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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Anflug von Spott, und winkt ihm lächelnd zu.
    Er winkt ab und blickt ihr
verträumt nach, bis sie im Turm verschwunden ist. „Das Mindeste, was ich tun
kann, meine schöne Lebensretterin“, murmelt er in seinen flaumigen Bart.
    Joan eilt in die Halle. Malcom
und Amál stehen beieinander in Nähe des kalten Kamins. Sie unterhalten sich,
wobei sie an ihren Weinkelchen nippen. Als sie Joan gewahren, verstummen sie
und blicken ihr nachdenklich entgegen.
    Sie bleibt vor ihnen stehen.
„Wem galt der Bote? Haben wir endlich Nachricht von Dowell Castle?“
    „Ja. Allerdings“, entgegnet
Malcom mit bedeutsamem Grinsen und nickt Amál auffordernd zu.
    Dieser räuspert sich. „Sie
wollen, dass ich meine Hochzeit auf meinem eigenen Besitz begehe.“
    Sie zieht überrascht die Luft
ein und schlägt eine Hand vor den Mund. „Heißt das ...“
    Amál nickt. „Mein Ziehvater
will von seiner Dienstpflicht zurücktreten. Er fühlt sich mittlerweile zu alt,
um noch ein Schwert für den König führen zu können. Meine Absichten kommen ihm
gerade recht. ... In ein paar Wochen schwöre ich den Lehnseid und trete mein
Erbe an.“
    Joan atmet lächelnd durch. „Oh
es freut mich für dich, Amál. ... Doch du wirst uns fehlen.“ Sie schenkt ihm
eine herzliche Umarmung, die er unsicher erwidert. „Ich beglückwünsche dich.“
    Ein wenig hilflos streicht er
sich lächelnd über die Nase.
    Joan hilft ihm aus der
Verlegenheit, indem sie Malcom geschickt den Weinkelch entwendet und ihn
lächelnd gegen jenen von Amál schlägt. „Auf euer Glück!“ Sie trinkt im zu. Amál
nickt und nimmt ebenfalls einen tiefen Zug. Joan gibt Malcom den Kelch zurück.
„Sag, wann denkst du können wir endlich mit einem Boten aus London rechnen?“
    Malcom bläst hörbar die Luft
aus und lässt dem ein unschlüssiges Schulternzucken folgen. „Er könnte morgen
schon eintreffen, vielleicht aber auch erst im nächsten Frühling. ... Wir sind
nicht die Einzigen, die vor Gericht ziehen, um ihr Recht zu fordern.“
    Sie lässt seufzend den Kopf
hängen.
    Amál klopft ihr aufmunternd die
Schulter. „Raymonds Zeit kommt schon. Er muss sich lediglich in Geduld üben.“
    Sie vollführt eine machtlose
Geste. „Du weißt ja, dass ihm diese Tugend nicht besonders liegt.“
    Er versteht und deutet
versonnen lächelnd ein zustimmendes Nicken an, als er an die ausufernden
Besäufnisse der letzten Wochen denkt, deren Rädelsführer stets ihr Vater und
natürlich Jeremy waren. Amál seufzt gedehnt. „Ihr werdet mir alle fehlen.“
    Malcom leert seinen Kelch und
stellt ihn auf der Tafel ab. „Wir sehen uns vermutlich schneller wieder, als
dir lieb ist. Es sei denn, du lädst uns wieder aus.“
    Amál nickt. „Ich gedenke, erst
im Herbst zu heiraten. Wenn alles geklärt ist und die Abgaben unter Dach und
Fach sind.“
    „Das hatte ich gehofft“,
erwidert Joan. „Andernfalls hätte ich Roberts wegen nicht kommen können. Bis
dahin jedoch wird er wohl imstande sein, vor mir auf einem Pferd zu sitzen.“
    „Das will ich doch hoffen. Wagt
nicht, ohne mein Patenkind aufzukreuzen!“
    Malcom legt einen Arm um Joans
Schultern. „Wann werdet ihr aufbrechen“, fragt er.
    „Noch vor Ende der Woche.
Miriam geht es zusehends schlechter. Ihr wird immer übler und man könnte
meinen, ihrem Bauch beim Wachsen zusehen zu können.“
    Joan nickt
verständnisvoll, doch ihr Herz verkrampft sich wehmütig bei dem Gedanken, er
würde nicht mehr hier sein. Seine Scherze und seinen Frohgemut wird sie schmerzlich
vermissen.
    Ein kalter
Wind fegt über den Hof und lässt Joan frösteln. Über die Ringmauer hinweg
beobachtet sie einen Reiter, der sich ihnen mit wehendem Umhang vom Kamm her
nähert. Gedankenversunken zieht sie den Wollumhang fester um ihre Schultern.
Die Sommerwochen vergingen wie im Fluge. Joan hat sich an ihre neue Rolle als
Burgherrin gewöhnt und meistert sie beispielhaft, wie Malcom kürzlich lobend
resumierte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Gesinde erfolgt dessen
Arbeit nun reibungslos. Trotz ihrer jungen Jahre haben sie Joan als ihre neue
Herrin akzeptiert, nehmen Anweisungen von ihr ohne Murren entgegen. Sie hatte
gar Zeit gefunden, im Wald auf Kräutersuche zu gehen und ihre
Schreibfertigkeiten zu verbessern. Die Erntezeit hat längst begonnen. Die
Bauern liefern unter Johns Aufsicht ihre Pachtabgaben und Joan lässt die
Vorratskammern füllen. Sorgfältig verzeichnet sie dabei alles in ihrem
Wirtschaftsbuch. Malcom hatte es ihr anerkennend zur

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