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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Kurierung erst notwendig gemacht. Als
sie aus seiner Hörweite ist, prustet sie befreiend los.

Joan wird
erkannt
    Obwohl sie
erst ein paar Tage unterwegs nach Norden sind, so ist die Luft doch bereits
merklich abgekühlt. Die Straße hat sie etwas westwärts in die östlichen
Ausläufer der nördlichen Penninen geführt. Phil hatte kürzlich auf Joans Frage
hin erklärt, dass sie schneller als erwartet vorankommen und sich bereits kurz
vor der Grafschaft Northumberland befinden.
    Die Landschaft ist ländlicher
geworden. Waldbedeckte Flächen schrumpften zugunsten von Weideland, auf welchem
insbesondere Schafe grasen. Desgleichen vermisst Joan Städte, was wohl auch
daran liegt, dass Malcom Ansiedlungen wie Catterick, Binchester oder Durham
bisher mied. Wenn überhaupt, dann hatten sie diese lediglich aus der Entfernung
gesehen. Nichts soll sie aufhalten. Auf der Straße sind von Tag zu Tag mehr
Bewaffnete unterwegs. Etliche Male wurden sie bisher von ihnen gegrüßt, wenn
sie an ihnen vorüber ritten und man sie an ihrem Wappenbanner erkannte. Malcom
scheint von Bekanntheit zu sein. Überdies begegnen ihnen des Öfteren
geschäftstüchtige Bauern, die am Wegesrand Schlachtvieh, Ale, Backwerk und
andere frische Köstlichkeiten feilbieten. Sie machen ein gutes Geschäft, sind
erste Nutznießer des Krieges.
    Vor ihnen liegt das Tal des
Tyne mit seinen wie auf einer Perlenkette aufgereihten Ortschaften, das zur
Ostküste hin immer ausgedehnter und flacher wird. Joan entsinnt sich der mit
Steinkohle und Wollballen beladenen Kähne und Flöße auf dem breiten Fluß, welche
die Waren nach Newcastle schafften, damit sie von dort aus verschifft werden
konnten. Damals, vor vielen Jahren. Als sie ihren Vater mit Alexander, ihrem
jüngsten Bruder, auf eine Reise nach Schottland begleitete, welches damals noch
in weitaus festerer englischer Hand als gegenwärtig war.
    Ihr Zug ist ins Stocken
geraten. Zwei Packpferde lahmen, da sie jeweils ein Eisen verloren haben.
Malcom schlägt auf der Suche nach einem geeigneten Rastplatz ein noch
gemächlicheres Tempo an. Schließlich weichen sie auf einem baumbestandenen,
schmalen Bergrücken von der Straße ab.
    An einem kleinen Quell lässt er
absitzen. „Überprüft die Eisen aller Gäule und sortiert auch jene aus, deren
Hufnägel stark abgenutzt sind. Ich verspüre keine Lust, noch einmal wegen eines
verlorenen Eisens Zeit zu verlieren“, weist er ungehalten mit seiner tragenden
Stimme an.
    Die Männer tun eiligst, wie
ihnen geheißen. Am Ende stellt sich heraus, dass fünf Pferde neu beschlagen
werden müssen. Malcom betraut Gerold damit. Dieser nimmt sich ein paar Männer
und sie machen sich mit den Tieren auf den Weg ins nächste Dorf zum Schmied.
    Derweil nutzen die
Zurückgebliebenen die Rast, um die Pferde zu versorgen. Die Männer sind des
Pökel- und Dörrfleisches überdrüssig. Malcom schickt daher Edmund ein Stück des
Weges zurück, um dem letzten Bauern am Straßenrand ein halbes Dutzend Enten
abzukaufen, welche sie sich zubereiten können. Nigel als sein Knappe begleitet
ihn.
    Joan schleicht verstohlen
durchs Dickicht. Gerade hat sie einen ausreichenden Abstand zwischen sich und
die Männer gebracht und will sich hinhocken, um sich eiligst zu erleichtern,
als sie stutzt. Aufmerksam tastet sie über eine kniehohe Staude im Unterholz,
welche als starke, uralte Zauberpflanze gilt.
    „Siegwurz“, raunt sie
ehrfürchtig, während sie versonnen über die zahlreichen gelblichweißen Blüten
sowie die kurzstieligen Blätter tastet, welche das Aussehen von Lanzenspitzen
haben. „Bitte diene mir. Verzeih, dass ich dich mir zu Eigen mache. Ich
verspreche, dich eines Tages an einem anderen Ort wieder einzusetzen, auf dass
du neue Triebe ansetzt.“ Sie reißt sich von der Pflanze los, sucht sich
umgehend einen Grabestock und macht sich an die Arbeit. Binnen Kurzem hält sie
die kleine Zwiebel, die zu ihrer Freude menschenähnlich geformt ist, in den
Händen. Sie steckt sich diese in den Mund, um sie vom Dreck zu befreien. Ein
knoblauchartiger Geschmack geht von ihr aus. Dann dreht sie den wertvollen Fund
bewundernd vor ihren Augen hin und her. Die äußeren Hüllen der Alraune sind von
einem feinen Fasernetz durchzogen, welches an das Aussehen eines Kettenhemdes
erinnert. Joan umfasst sie fest mit der rechten Hand, sammelt sich und schließt
die Augen. „Mein Allermannsharnisch. Bitte schütze mich im Kampf gegen
Verletzungen. Feie mich gegen alles Böse“, -mit einem

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