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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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ist. Sie schlägt einen
Haken und lässt sich unter einen Wagen fallen. Blitzschnell rollt sie unter
diesem hindurch, entkommt dabei dem mächtigen hinteren Wagenrad nur um
Haaresbreite und springt auf die Füße. Dann gibt sie alles, um wieder nach vorn
zu sprinten. Mit ein paar Sätzen hat sie den Kaltblüter eingeholt, durchtrennt
mit dem Dolch die Lederriemen, welche zwei mächtige Körbe aus Weidengeflecht an
seinen Seiten hielten, die daraufhin geräuschvoll aufs Strassenpflaster schlagen,
und schwingt sich auf das große Tier. Dieses ruckt nervös mit dem Kopf, den sie
noch von der Leine befreit, welche das Pferd am Halfter mit dem Wagen vor ihm
verband. Gemäß seiner Rasse besitzt es ein sanftes Gemüt, was Joan zupass
kommt. Als sie sich umblickt, erkennt sie den unheimlichen Ritter neben dem
Wagen hinter ihr anlangen. Zum vernehmlichen Fluchen ihres Verfolgers treibt
sie die Hacken in die Flanken des Kaltblutes. Der Falbe reagiert unverzüglich,
trabt gutmütig an und trägt sie weg von der Strasse über das offene Grasland.
Sie spornt ihn zu größerer Eile an, krallt sich in seine fliegende Mähne. Nun
vermag niemand mehr, sie aufzuhalten. Unter ihrem Arm hindurch erkennt sie,
dass sich ihr Verfolger aufs nächstbeste Pferd hievt.
    Joan kann
ihren Verfolger lediglich auf Abstand halten. Es ist ihr nicht möglich, ihn
abzuhängen. Das offene Grasland lässt einen uneingeschränkten Blick auf ihn zu.
Sie haben bereits einige Meilen zurückgelegt, der Troß liegt hinter ihnen. Es
kann nicht mehr fern bis zur Festung sein und sie rechnet damit, jeden Moment
auf das Heer zu stoßen. Sie entschließt sich, wieder zurück auf die Römerstraße
zu reiten, die irgendwo links von ihr liegt.
    Als sie auf diese trifft,
treibt sie ihr Pferd zu höchster Eile an. Plötzlich wird der Blick auf ein
Flußtal frei, das sich vor ihr öffnet. Sie schließt auf jenes des Bannock Burn.
Direkt dahinter erkennt sie einen Hügel, der nach Westen hin in einer kahlen
Kuppe gipfelt. Weiter westwärts steigt die hügelige Landschaft stetig an, entzieht
sich jedoch dem Auge, da sie sich in einem Dunstschleier verliert. Doch
vermutlich liegt irgendwo dort oben der Geburtsort des Bannock Burn. Joan
konzentriert sich wieder auf die nackte Kuppe des Hügels vor ihr, dessen nach
Osten hin seicht abfallende Flanke bewaldet ist. Sie schließt bei dieser auf
New Park. Weiter östlich von diesem liegen Felder, die an einer steilen
Böschung, welcher wohl vereinzelt Quellen entspringen, in die Feuchte der
Schwemmebene übergehen. Vielleicht zwei Meilen weiter nördlich von New Park
thront auf einem steilen Felsplateau Stirling Castle. Beschaulich im weiteren
Hintergrund sind die Highlands gelegen. Ihr Blick gleitet wieder zurück zu New
Park und erst jetzt gewahrt sie Kampfeshandlungen an dessen südlichem Ende. Je
näher sie der Szenerie kommt, desto deutlicher kann sie einzelne Gestalten zu
Fuß oder zu Pferde, ja sogar die Banner ausmachen. Und an letzteren erkennt
sie, dass es sich um die Vorhut handelt, die hier in heillosem Durcheinander
verzweifelt gegen einen vom schottischen König geführten Schiltron anrennt. Das
Hauptheer der Ihrigen befindet sich abwartend direkt vor ihr auf der Hochebene
der hiesigen Seite des Bannock Burn. Ein großer Trupp zweier schwergepanzerter
Reiterschwadronen ist überdies in die tiefer gelegene Schwemmebene östlich von
New Park vorgedrungen, durch die sich weiter im Norden auf Höhe von Stirling
Castle das breite, in der Sonne glänzende Silberband des Forth bogenartig
schlängelt. Jenseits des Flusses, hinter dem hohen Turm einer Abtei, geht die
Landschaft abrupt in eine steil aufragende Hügelkette über, welche über der
Ebene thront.
    Ein Blick über ihre Schulter
verrät ihr, dass sie nicht mehr verfolgt wird. Zuversichtlich hält sie auf das
Hauptheer zu, einer unglaublichen Menschenansammlung, die wohl geordnet mit
aufgestellten Lanzen in der sengenden Sonne verharrt. Die hellen Röcke der
Fußsoldaten mit den roten St. Georgskreuzen sind weithin sichtbar.
    Als sie dem Heer bereits ganz
nahe ist, verlangsamt sie ihr Tempo, da ihr aus dem Tal kommend Berittene in
schwerer Rüstung in ungeordneten Haufen auf der Strasse entgegensprengen. Sie
sind auf dem Rückzug, biegen vor ihr zum Heer ab. Offenbar sind sie
angeschlagen. Viele von ihnen scheinen blutjung, nicht älter als Phil, und
machen mit lauten Flüchen keinen Hehl aus ihrer ungestümen Wut. Weiter unten im
Tal versuchen die Fußtruppen der

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