Die rote Farbe des Schnees
ihrem Blick aus. So räuspert sie sich
gefasst. „Also gut. Dann sag’ mir ins Gesicht, dass du nichts für mich
empfindest.“
Malcom blickt ihr fest in die
Augen. „Ich empfinde ... “, er stockt. Daraufhin verfinstert sich seine Miene
nur noch mehr. „Kannst du mich nicht in Ruhe lassen“, faucht er auffahrend.
„Du läufst vor dem Leben
davon“, erwidert sie unbeeindruckt. „Soll ich dich in der Tat in Ruhe lassen?“
Insgeheim ist sie sicher, dass er ihr zugetan ist.
„Ja verflucht!“ Er legt den
Kopf flüchtig in den Nacken, um darauf wieder zu ihr zu sehen. „Zumindest im
Augenblick. ... Ich kann keinen klaren Gedanken fassen.“ Sein Blick streift
ihren Körper, bevor er mürrisch von ihr abschweift.
Joan nickt einsichtig. Offenbar
geht es ihm ähnlich, wie ihr. Sie kommt sich mittlerweile vor wie ein Artist,
der einen unsicheren Spagat zwischen der Liebe und der Angst, sich dieser
wahrhaft zu öffnen, vollführt. Zwar hat sie vermutlich nur eine vage Ahnung,
was SEINE Ängste betrifft. Hingegen jedoch sind ihr die eigenen nur allzu
vertraut. Denn seit der schöne Spielmann in ihr Leben trat kennt sie dieses
Hemmnis in ihrem Kopf, dem Mann ihrer Zuneigung Vetrauen entgegen zu bringen.
Verstört hatte sie sich damals wie in ein Schneckenhaus zurückgezogen, verließ
Thornsby Castle am darauffolgenden Morgen fluchtartig, um ihm aus dem Wege zu
gehen. Dabei wollte er lediglich für sie allein spielen. ... Sie seufzt
vernehmlich. Bei Malcom verhält es sich anders. Er hatte sie einfach ins kalte
Wasser gestoßen. Nun hat sie der Wucht ihrer Gefühlsflut beinahe nichts mehr
entgegen zu setzen. Die Hemmung, ihm bedingungsloses Vertrauen zu schenken, ist
beinahe verschwunden. Und es ist fürwahr mehr als bloße Zuneigung, die sie für
ihn empfindet. Sie steht ihm sehr nahe, gehört ihm mit Haut und Haar. Nie hätte
sie es für möglich gehalten, dass ein Mann ihr Herz derart schnell erobern
könnte. Bisher fand sie es erschreckend, ihm rettungslos verfallen zu sein,
fürchtete, ihm bedenkenlos alles zu opfern, selbst ihr Leben. Es macht sie
verletzbar. ... Doch fallen ihre Bedenken nunmehr kaum noch ins Gewicht. Sie
haben ihren Schrecken verloren. Denn was kann ihr mit ihm schon noch
wiederfahren? Selbst die Gräuel der letzten Tage konnten ihnen nichts anhaben.
Darum ist sie nicht gewillt, nun so leicht aufzugeben. Sie muss ihn aus der
Reserve locken.
„Du musst dich entscheiden,
Mal. Für mich oder ein Leben in Verbitterung.“
Er ist sichtbar erstaunt ob
ihrer offenen Worte, ihres offenen Angebotes. Dann jedoch bläst er unter
geplagtem Stöhnen die Luft aus und fährt sich nervös übers Gesicht. „Die Nacht
mit dir war ...“, er sucht nach den richtigen Worten, „atemberaubend“, bekennt
er. Seine Miene verschließt sich. „Doch mehr nicht. Sie war ein Fehler. ... Und
nun lass mir meine Ruhe. Ich bin wie erschlagen.“
Joan schluckt und wendet sich
eiligst ab, damit er ihre Betroffenheit nicht bemerkt. Vergeblich ist sie
bemüht, die Tränen herabzukämpfen. Dass er sie derart abweisen würde, es sich
so verdammt einfach machen könnte, hätte sie nie geglaubt. Nicht, nachdem sie
ihn nun so viel besser kennt. Dann geht ihr auf, dass es tatsächlich nicht
zusammenpasst. Ihre Haltung strafft sich. Durchatmend wendet sie sich ihm
wieder zu, blickt ihm forschend ins Gesicht. Als er ihrem Blick betreten
ausweicht, schnaubt sie verächtlich. Ist sie ihm doch tatsächlich für einen qualvollen
Augenblick auf den Leim gegangen! „Und ich glaubte doch wirklich, ICH wäre hier
der Hasenfuß!“
Er sieht einen Moment
überrascht auf, um sogleich den Kopf bedrückt hängen zu lassen. Nickend gesteht
er ihr den Treffer ein. Dann fasst er sie nachdenklich ins Auge. „Am
beängstigendsten ist, dass du mich bereits derart durchschaust.“
Ein gedankenvolles Lächeln
umspielt ihren Mund, während sie verständnisvoll nickt. Doch will sie ihn nicht
länger bedrängen. Denn sie muss einsehen, dass es zu nichts weiter führt, als
dass er seine Stacheln aufrichtet. Sie muss ihm Zeit lassen. Irgendwann wird er
sich ihr schon erklären. „Komm ins Wasser, Malcom. Ich will deine Wunden
säubern“, entgegnet sie und streckt ihm auffordernd eine Hand entgegen.
Er sieht sie daraufhin
zweifelnd an. „Joan, ich kann dir nicht geben, was du erhoffst. Ich würde dich
nur unglücklich machen“, wendet er leise ein, was ihr jedoch ein spitzbübisches
Grinsen entlockt.
„Woher weißt du, was ich
erhoffe? Mit
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