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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Fehler, der ihr den Todesstoß
erlaubt. Plötzlich stolpert sie über einen großen Stein, was ihn unversehens
die Oberhand gewinnen lässt. Er ist nicht gewillt, sie wieder richtig
Aufstellung nehmen zu lassen. Mühevoll kann sie einem Streich ausweichen,
versucht vergeblich, wieder hoch zu kommen. Während sie rückwärts von ihm fort
krabbelt, pariert sie weitere Hiebe. Mit einem Male wirft er den Kopf unter
einem überraschten Aufschrei ruckartig zur Seite und lässt von ihr ab. Etwas
hatte ihn an der Schläfe getroffen.
    „Verfluchter Hurensohn“, keift
Blanche und wirft ihm zielsicher einen weiteren faustgroßen Stein gegen den
Schädel. Joan zögert keinen Augenblick, sich wieder aufzurappeln. Eine ganze
Spur wütender als zuvor wirft sie sich ihm entgegen, setzt ihm erbarmungslos
zu. Sie vernimmt dumpfes Schlagen von Pferdehufen. Auch ihrem Angreifer ist es
nicht entgangen. Und anstatt sich ihr weiterhin zu stellen, wendet er sich
flugs ab, um Richtung Wald den Abhang hinab zu fliehen. Joan zieht unversehens
ihren Dolch und schickt ihn dem Unbekannten hinterher. Doch die Waffe prallt am
Ringelpanzer des Fliehenden ab.
    „Beim Barte des Petrus!“
    Joan wendet sich aufatmend um
und blickt in Ruperts verblüfftes Gesicht. Mit offen stehendem Mund sitzt
dieser noch immer hoch zu Pferde. Hinter ihm erscheinen Malcom und Amál in
gestrecktem Galopp. Malcom erreicht sie als Nächster. Er zügelt Brix, dass sich
dessen Hufe stiebend in den Dreck graben und sitzt hastig ab, noch ehe sein
Pferd richtig zum Stehen gekommen ist. Während er zu Joan eilt, blickt er den
Abhang hinunter. Doch der Angreifer ist nirgends mehr zu erspähen. Erleichtert
aufatmend betrachtet er sie, legt eine Hand gegen ihre Wange. Die Sorge steht
ihm ins Gesicht geschrieben. „Ein weiterer von ihnen streift hier noch irgendwo
umher. Wir konnten nicht früher zu euch stoßen. Wo ist Blanche?“
    Joan sieht sich um, geht dann
das kurze Stück die Böschung nach oben zurück zum Weg und erblickt Blanche auf
der anderen Seite hinter einem größeren Stein kauern.
    „Blanche, es ist vorbei.“
    Erleichtert kommt diese aus
ihrem Versteck hervor und begibt sich neben sie, ihr in eine weiche Decke
gehülltes Kind im Arm haltend. „Ich glaubte, es kämen noch mehr von seinem
Schlag.“ Es klingt beinahe wie eine Entschuldigung. „Wer war das“, fragt sie,
worauf Joan die Schultern zuckt und sie beide zu Malcom hinüber blicken, der
soeben mit Joans Dolch die Böschung hochgeeilt kommt. Ernster Miene verhält er
kurz bei seinen Männern. Amál und Rupert machen besorgte Gesichter, sie sind
nicht einmal abgesessen. Malcom kommt nun zum Pfad herauf. Er bleibt neben
Blanche stehen und betrachtet das Kind. Wortlos stemmt er die Hände in die
Seiten, legt dann den Kopf in den Nacken und wendet sich stöhnend ab.
    Joan kennt ihn gut genug, um
aufs Äußerste beunruhigt zu sein. Sie kommt mit fragender Miene vor ihn und
erstarrt, als sie den niedergeschmetterten Ausdruck in seinem Gesicht gewahrt.
    „Malcom“, fragt sie bestürzt.
„Was ist mit Vater?“
    Er reicht ihr den Dolch, den
sie ihm zerstreut abnimmt. Mit beiden Händen zugleich fährt er sich unter
gequältem Stöhnen übers Gesicht, um sich ihr dann kopfschüttelnd ganz
zuzuwenden. „Er ist wohl auf. ... Es geht um die Kinder.“ Er räuspert sich, da
ihm die Stimme entglitt.
    Joan schlägt das Herz bis zum
Hals. Blanche ist neben sie gekommen, um ihn gleichsam entsetzt anzustarren.
    „Wir müssen zurück. Sie wollen
verhandeln“, erklärt er mit leiser Stimme.
    „Was ist geschehen“, haucht
Blanche. „Jetzt sag es schon“, ruft sie außer sich, wobei sie ihm mit der Hand
vor die Brust stößt.
    Er ruckt etwas nach hinten und
lässt den Kopf hängen. „Sie haben die Burg eingenommen, als wir fort waren. Wir
bemerkten sie erst, als sich der Nebel verzog, schafften es jedoch nicht mehr
rechtzeitig zurück. Die Mehrzahl von ihnen war bereits innerhalb der Mauern und
zog die Brücke hoch. Alle wehrfähigen Männer stießen sie von der Ringmauer als
Zeichen dafür, dass es ihnen Ernst ist. ... Ich weiß nicht, ob es ein Knappe
überlebt hat. ... Sie fordern Ray, ... warfen zur Untermalung einen Säugling
über die Wehrmauer. Bei Sonnenuntergang verfahren sie damit weiter, drohten sie
an.“
    Joan hat eine Hand vor den Mund
geschlagen. „War es Robert?“ Sie fürchtet sich vor seiner Antwort.
    „Ich weiß es nicht, Joan“,
antwortet er geplagt.
    „Wo ist Raymond“, fragt

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