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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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verdammt
weh. Ich hätte auch Schiss davor.“
    Er stößt scharf die Luft aus.
„Nicht so frech, Rotznase!“
    Sie blickt zu ihm hoch. „Also
was? Noch einmal biete ich es dir nicht an, dann wird sie für immer so schief
stehen bleiben.“
    Er atmet hörbar durch und
scheint zu überlegen. „Also meinetwegen“, willigt er schließlich ein.
    Joan erhebt sich. „Wir sollten
etwas Abstand zu den anderen gewinnen, sonst weckst du sie womöglich noch“,
bekundet sie gelassen und bemerkt seine verunsicherten Blicke mit leiser
Schadenfreude. Sie setzt sich Richtung Straße in Bewegung und Nigel kommt neben
sie. Als sie an einem der Lagerfeuer vorüber kommen, entwendet sie daraus
kurzerhand einen brennenden Ast.
    „Woher weißt du, wie man es
macht?“
    „Ich hab’ mal zugesehen“, flunkert
sie, um ihm erneut eins auszuwischen. In Wahrheit richtete sie bereits
unzählige Nasen, die beim rauen dörflichen Fußballspiel zu Bruch gegangen
waren.
    Nigel wirft ihr einen
misstrauischen Seitenblick zu. Doch kann er jetzt schlecht einen Rückzieher
machen. „Wenn du pfuschst, kannst du was erleben!“
    Joan grinst. „Keine Angst, du
wirst hernach besser aussehen, als je zuvor“, verspricht sie gehässig, was ihr
eine derbe Kopfnuss von ihm beschert.
    „Au!“ Sie ist stehen geblieben
und reibt sich die Stirn. Dann schaut sie sich um. Die Entfernung zur Truppe
dürfte genügen. „Leg’ dich ins Gras!“
    Er zögert. Doch nur kurz, bevor
er ihrer Anweisung Folge leistet.
    Sie geht in die Hocke, rammt
die glimmende Fackel neben sich in den Boden und setzt sich kurzerhand auf
Nigels Brustkorb. Dieser hebt daraufhin den Kopf und blickt sie entrüstet an.
Unsanft drückt sie ihn wieder herunter. „Es ist wichtig, dass du nicht
wackelst, verstanden?“
    Angespannt bläst er die Luft
aus und schließt nickend die Augen. Sie beugt sich über sein Gesicht, um
vorsichtig seinen Nasenrücken zu betasten. Die beiden gebrochenen Enden sind
gut zu erfühlen. Sie sind etwas gegeneinander verschoben. Joan rutscht auf ihm
nach vorne, kommt mit den Beinen auf seine Arme und nimmt mit den Knien seinen
Kopf in die Zange.
    Er ist fixiert und atmet tief
durch.
    Sie nimmt seinen Nasenrücken
unterhalb der Bruchstelle zwischen Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand,
legt ihre linke Handwurzel gegen seine Stirn und ergreift mit Daumen und
Zeigefinger der Linken die Nase oberhalb des Bruches. „Treibst du’s eigentlich
noch immer mit deinem Gaul?“
    Verblüfft öffnet er die Augen,
während sie den Bruch wieder aufreißt und die beiden Knochenenden behände
aufeinander schiebt.
    Keuchend stampft Nigel mit den
Füßen. Doch es ist bereits vorbei.
    Joan löst sich von ihm und
erhebt sich. „Bleib noch ein wenig liegen, sonst blutest du dich voll.“
    „Das war’s schon“, fragt er
ungläubig.
    Sie nimmt die Fackel zur Hand
und blickt sich in deren spärlichem Schein suchend um. Nach Kurzem entdeckt sie
ein passendes Kraut. Stinkender Storchschnabel. Sie kniet bei den Pflanzen
nieder und berührt sie. „Entschuldigt. Aber wir brauchen euch jetzt.“ Darauf
reißt sie etliche der weich behaarten Blättchen ab. Jedoch nur eines je
Pflanze, damit sie sich schnell wieder erholen können.
    „Was hast du gesagt?“
    „Nichts.“ Sie legt etliche
Blätter in zwei kleinen Stapeln übereinander, rollt sie zusammen und dreht die
beiden Röllchen so lange zwischen Daumen und Zeigefinger, bis sie saftig
werden. Dann beugt sie sich wieder über ihn, um ihm diese vorsichtig in beide
Nasenlöcher zu stecken und sie ein wenig nach oben zu schieben. Die Enden lässt
sie noch herausragen, damit er später alles wieder leicht entfernen kann.
    „He!“
    „Lass! Es stillt die Blutung und
verbessert die Heilung.“
    Er richtet sich ein wenig hoch
und stützt sich auf den Ellenbogen ab. Das Blut rinnt ihm etwas aus der Nase
heraus.
    Er bietet einen wirklich zu
komischen Anblick. Sie hat alle Mühe, sich das Lachen zu verkneifen. „Du kannst
noch einen kühlen Wassersack auf deine Nase legen. Dann schwillt sie nicht so
stark an. ... Aber mach’ vorsichtig, sonst war alles umsonst!“
    Er nickt. „An dir ist wohl ein
Feldscher verloren gegangen“, näselt er.
    Sie zuckt die Schultern. „Ist
doch nichts dabei. ... Ich gehe jetzt schlafen.“ Sie wendet ihm den Rücken zu
und darf endlich grinsen. Eilig setzt sie sich in Richtung des Lagers in
Bewegung.
    „He Jack! ... Danke!“
    Sie winkt ab, ohne sich
umzudrehen. Schließlich hatte sie seine

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