Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
weiter als die verwöhnte
Lieblingstochter, die stets ihren Willen bekam“, bekennt sie kleinlaut. Dann
betrachtet sie ihn trotzig. „Ich lasse niemanden mehr über mich entscheiden.
Und Befehle, die für mich nicht nachvollziehbar sind, waren mir noch nie
bindend.“
    „Du meinst, die dir nicht in
den Kram passen“, entgegnet er missmutig und sie schweigt in widerwilliger
Übereinstimmung. Er sieht abwinkend zur Seite. „Es ist nun ohnehin nicht mehr
von Belang.“ Sein Blick geht ins Leere, wobei er sich gedankenverloren auch auf
dem rechten Ellenbogen abstützt. Sogleich verzieht er schmerzhaft das Gesicht
und entlastet den verletzten Arm unter leisem Fluchen wieder. „Wie konnte ich
nur mit solcher Blindheit geschlagen sein“, ruft er verärgert und funkelt sie
an. „Spätestens nach der Geschichte mit Phil hätte es mir klar sein müssen!“
    Entsetzt reißt sie die Augen
auf. Er darf nichts Falsches denken! „Er hat es ... herausgefunden.“ Sie will
ihm noch sagen, dass es nicht so war, wie es ihm erscheint, doch der Gedanke an
Phil macht sie todtraurig. Unversehens verschwimmt ihr der Blick und sie schaut
weg, damit es ihm verborgen bleibt. Malcom jedoch dreht ihr Gesicht
unbarmherzig wieder am Kinn zu sich herum, um sich wortlos von ihren Tränen zu
überzeugen. Mit vielsagendem Nicken blickt er nach unten. Es zerreißt Joan
beinahe das Herz, doch sie bringt keinen Ton heraus. Wie sie diese
Weinerlichkeit doch hasst!
    „Wie weit ging das mit euch?“
Seine Stimme ist leise und er fasst Joan wieder ins Auge. Ihre Zunge ist wie
gelähmt. Statt zu antworten, schüttelt sie mit flehentlichem Blick den Kopf.
    Er betrachtet sie einfach nur
nachdenklich, bevor er dann durchatmend an sich herab schaut und mit dem Kopf auffordernd
zu seinen Beinen weist. „Zieh sie raus, Joan.“
    Sie willigt nickend ein, worauf
er sich schwerfällig zurücklegt. Behutsam entkleidet sie ihn bis auf die
Bruech. Dann wendet sie sich seinem rechten Oberarm zu. Es ist ein Durchschuss.
Sie drückt ihm die Knie auf Schulter und Unterarm, so dass er nicht verwackeln
kann, und umfasst das abgebrochene hintere Schaftende. Daran zieht sie mit
gleichmäßiger Kraft. Malcom stellt keuchend die Beine auf. Doch es geht schnell
und er entspannt sich wieder. Sie wirft den rotverschmierten Schaft weg und
beobachtet, wie Blut aus der Wunde sickert. Nicht übermäßig viel, wie sie
zufrieden feststellt. Sie soll sich blutend rein waschen. Joan wendet sich nun
seinen Beinen zu und atmet durch. Es wird schlimm für ihn werden. Drei Pfeile,
zwei im rechten, einer im linken Bein. Nur ein Durchschuss, die beiden anderen
stecken fest. Als erstes der Durchschuss. Beherzt streckt sie seine langen
Beine aus und fixiert das linke mit ihren Knien. Es ist ihr möglich, den Schaft
ebenso zügig heraus zu ziehen, wie jenen im Arm. Malcom hatte sich lediglich
kurz verkrampft. Offensichtlich ist seine Schmerzgrenze recht hoch. Sie
betrachtet den Schaft in seinem rechten Unterschenkel und betastet letzteren.
Der Pfeil steckt im Fleisch zwischen Schienbein und dem Knochen der Wade. „Ich
werde ihn durchstoßen“, teilt sie Malcom mit, worauf er nickend zustimmt. So
dreht sie sein Bein nach innen und Malcom legt sich auf die linke Seite. Vor
ihrem geistigen Auge steht der Pfeil nun genau senkrecht zum Boden. Sie angelt
nach zwei Armschienen seiner Rüstung, die sie unter seinen Unterschenkel legt,
so dass die Spitze zwischen ihnen hindurchtreten kann. Mit einem in der Nähe
aufgelesenen, faustgroßen Stein in ihrer Rechten geht sie auf die Knie und rutscht
so an Malcom heran, dass sich ihr Oberkörper genau über dem Schaft befindet.
Sie ergreift den Stein mit beiden Händen und setzt ihn mit angewinkelten Armen
vorsichtig auf den Schaft. „Atme so tief ein, wie du kannst!“ Sie blickt nicht
auf. Als sie hört, wie er Luft holt, nimmt sie mit dem Oberkörper Schwung und
lässt sich mit ausgestreckten Armen ruckartig auf den Stein in ihren Händen
fallen. Der Schaft verschwindet daraufhin in seinem Bein, was Malcom aufstöhnen
lässt. Laut fluchend dreht er sich kurz darauf wieder auf den Rücken. Joan
spreizt ihm die Beine. Auf den Knien rutscht sie zwischen diese, ergreift den
Pfeil unterhalb der Spitze und zieht ihn heraus.
    Aufatmend stützt sich Malcom
schwerfällig hoch. Sie betrachten die Pfeilspitze. Die Widerhaken sind
entsetzlich, so dass es Joan insgeheim vor dem letzten Pfeil graut. Denn sie
muss ihn entgegen der Schussrichtung aus der Wunde

Weitere Kostenlose Bücher