Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
groß?“
    Bedauernd dreinblickend
schüttelt Fiona den Kopf, so dass Joan ernüchtert seufzt. Mit einem Schmunzeln
streicht ihr Fiona über den Arm, um ihr dann zur Verabschiedung zuzunicken.
Leichtfüßig schlendert sie zur Tür, an der sie sich noch einmal zu Joan
umwendet. Diese hebt eine Hand zum Gruß. „Komm doch morgen Abend wieder vorbei
und bedeute mir, ob der Absud schon wirkt.“
    Fiona nickt und verlässt ihr
Gemach.
    Joan ist
wieder allein mit sich. Wobei ..., nicht ganz. Erneut betrachtet sie ihren
Bauch, streicht zärtlich über dessen sanfte Wölbung. „Bitte bleib dieses Mal.“
Sie will ihr kleines Geheimnis vorerst noch für sich behalten.
    Joan kam
wie immer zu spät zum Abendmahl. Sie hatte sich am Nachmittag nur einmal kurz
zur Ruhe legen wollen, was dazu führte, dass sie in völliger Dunkelheit
erwachte. Dies jedoch auch nur durch den Umstand, von Malcom geweckt worden zu
sein. Dieser leistet ihr nun noch als einziger Gesellschaft in der Großen
Halle, während sie eine mit Gewürznelken, Zimt und Muskatnuss gewürzte
Fleischpastete verzehrt. Heda hat sich dösend wie üblich unter der Tafel zu
ihren Füßen zusammengekringelt.
    Joan kämpft gegen einen
rauchigen, würzigen Duft an. Im Grunde nichts Außergewöhnliches während der
Raunächte, in denen man nach heidnischem Brauch Geister und Dämonen mit
Weihrauch zu vertreiben sucht. Doch findet sie, dass man es heute damit etwas
übertrieben hat. „Wolltet ihr die Ratten der Burg ausräuchern? Man kann kaum
Atem holen.“
    Malcom nippt grinsend an seinem
Weinkelch und stellt diesen dann zurück auf die Tafel. „Isa hat es heute zum
Abschluss ganz besonders gut gemeint.“
    Joan macht große Augen. „Zum
Abschluss? Willst du damit sagen, wir haben schon Dreikönigstag?“
    Malcom bedenkt sie mit
spöttischer Miene. „Ganz recht. Heute ist Epiphany.“
    „Nein! ... Aber wie kann der
letzte Tag der Weihnachtsfeiern schon beinahe vorüber sein, wo doch vor ein
paar Tagen erst das Christfest war.“ Ihre Fassungslosigkeit kann sie nicht
davon abhalten, sich ein großes Stück von einem Früchtebrot in den Mund zu
schieben.
    Er betrachtet sie amüsiert. „Es
ist wirklich schon zwölf Tage her. ... Joan, dein Zeitgefühl lässt in der Tat
zu wünschen übrig. Du hast wohl die zwölf Raunächte verschlafen?“
    Sie seufzt gedehnt. Tatsächlich
hatte sie in letzter Zeit viel geschlafen, was sie auf die Schwangerschaft
schiebt. Entsetzt stellt sie fest, dass sie kein Neujahrsgeschenk für Malcom
hat. Zu ihrer Bestürzung nimmt er nun obendrein etwas neben sich von der Bank
auf. Mit verschmitzter Miene reicht er ihr ein längliches, in ein Tuch
gehülltes Gebilde. Offenbar ist ihm ihre Bedrängnis nicht entgangen.
    Mit wachsender Neugier nimmt
sie das Geschenk entgegen. Dessen überraschende Schwere bringt sie zu Malcoms
offensichtlichem Vergnügen ins Grübeln. Dann fühlt sie am einen Ende einen
Knauf, woraufhin sie Malcom ahnend betrachtet. Dennoch kann sie es nicht
glauben. Eilig wickelt sie nun das Tuch ab und erstarrt. Es ist tatsächlich ein
Schwert, das ihrer in einer schlichten Scheide steckend harrt. Nach Luft
jappsend blickt sie ihn überrascht an, um gleich darauf wieder auf sein
Geschenk in ihren Händen zu starren. Bedächtig zieht sie es aus der Scheide.
„Malcom“, haucht sie und kann den Blick nicht von der herrlichen Waffe lösen.
Sie ist geschwärzt. So, wie er seine eigenen Schwerter bevorzugt. Nur ist ihres
ein wenig kleiner als gewöhnlich. Rautenförmige Ornamente verzieren die Parierstange.
Am Knauf funkelt im herrlichsten Grün ein kleiner, klarer Smaragd. Sprachlos
erhebt sie sich und lässt die Waffe in der Hand kreisen, so dass diese pfeifend
durch die Luft schneidet. Sie ist leicht und perfekt ausbalanciert.
    Fassungslos sinkt sie neben
Malcom auf die Bank zurück, blickt ihm ins lächelnde Gesicht.
    Er hebt eine Braue. „Es scheint
nach deinem Geschmack zu sein“, stellt er grinsend fest.
    „Oh Malcom!“ Sie fällt ihm um
den Hals und drückt ihn fest an sich. Dann schenkt sie ihm einen innigen Kuss.
„Welch ein Geschenk“, raunt sie freudestrahlend und überwältigt zugleich. Denn
welch eine immense Überwindung muss es ihn gekostet haben, derart auf sie
zuzukommen. Es ist mehr, als nur ein geschenktes, wertvolles Schwert. Es ist
eine Geste der Liebe. Er gibt ihr damit zu verstehen, dass er Verständnis für
sie hat und ihr ihre Freiheiten lässt, was sein kostbares Geschenk mindestens
doppelt so wertvoll

Weitere Kostenlose Bücher