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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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das zänkische Geplänkel zwischen Gloucester und Hereford.“
    Raban wiegt zustimmend den
Kopf. „Ich weiß nicht, was Edward geritten hat, als er den beiden das Kommando
über die Vorhut gab. Vermutlich weiß er nichts von der verbitterten Rivalität
ihrer Familien.“
    „Daran zweifle ich, wenn man
bedenkt, dass Gloucester sein Neffe ist. Immerhin ist die Vorhut die
Eliteeinheit unter unseren zehn berittenen Corps und nur Hereford steht ihr mit
erblichem Recht als Constable zu. Abgesehen davon, dass er altgedient und um
einiges erfahrener ist. ... Es lässt nur wieder einmal tief blicken“, bemerkt
Malcom geringschätzig. „Vermutlich hat ihm Gloucester so lange zugesetzt, bis
er dessen Drängen nachgab und ihn zum Constable ernannte. Ein weiteres Zeugnis
seiner Rückgradlosigkeit. Edward hat nichts, das es wert wäre, auch nur
annähernd als Selbstbewusstsein bezeichnet zu werden. ... Du bist nicht zu
beneiden. Ich würde in seiner Gegenwart nur trübsinnig.“
    Joan horcht auf. Raban scheint
einer der Soldritter aus der Leibgarde des Königs zu sein. Überdies erlebt sie
es zum ersten Male, dass sich Malcom abfällig über ihren König äußert.
    „In dieser Schlacht wird er
über sich hinauswachsen“, betont Raban mit erhobenem Zeigefinger, um gleich
darauf zu seufzen. „Falls nicht, trete ich aus seinen Diensten.“
    Malcom betrachtet ihn
überrascht. „Ich glaub’ dir kein Wort“, feixt er daraufhin lachend und blickt
kopfschüttelnd wieder nach vorn.
    Raban pustet seinen Halm weg,
spuckt in die Rechte und streckt Mittel- und Zeigefinger feierlich nach oben.
„Ich schwörs beim Heiligen Georg und soll verdammt sein, wenn ich wankelmütig
werde.“
    Malcom bedenkt ihn mit einem
gleichgültigen Schulterzucken. „Ich werde dich daran erinnern.“
    Raban nickt versonnen. „Ja,
vermutlich wirst du das. Denn Edwards Schöngeist wird ihm hier nicht von großem
Nutzen sein. ... Du hast schon Recht. Er ist schwach, ... zu gutmütig, kann
sich nicht mal gegen die eigenen Leute durchsetzen, ... doch wie dann gegen den
Feind?“ Verdrießlich bläst er die Luft zwischen den Zähnen aus. „Ihm fehlt die
Härte, um ein guter König zu sein. Wäre er doch nicht so verdammt leicht von
den falschen Männern zu beeinflussen! Ohne seine kurzsichtige
Günstlingswirtschaft hätte er niemals beinahe den gesamten Adel gegen sich
gebracht. Er erinnert mich ständig an einen schlaffen Mehlsack“, erklärt er
mürrisch. Sie lächeln einstimmig säuerlich über den offensichtlich zutreffenden
Vergleich.
    „Du überschätzt meine
Königstreue“, schließt Raban mit nur leidlichem Missfallen.
    „Nein. Aber ich weiß, wie sehr
du die Gunst der Damen bei Hofe schätzt“, erwidert Malcom prompt, was Raban zu
einem ansteckenden Kichern verleitet. Dann tut er es mit einem wegwischenden
Wink ab.
    „Appropos: rate, wer mich noch
immer bei jeder Gelegenheit nach dir fragt!“ Er wirft Malcom einen scheelen
Blick zu.
    Dieser verdreht die Augen.
„Verschone mich, Raban.“
    Der kichert erneut. Er legt
eine Hand an den Mund und räuspert sich. „Sie ist übrigens hier.“ Genüsslich
weidet er sich an Malcoms gequälter Miene. Dann zuckt er die Schultern. „Du
tust gerade so, als würde es sich bei ihr um eine Aussätzige mit schiefen
Zähnen und Schielblick handeln.“
    Malcom bläst die Luft aus. „Ich
gebe zu, sie ist eine Augenweide. Doch Gott stattete sie mit einem, milde
gesagt, schwachen Verstand aus. ... Was hat ein Mann von einer schönen Frau,
wenn sie ihn auf Dauer bei jeder Gelegenheit mit oberflächlichem, einfältigen
Gewäsch langweilt?“
    Joan spitzt die Ohren. Sie
findet das Gespräch ungemein spannend. Insbesondere, was Malcoms Sichtweise
über Frauen betrifft.
    Raban beißt sich schelmisch auf
die Unterlippe. „Tja, ... was wohl“, kontert er spitz, um sich dann glucksend
im Sattel zurück zu lehnen. „Was kann man sich denn mehr wünschen, als eine
solche Frau, die einem hoffnungslos ergeben ist?“
    Malcom schüttelt grinsend den
Kopf. „Selbst du wirst noch eines Tages dahinterkommen.“
    Raban hebt lachend die Hände.
„Mach mir keine Angst!“
    Sie umrunden einen
liegengebliebenen Wagen, dessen Hinterachse gebrochen ist. Man verlädt seine
Fracht auf zwei nahestehende Wagen, um ihn von der Straße zu ziehen und die
acht Ochsen abzuspannen, die ihnen demnächst die knurrenden Bäuche füllen
werden. Zeit zum Reparieren des Wagens nimmt man sich nicht.
    Joan lässt sich diskret hinter
Malcom und

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