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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Blanche
starr.
    Malcom atmet durch. „Wir
mussten ihn mit Gewalt zurück halten.“
    Sie schweigen einen Moment bedrückt.
    „Verfluchter Northumberland!“
Joan blitzt ihn an. „Das Maß ist jetzt voll. Wir müssen nach Alnwick, zu seinem
Stammsitz.“
    Malcom schüttelt den Kopf.
„Dann töten sie in der Zwischenzeit die gesamte Burgbesatzung.“
    Joan rauft sich das Haar. „Es
geht doch nicht mit rechten Dingen zu, dass sie es schon wieder vermochten, in
die Burg einzudringen!“
    „Wer aber bewacht die Wächter“,
zitiert Amál bedeutsam und kommt neben seinen Bruder.
    Malcom schnieft beipflichtend.
„Ich bin mir nun sicher, dass sie einen oder zwei Komplizen innerhalb der
Mauern haben. Sie hätten keinen besseren Zeitpunkt finden können. Und es wäre
ihnen im Normalfall unmöglich gewesen, das Felsentor und den Wohnturm zu
stürmen. Meine Männer hätten beides dicht gemacht, bevor sie auch nur in die
Nähe gekommen wären.“
    „Malcom, wir sollten umkehren“,
gemahnt Amál. „Die Sonne steht schon tief.“
    Malcom seufzt gequält. „Bei
Gott, das ist die schwerste Entscheidung meines Lebens.“ Er wendet ihnen den
Rücken zu und setzt sich auf Brix zu in Bewegung. „Kommt.“
    Amál nimmt Blanche mit dem Kind
vor sich aufs Pferd, Joan sitzt hinter Malcom auf. Sie reiten in schnellem
Galopp zur Festung zurück und sitzen vor der Brücke ab. Malcoms Ritter fläzen
dort auffallend schweigsam im Gras herum oder haben sich zu Raymond gesellt,
der an eine mächtige Linde gebunden ist und sich bei ihrem Anblick die Seele
aus dem Leibe flucht.
    „Mal, jetzt mach mich los,
verdammt“, wettert er. „Wie soll ich mit solch einem Gewissen leben?“
    Joan schnürt es das Herz
zusammen. Unmöglich, dass sie ihn ausliefern. Es bedeutet seinen sicheren Tod.
    „Denk an Robert“, ruft er
weiter.
    Malcom hat ihm den Rücken
zugekehrt und blickt schweigend zur Festung. Dort ist alles ruhig. Nichts
deutet auf einen Überfall hin. „Wer versichert mir, dass sie Robert nicht
trotzdem töten“, fragt er tonlos.
    Joan darf nicht an ihren Sohn
denken. Sie fürchtet sonst, vor Angst um ihn den Verstand zu verlieren.
„Malcom, gibt es einen geheimen Gang?“
    Er wendet sich ihr zerstreut
zu. „Ja. Er zweigt als Seitengang im Brunnenschacht ab. Doch er ist längst
verfallen. Wir würden etliche Tage benötigen, um ihn frei zu räumen und
abzustützen.“
    Sie atmet resigniert aus.
Fieberhaft grübelt sie weiter, währenddessen sie unruhig umher läuft. Blanche
hat sich ins Gras gesetzt, ohne Raymond seine Tochter gezeigt zu haben, und
wiegt sich mit dieser leicht vor und zurück. Joan gewahrt sich plötzlich der
Zugbrücke direkt gegenüber. Sie kann keinen klaren Gedanken fassen, bückt sich
flüchtig nach einem Stein und schleudert ihn gewaltsam über den Graben hinweg
gegen die Eichenbohlen. Dumpf hallt der Aufprall wieder. Doch niemand rührt
sich auf der Innenseite oder erscheint auf einem der beiden Seitentürme des
Tores. Stutzig geht sie etliche Schritte rückwärts. Dann legt sie die Hände an
den Mund, um ihre Stimme zu verstärken. „Heda“, brüllt sie, so laut sie vermag.
    „Was hast du vor“, ruft Malcom
aufgebracht. Doch sie wendet sich rasch nach ihm um und legt einen Finger gegen
den Mund. Er betrachtet sie verständnislos, um dann plötzlich aufmerksam
geworden eine Braue zu heben. Verwundert blickt er zum Tor.
    „Was ist da los“, raunt er.
    Amál kommt neben ihn und stemmt
die Hände in die Seiten. Auch er hat die Brücke ins Auge gefasst. „Da stimmt
etwas nicht. Sie sollten begierig auf jede unserer Antworten sein.“
    „Sie werden bis zum Umfallen
saufen“, bemerkt Jeremy knapp hinter ihnen, mit einer Spur neidvoller
Zerknirschtheit. „Sicher ist ihnen nicht entgangen, dass du vorhin weggeritten
bist. Man sieht den Kamm von dort oben gut ein.“
    Joan mustert ihn erhellt. „Ich
reite geschwind zum Kamm hinauf, vielleicht kann ich etwas erkennen“, meint sie
knapp, wobei sie bereits, ohne eine Antwort abzuwarten, Richtung Brix
losstürzt. Mit einem Satz schwingt sie sich auf ihn und treibt ihn mit den
Fersen an. Brix geht kurz hoch und stürzt mit ihr los, den steinigen Weg hinauf
zum Bergrücken. Dabei kommt er ins Schwitzen, sein Atem geht schnell. Als sie
dann endlich den Kamm erreichen, zügelt Joan ihn. Sie befinden sich am Rande
der klaffenden Schlucht, welche sie von der Zwingermauer unter ihnen
unerreichbar trennt. Von den Serpentinen her vernimmt sie weitere

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