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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Schotten, sie noch halbherzig zu verfolgen,
ziehen sich jedoch allmählich wieder mit ihren langen Spießen nach oben in den
lichten, buschartigen Wald von New Park zurück. Dieser wird nach Westen hin
dichter und durch große Kiefern und Laubbäume höher. Doch man kann sehr gut
erkennen, dass die Schotten neben einer zweiten Abteilung wohlgeordnet
Aufstellung nehmen und somit die in den Wald mündende Römerstraße blockieren.
Zu deren beiden Seiten wurde weiter unten am Hang noch zusätzlich ein dichtes
Netzt von Gruben ausgehoben, welchen offenbar einige Pferde zum Opfer fielen.
Somit wollen es die Schotten dem englischen Heer anscheinend unmöglich machen,
Stirling Castle über die Straße beziehzungsweise das umliegende trockene
Gelände der hügeligen Hochebene um New Park zu erreichen. Mit rauem Jubel
verhöhnen sie die kläglichen Reste der schwer gerüsteten englischen Vorhut, die
dem Feind sowie den Gruben endgültig den Rücken gekehrt hat und nun oberhalb
einiger ärmlicher Bauernhäuser nebst einer Mühle zurück über den Bannock Burn
setzt. Viele der Männer haben ihre Pferde verloren, die sich zumeist schrill
wiehernd am Boden im Todeskampf winden. Auch etliche Leichen ihrer Landsmänner
liegen am Hang verstreut umher, wie Joan erkennt, wenn sie die Augen zu zwei
Schlitzen verengt. Entsetzt bemerkt sie, dass noch einige unter ihnen am Leben
sind. Schwer verwundet erwartet sie der Gnadenstoß ihres sich zurückziehenden
Feindes. Ihre gellenden Schreie jagen Joan einen eisigen Schauer über den
Rücken. Sie unterdrückt das plötzlich aufkommende Bedürfnis, zu würgen und
wendet sich eiligst den eigenen Fußtruppen zu. Dabei schickt sie ein Stoßgebet
gen Himmel, dass Malcom noch leben möge.
    „Jack!“
    Ein Blick über ihre linke
Schulter lässt sie Steven auf dessen Pferd erkennen. Hinter ihm sitzt Guy, der
sich nur noch mühsam auf dem Ross halten kann. Sie lässt sich zu beiden
zurückfallen.
    „Jack“, keucht Steven und
ergreift eindringlich ihren Arm. „Hol Gerold raus. Er war bis eben noch
unversehrt.“ Er ringt nach Atem. Seine Rüstung ist blutverschmiert. Der Schaft
einer abgebrochenen Lanze ragt ihm aus einem Oberschenkel. „Er hat seinen Gaul
verloren. Eil dich, bevor es sich diese Hundsfotte anders überlegen und uns
doch noch verfolgen.“ Er spuckt aus. „Gib’ auf die Krähenfüße Acht, wenn du
nicht dein Pferd einbüßen willst. Sie liegen überall verstreut umher.“
    Joan wendet ohne zu zögern
ihren Kaltblüter und sprengt auf ihm zurück zur Römerstraße. Das kräftige,
stämmige Tier dürfte keine Schwierigkeiten haben, auch noch Gerolds gepanzertes
Gewicht zu tragen. Vorausgesetzt, sie findet ihn noch lebend. Sie weicht dem
Andrang der Entgegenkommenden auf die Straßenseite aus, reitet etliche Schritt
neben dieser gemächlich übers Grasland. Dabei hält sie abwechselnd nach den
Fliehenden, sowie auch nach Krähenfüßen Ausschau. Jenen gefürchteten
vierzackigen Eisensternen, welche, egal, wie sie liegen, stets einen der
länglichen Zinken in die Luft ragen lassen und, einmal eingetreten, dem
Ausschalten sowohl des Fußvolkes, als auch der Pferde dienen. Plötzlich scheut
ihr treues Tier und geht unerwartet auf die Hinterläufe. Sie kann sich gerade
noch auf seinem Rücken halten, reißt das Pferd zur Seite und hält erschrocken
den Atem an, als sie wenig vor sich eine mit Grassoden getarnte Fallgrube
ausmacht. Beruhigend tätschelt sie dem Hengst über den schweißbedeckten Hals
und lenkt ihn wieder zur Straße. Da bemerkt sie Gerold. Er humpelt ohne Helm
auf sie zu.
    „Jack! Dich schickt der
Himmel“, ruft er ihr erleichtert entgegen. Hinkend stützt er sich auf sein in
der Scheide befindliches Schwert. Joan sitzt behände ab und hilft ihm aufs
Pferd. Während er sich wieder mit seinem Schwert gürtet, schwingt sie sich
hinter ihn. Der Kaltblüter tänzelt nervös unter dem ungewohnten Gewicht,
gehorcht jedoch sofort unter Gerolds Sporen und trägt sie in den Strom ihrer
kopfüber fliehenden Landsleute. An Gerold festgeklammert wirft Joan einen
verstohlenen Blick zurück. Der nur leicht gerüstete Feind hat sich nun
geschlossen hinter die Fallgruben zurückgezogen. Sie entdeckt kaum Gefallene
auf schottischer Seite. Ihre Igelstellung war ganz offensichtlich erfolgreich
gegen die nach neuester, bester Technik gerüsteten Panzerreiter. Es ist eine
schmachvolle Niederlage, die sie hier erfahren haben.
    Ein schwarzes, kraftvolles
Streitross taucht neben ihnen auf.

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