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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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öffnen, schlägt ihnen eine
dampfgeschwängerte, wohlige Wärme entgegen, welche von einem Kamin und zwei
großen Kohlebecken gespeist wird. Überdies steht die Tür zur Schwitzstube
offen, da man scheinbar das Schwitzbaden beendet hat. Amál hat ihnen in der Tat
noch einen Zuber freigehalten. Sonst im Grunde kein Kunststück bei der
großzügig angelegten Badestube, die einem Badehaus alle Ehre macht. Die etwa
ein Dutzend übrigen Zuber sind heute jedoch voll besetzt mit nackten Gestalten
zu jeweils einem Paar, die lustig miteinander schwatzen. Quer zwischen ihnen
ist stets ein Brett mit allerlei Braten, Trauben, Käse und sonstigen Leckereien
aufgehängt, mit denen sie sich feuchtfröhlich bei Wein und Ale die hungrigen
Mäuler stopfen. Bademägde in dünnen Hemden schrubben auf Verlangen die Körper,
bis sie rötlich schimmern.
    Sie steuern zu einer mit
Kleidern überhäuften Bank und entkleiden sich. Im Gegensatz zu einem
öffentlichen Badehaus sitzt man hier ungeniert nackt im Zuber, trägt keine
lästigen Badehemden. Awin kommt ihnen unbekleidet entgegen und nimmt ihre
Gewänder von der Bank. Joan bemerkt erstaunt, dass sie unter den Armen und im
Schoß rasiert ist.
    „Ich kann euch die geschickten
Hände von Nicholas empfehlen. Er versteht es, einen geradezu göttlich
durchzuwalken“, ruft sie ihnen laut zu, um das Stimmengewirr zu übertönen.
    Joan nickt ihr lächelnd zu. Sie
gewahrt plötzlich, dass die Steinfliesen des Fußbodens überaus warm sind, tritt
überrascht vom einen auf das andere Bein. Als sie fragend zu Malcom neben ihr
aufblickt, mustert dieser sie bereits belustigt.
    „Luftheizung“, erklärt er
knapp. Auf ihre unverständige Miene hin zuckt er die Schultern. „Wände und
Fußboden sind hohl. Heiße Luft wird aus einem Schürofen hineingeleitet und
heizt den Raum auf.“ Ihre erhellte Miene lässt ihn grinsen. „Andenken aus dem
Heiligen Land“, ergänzt er noch, bevor er mit dem Kopf zum freien Zuber weist.
Dort angelangt helfen sie der Bademagd ungeduldig beim Herausnehmen der großen,
zuvor feuererhitzten Heizsteine und steigen ins herrlich warme Wasser. Es
duftet nach einem die Seele beruhigenden Gemisch aus Lavendel und Baldrian.
Entspannt lehnt Joan den Kopf gegen den mit leinenen Tüchern ausgeschlagenen
Bottich und schließt genießerisch die Augen. Eine weitere Magd kommt mit dem
Vorlegebrett, welches sie zwischen ihnen aufhängt. Als sie es mit Speisen
belegt hat, greifen sie hungrig zu.
    „Mal“, ruft Rupert neben ihnen
laut herüber. „Was hältst DU davon, in Zukunft die Weiber in die Schlacht zu
schicken und daheim behaglich bei Wein und Schmaus die Beine am Kamin
auszustrecken?“
    Malcom lacht rau. „Nicht viel.
Ich hab’s nicht so mit dem Kinderkriegen und Stillen.“
    Er erntet vergnügtes Gejohle
von seinen Männern und grinst Joan an, die nur ein mattes Lächeln erübrigen
kann, bevor sie herzhaft in eine knusprig braun geröstete Hühnchenkeule beißt.
Sie kaut genüsslich und lässt sich das zarte Fleisch auf der Zunge zergehen,
ehe sie schluckt.
    „Wie ihr seht, sind die Weiber
die nutzvolleren Menschen. Man kann sie mit schier allem betrauen“, entgegnet
sie kühn.
    Der lautstarke Protest folgt
stehenden Fußes, was sie grinsend triumphieren lässt. Als sie bemerkt, dass sie
die einzige Frau unter all den Raubeinen ist, rutscht sie etwas tiefer ins
Wasser ab und widmet sich wieder den Gaumenfreuden.
    Die anderen scheinen bereits
länger beisammen zu sitzen. Sie haben ihr Mahl schon beendet. Am
ausgelassensten geht es in ihrer Ecke unter Malcoms Rittern zu. Es wird laut
gerülpst und die Fürze treiben zu ihrer derben Belustigung herrliche Blasen im
Wasser. Einigen hinkt bereits die Zunge. Jeremy schlägt einer hübschen Magd
lautstark auf den Hintern, dass diese erschreckt aufschreit. Die anderen zollen
ihm dafür johlendes Gelächter. Es herrscht ein merklich rauerer Ton als sonst
bei Anwesenheit von Damen. Joan zählen sie offensichtlich nicht dazu, behandeln
sie eher wie ihresgleichen.
    Amáls Männer stimmen ein
Trinklied an. Als sich der Refrain wiederholt, lassen alle die von Ale und Wein
geölten Stimmen erklingen und schlagen die gefüllten Krüge aneinander.
    Ulman erscheint in der Tür und
sie huldigen ihm mit erneutem Gegröle. Er entkleidet sich und nimmt in einem
nahen Zuber gegenüber von Angus Platz. Seine furchtbaren Brandnarben nehmen ihn
kaum von den anderen aus. Gegenüber Malcoms vernarbtem Körper verblassen sie gar.
    Joan beendet

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