Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
darauf scheppernd tanzen
und erhebt sich unwirsch. Zornig blickt er auf den Überbringer dieser
unglaublichen Nachricht herab, so dass dieser eingeschüchtert zwei Schritte
zurücktritt.
    „Er ist auf dem Wege zu Euch“,
stammelt der Bote nunmehr kleinlaut.
    Malcom lässt ihn nicht aus den
Augen, wobei er bedächtig die Arme vor der Brust verschränkt. „Das ist längst
überfällig“, raunt er grimmig. „Richte ihm aus, dass ich ihn erwarte. ... Es
ist ihm nicht erlaubt, mehr als zehn Ritter mit sich zu führen, was in etwa der
Anzahl meiner eigenen Leute entspricht. ... Und nun verschwinde.“
    Der Bote zieht den Kopf in
einer Verbeugung ein und eilt hinaus.
    Malcom
atmet durch, stemmt die Hände in die Seiten und streift sowohl Joan als auch
Raymond mit besorgtem Blick. „Der Löwe ist aus seiner Höhle gekommen“, murmelt
er, um sich dann an seine Männer zu richten. „Ihr habt es vernommen. Bewaffnet
euch. Wir empfangen ihn hier in der Halle. Benehmt euch nicht daneben, haltet
euch im Hintergrund. Es ist von größter Wichtigkeit, dass wir endlich
miteinander verhandeln und zu einer gütlichen Einigung kommen. ... Raymond und
Joan werden hier sein, desgleichen Blanche und die Kinder. John, ich will dich
an meiner Seite.“ Er entlässt sie mit einer Handbewegung, worauf sie
aufspringen.
    Joan steht
an der Ringmauer und beobachtet den Einzug Percys durch das untere Tor. Zehn
bis an die Zähne bewaffnete und gepanzerte Ritter sowie zwei leichter gerüstete
Männer begleiten ihn.
    „Komm mit hinauf, Joan.“ Malcom
zieht sie auffordernd an der Hand, woraufhin sie ihm zum Wohnturm folgt.
    Schweigend steigen sie den
Treppenturm zur Halle empor. Sie hat Malcom bisher selten derart nachdenklich
erlebt, will ihm jedoch seine Ruhe lassen, obwohl sie tausend Fragen quälen.
Dass die Kinder anwesend sein sollen, beunruhigt sie am allermeisten. Prüfend
tastet sie nach ihrem Dolch am Gürtel über dem grünen Samtkleid. Als sie in die
Vorhalle gelangen, verhält Malcom plötzlich seine Schritte. Joan tut es ihm
gleich und blickt ihn fragend an.
    „Er ist äußerst gewieft, vermag
es jedoch gut hinter seiner Zuvorkommenheit und Vertrauensseligkeit zu
verbergen“, bedeutet er ihr. „Er verleitet die Menschen, ihm zu trauen. Doch er
treibt lediglich sein Spiel mit ihnen. Ich kenne bis heute kaum sein wahres
Gesicht, obwohl wir gut miteinander auskommen. Er fühlt sich in meiner Schuld,
da ich ihm bereits zwei mal den Kopf im Gefecht gegen die Schotten rettete. ...
Lass dich nicht von ihm zu irgendwelchen Äußerungen verleiten.“
    Joan runzelt die Stirn und
nickt.
    „Er hat einen Narren an schönen
Frauen gefressen“, bemerkt er noch vieldeutig.
    Aus dem Treppenturm dringen
Geräusche zu ihnen herauf, die Tritte unzähliger Füße und das metallene
Scheppern von Harnischen.
    „Warum ihn nicht hier in der
Vorhalle begrüßen“, murmelt Malcom mehr zu sich selbst. „Nur wir beide.“
    Sie kommt an seine Seite und
atmet durch. Eine schemenhafte Gestalt gelangt über den Absatz im Turm in die
Vorhalle und verharrt plötzlich, bis eine zweite und dritte Person
aufschließen. Die Männer kommen langsam auf sie zu, von weiteren Schatten aus
dem Turm heraus gedrängt, und treten in den Schein der Fackeln an der Wand. Sie
steuern direkt auf sie zu und Joan hält entsetzt den Atem an, als sie in einem
der drei Ulman erkennt. Über diese Unverfrorenheit kocht Wut in ihr hoch, die
sie nur mit Mühe herunterzuzwingen vermag. Hasserfüllt legt sie eine Hand an
ihren Dolch. Sie empfindet sein Erscheinen wie einen Faustschlag ins Gesicht.
Eine klare Provokation. Eine Verhandlung scheint unter diesen Umständen beinahe
unmöglich. Der Mann neben ihm ist in feines Tuch gewandet. Der purpurne Surkot
unter seinem pelzbesetzten Mantel ist mit kostbaren Edelsteinen bestickt. Er
ist im besten Mannesalter. Neben ihm erblickt sie einen Grauhaarigen in
schlichter, dunkel gehaltener Reitbekleidung. Ein kurzer, grauer Bart ziert
dessen Kinn.
    Malcom ist die Ruhe selbst,
lässt sie mit vor der Brust verschränkten Armen nah heran treten. Schließlich
stehen sie sich einen Augenblick schweigend gegenüber. Der Vornehmere der Drei
räuspert sich herausfordernd.
    „Sei willkommen, Henry.“ Malcom
nickt ihm kühl zu.
    Zu Joans Überraschung beugt
jedoch der Grauhaarige lächelnd sein Haupt. „Hab’ Dank.“ Er deutet eine Geste
auf seine beiden Begleiter an. „Ich hoffe, mein Sohn Harry sowie Leander, meine
rechte Hand, sind dir

Weitere Kostenlose Bücher