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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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sie entschlossen, worauf sich
Joan überrascht zeigt.
    Ein Blick in Blanches
felsenfeste Miene lässt sie jedoch ergeben seufzen. „Dann sollten wir
schleunigst aufbrechen.“
    Nachdem sie Isa eingeweiht
haben, begeben sie sich zum Wohnturm. Die Landschaft unterhalb der Festung
liegt noch unter einer weißen Decke frühmorgenlichen Nebels verborgen. Blanche
keucht den Treppenturm empor und muss immer wieder stehen bleiben, um Luft zu
schöpfen. Schließlich hält sie sich stöhnend den Bauch.
    „Wenn du mich fragst, kommt es
noch am Tage“, erklärt Joan beunruhigt, wobei sie Robert auf ihre andere Hüfte
wechselt.
    Blanche schüttelt den Kopf.
„Treppen steigen, Wehen leiden“, antwortet sie aufatmend. „Altes Sprichwort.“
    Joan kann es aus eigener
Erfahrung nur bestätigen. „Ich gebe Robert zu Agnes. Sie hat noch genug Milch
für ihn.“
    Blanche nickt. „Ich packe meine
Umhängetasche. Wir sollten etwas Essbares mitnehmen.“
    „Gut. Das
besorge ich und gebe Malcom Bescheid.“
    „Was? Wo
ist sie?“ Raymond drängt sich an Malcom vorbei und baut sich vor Joan auf.
    „In ihrem Gemach.“
    „Joan, ich lass euch nicht
allein raus“, wendet Malcom erneut ein.
    „Ich nehme mein Schwert mit“,
versucht sie, ihn zu beschwichtigen. „Was soll geschehen?“
    „Ulman“, erinnert er.
    Joan seufzt ungeduldig. „Was
schlägst du vor? Blanche hat es sich in den Kopf gesetzt. ... Vater, du kannst
sie nicht davon abbringen“, ruft sie, als sich Raymond zum Hallenausgang
wendet.
    Malcom fährt sich übers Haar,
wobei er grübelnd die Luft ausbläst. „Also gut. Gehen wir einfach ein wenig zur
Jagd, Ray. Wir nehmen die Männer mit und bleiben in eurer Rufnähe.“
    Joan stemmt aufgebracht die
Arme in die Seiten. „Eine Horde Raubeine um sich zu wissen, wenn man nackt und
schreiend entbindet, ist nicht sehr erbaulich.“
    „Du musst ihr ja nichts davon
sagen“, meint Raymond. „Und hier im Turm würden wir sie ebenfalls hören.“
    Stöhnend blickt sie hinüber zu
besagten Raubeinen, die gelangweilt beim Mittagsmahl, der spärlich gehaltenen
Mahlzeit zwischen Morgen- und Abendmahl, an der Tafel fläzen. Sie werfen ihnen
immer wieder neugierige Blicke zu, während sie Brotbrocken in ihre gefüllten
Weinkelche tunken und dann lustlos verzehren. Jeremy, der schon eine geraume
Weile wie die Katze um das Fass Salzfisch in ihrer Nähe umherstreifte, kommt
nun zu ihnen herübergeschlendert. „Wir hörten, es gibt eine Jagd“, fragt er
grinsend.
    „Ja. Lass die Pferde satteln.
Wir durchkämmen den Wald um die Wasserbecken“, antwortet Malcom, was Jeremy
vergnügt wieder Richtung Tafel abziehen lässt.
    „Wenn Blanche entbunden hat,
gib uns Bescheid. Sie wird schwerlich zurückgehen können“, meint er an Joan
gewandt. „Und nehmt Heda mit.“
    „Sie wird es doch sofort
anzeigen, wenn ihr in der Nähe umherstreift“, wendet sie ein.
    Doch
Malcom schüttelt den Kopf. „Ich habe sie abgerichtet. Sie wird nur bei fremder
Witterung anschlagen.“
    Joan geht
neben Blanche den Kammweg entlang. Sie hat deren Umhängetasche geschultert.
Seit langem trägt sie wieder einmal ihre Beinlinge und genießt die ungewohnt
gewordene Bewegungsfreiheit. Das Schwert an ihrer Seite spürt sie kaum, so leicht
ist es. Heda läuft wie gewöhnlich voraus und schnuppert ständig am Boden
entlang. Der Nebel über der Ebene hat begonnen, sich zu lichten. Schließlich
versperrt der Wald die Sicht darauf. Ab und zu bleiben sie stehen, wenn Blanche
eine erneute Wehe überkommt. Joan bemerkt, dass sie immer häufiger verhalten
müssen. Zu guter letzt stöhnt Blanche laut auf und versucht mit kreisenden
Bewegungen der Hüften, der Schmerzen Herr zu werden. Es scheint zu wirken.
Überdies beteuert sie, das Kleine würde sich auf diese Weise in ihrem Inneren
besser zurechtlegen können, was die Geburt vorantriebe. Eine Weisheit, die sie
von ihrer Mutter habe.
    Die letzten Schritte hinab zum
Wasserbecken eilt sie regelrecht, um vor der nächsten Wehe anzukommen. „Joan,
ich fürchte, dir Recht geben zu müssen. Das Kind hat es eilig. Es wird wohl, so
Gott will, noch vor der Dunkelheit das Licht der Welt erblicken.“
    Sie entkleiden sich behände und
steigen ins warme Wasser. Joan lauscht angestrengt den Geräuschen des Waldes,
kann jedoch neben dem Gesang der Vögel und dem leichten Rauschen der Bäume in
der lauen Brise nichts weiter vernehmen. Heda blickt gelangweilt zu ihnen
herüber, während sie gemächlich auf langem Schneidegras

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