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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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sie am ganzen Leib.
Joan löst sich von ihr, um sie wie einen Säugling auf den Arm zu nehmen. Isas
Kopf lehnt gegen ihre Schulter. Joan wischt ihr mit dem Ärmel die laufende Nase
ab. Während sie die Kleine sanft wiegt, betrachtet sie Malcom traurig. Dieser
hebt mit fragender Miene hilflos die Arme. Sie schüttelt nur den Kopf und
wendet sich wieder dem untröstlichen Kind in ihren Armen zu. Allmählich
beruhigt sich Isa. Joan küsst ihr die Stirn.
    „Sie waren so böse, Joan“,
wimmert die Kleine und vergräbt das Gesicht an Joans Hals.
    „Ja, das waren sie. Was du
getan hast, geschah ihnen recht, Isa.“
    Doch das Kind schüttelt nur
matt den Kopf. „Ich hab sie alle umgebracht“, flüstert sie mit Grabesstimme, so
dass es Joan eiskalt überläuft. Sie erinnert sich noch gut daran, dass sie mit
ihr nach dem ersten Überfall einen Plan aushecken wollte, was Isa zu ihrem
Schutz hätte tun können. Es sollte sie lediglich beruhigen. Joan hatte es in
der Zwischenzeit ganz vergessen und fühlt sich nun deswegen vor schlechtem
Gewissen furchtbar elend. Isa hatte sich ihr nicht noch einmal anvertraut, es
einfach auf eigene Faust getan. Wie verzweifelt sie gewesen sein muss! Joan kämpft
gegen die Tränen an. Sie hatte Isas Ängste bei Weitem unterschätzt.
    „Isa“, raunt sie mit fester
Stimme und drückt die Kleine von sich ab, so dass sie ihr in die Augen sieht.
„Du hast allen das Leben gerettet. Wir sind dir unendlich dankbar. ... Du bist
eine kleine Heldin.“ Lächelnd wischt sie sich und Isa die Tränen aus dem
Gesicht. Doch sie weiß, dass deren Seele Narben vom heutigen Tage
zurückbehalten wird.
    Isa atmet durch. Ihre Miene
wirkt verschlossen. „Sind Helden immer Mörder?“
    Joan schnieft nachdenklich und
wirft Malcom einen hilfesuchenden Blick zu. Dieser jedoch betrachtet Isa
fassungslos, kann die ganze Tragweite allem Anschein nach immer noch nicht
völlig begreifen.
    Joan wendet sich wieder Isa zu
und nickt. „Ja, in der Tat ist es oft so, dass man, um seine eigene Haut zu
retten, zum Mörder werden muss. ... Ich selbst und auch Malcom haben leider
schon viele böse Menschen aus diesem Grunde getötet. ... Doch wir schützten
damit nur unser eigenes Leben. Genau wie du heute. Weil du schlau gehandelt
hast, konntest du und viele mit dir überleben. Du darfst dabei kein schlechtes
Gewissen haben, Isa. Es macht dich sonst kaputt, wenn du zu viel darüber
nachsinnst. ... Doch sei getrost. Jeder anständige Mensch mit einem guten
Herzen hat schon über diese Last geweint. Du bist nur eben noch sehr jung und
verkraftest es schlechter.“
    Malcom setzt sich nachdenklich
neben sie aufs Bett. Isa wendet sich ihm zu und streckt die Arme nach ihm aus.
Er zieht das noch immer schluchzende Bündel daraufhin mit einem traurigen
Lächeln auf seinen Schoß. „Sie hätten weitere Kinder, vielleicht auch deinen
Bruder ohne dein Handeln getötet. Und letzten Endes Raymond. Trauere ihnen
keine Träne mehr nach.“ Er weiß aus leidlicher Erfahrung, dass sie im Grunde
nicht um diese Halunken, sondern um ihre verlorene Unschuld weint und drückt
sie tröstend an sich. „Du kannst nicht ermessen, wie dankbar wir dir sind.“
    Agnes erscheint mit Robert auf
dem Arm im Türrahmen. „Isabella! Der Herr sei gepriesen“, ruft sie und tritt
ein. Ihr folgen Gabriel und Aidan.
    Joan erhebt sich und umarmt die
Amme. Robert beginnt, gegen die plötzliche Enge zu protestieren, so dass sie
sich lächelnd wieder von ihr löst.
    „Agnes, du hast die Kinder
versteckt“, bemerkt sie anerkennend und nimmt ihr Robert ab.
    „Leider nicht alle“, erwidert
diese mit einem forschenden Blick auf Isa. „Es ging alles drunter und drüber.
Sie griffen sich Ellinor. Wir konnten uns mit Miriam verbergen, noch ehe sie
uns wahrnahmen. Es war Aidans Idee mit dem Wehrgang als Versteck. ... Selbst
Robert war mucksmäuschenstill. Ich bestach ihn mit Milch.“
    „Du bist ein Segen für uns.“
    Agnes winkt ab. „Ich habe sie
lediglich zusammen gehalten. ... Doch sagt, wie erging es den anderen?“
    Joan drückt Robert einen
sanften Kuss auf die Stirn, um ihn dann an Malcom weiterzureichen, der Isa von
seinem Schoß nimmt. „Wir werden es gleich in Erfahrung bringen“, antwortet sie
und beobachtet Aidan, der sich neben Isa gesetzt hat und ihr besorgt ins
verweinte Gesicht blickt. „Kümmert euch ein wenig um Isa“, bittet Joan. „Sie
hat viel durchgemacht.“
    „Joan. Ihr dürft nichts aus dem
Weinfass in der Halle trinken. Ich

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