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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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vorher sagen müssen, ebenso, wie er Janina vorher von Dave hätte
erzählen müssen. Aber er hatte einfach befürchtet, dass sie dann nicht kommen
würden, keiner von beiden.
    Â»Ich werde nicht mit ihr tanzen, und das hätte dir eigentlich auch
klar sein müssen. Sie ist eine begnadete Komponistin, aber als Mensch ist sie
vollkommen gestört. Und als Tänzerin hat sie nicht das kleinste Fünkchen
Talent. Selbst wenn sie diesen Unfall nicht gehabt hätte.«
    Rost nickte und kippte seinen Whiskey hinunter.
    Â»Dave, ich weiß. Aber ich muss sie tanzen lassen. Das war die
Bedingung dafür, dass ich das Stück bekomme. Und ich musste es einfach haben,
verstehst du? Es ist wirklich existenziell wichtig für mich.«
    Â»Dann wirst du auf mich verzichten müssen, Joe.«
    Rost lachte ein wenig in sich hinein.
    Â»Das geht nicht.«
    Â»Wieso sollte das nicht gehen? Es gibt andere gute Tänzer als mich.«
    Â»DeeDees zweite Bedingung.«
    Â»Bedingung?«
    Â»Ihre zweite Bedingung war, dass du mitmachst.«
    Â»Wie bitte?« Dave lachte laut auf.
    Was gab es denn da zu lachen? Hatte Rost nicht absolut deutlich
gemacht, dass Dave nicht zu grinsen oder zu lachen hatte? Er sollte tanzen!
    Â»Sie hat damit bei mir offene Türen eingerannt, Dave. Natürlich bist
du auch meine erste und begehrteste Besetzung für diese Rolle. Und darum bitte
ich dich, zu bleiben.«
    Â»Dann nimm DeeDee von der Bühne.«
    Rost winkte der Bedienung nach einem neuen Whiskey.
    Â»Und wer soll deiner Meinung nach für sie da hochgehen? Es ist ihr
Part, ihre Seele. Sie wird es perfekt verkörpern.«
    Rosts Verbindlichkeit begann zu bröckeln. Warum mussten sie es ihm
alle so verdammt schwer machen. Was war so schlimm daran, ein paar Wochen lang
miteinander auszukommen?
    Â»Joe, es reicht nicht, ein Krüppel zu sein, um einen Krüppel tanzen
zu können.«
    Der Whiskey kam, und Rost stürzte auch diesen in einem Zug hinunter.
    Â»Es wird funktionieren, ich weiß es! Ich will es!«
    Rost fühlte, wie er die Kontrolle verlor, jeden Moment konnte es
passieren, dass er seinen Körper verließ. Ich muss mich beruhigen!
    Daves Stimme klang kalt.
    Â»Und ich will, dass du Rose die Rolle gibst. Lass sie vortanzen.«
    Rost knallte sein Glas auf den Tisch. Darum hatte er sie
mitgebracht, dieser durchtriebene Mistkerl. Damit er sie gleich sehen und sich
in sie verlieben konnte. Und er hätte es beinahe geschafft. Rose war anmutig,
natürlich. Sie war perfekt. Sie war es wirklich.
    Aber nicht für diese Rolle. Für diese Rolle brauchte er gerade das
Ungeschlachte, das Grobe, brauchte er DeeDees zerstörtes Gesicht und ihre
ruckartigen Bewegungen. Die Presse würde sich das Maul über diese Besetzung
zerfetzen, und sie würde sein größter Triumph sein.
    Â»Dave«, sagte er beschwörend. »Es ist das beste Stück, das in den
letzten zwanzig, ach was, dreißig Jahren überhaupt geschrieben wurde. Es ist
absolut wild. Und es ist DeeDees Rolle.«
    Rose legte Dave eine Hand auf den Arm.
    Â»Lass uns die Sache vergessen. Ich will gar nicht um jeden Preis
diese Rolle haben, das habe ich dir doch schon gesagt. Ich bin froh, wenn ich
bei dir sein und zusehen darf.«
    Verdammt, das hätte sie nicht sagen sollen! Jetzt hatte sie ihn mit
ihrem Akzent und ihrer Bescheidenheit. Vielleicht war sie wirklich nicht nur in
Daves Bett gut … nein! Dave suchte sich keine gleichwertigen Partnerinnen.
Hatte er noch nie getan. Gehörte zu seinem Erfolgsgeheimnis, der feige Hund.
    Â»Mademoiselle, es tut mir sehr leid, dass ich in dieser Sache nichts
für Sie tun kann. Wirklich leid. Ich weiß, es wäre eine reine Freude, mit Ihnen
zu arbeiten.«
    Rost trank den letzten Tropfen aus seinem Whiskey-Glas und stand
auf.
    Â»Aber nun lasst uns an die Arbeit gehen, Kinder, ja?«
    Dave blieb sitzen.
    Â»Rose, könntest du ganz kurz draußen auf uns warten?«
    Rose wirkte irritiert, tat jedoch, was er verlangte. Dave wartete,
bis sie außer Sichtweite war, bevor er sprach.
    Â»Joe, ich habe Sebastians Tagebuch. Vergiss das nicht.«
    Damit stand er auf und ging.
    Als die rosalippige Bedienung wieder neben Rost auftauchte, griff er
abermals in seine Jacketttasche und fischte ein paar Pillen heraus.
    Â»Noch einen Doppelten bitte«, sagte er heiser. Er schluckte die
Pillen ohne Wasser und roch seinen eigenen

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