die ausgetretenen Steinstufen zum Kerker hinab. Es riecht vertraut
nach feuchten Mauern und es ist eiskalt.

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