Die Rote Spur Des Zorns
putzte sie an seiner Hemdbrust. »Geoffrey Burns. Ich glaube, der hat mal Hausfriedensbruch bearbeitet. Dieser Typ, der in den örtlichen Apotheken Drogen klaute. Erinnern Sie sich, Officer Entwhistle?«
»Scheiß auf den Anwalt!« McKinleys Gesicht hatte jetzt wieder Farbe bekommen und war mit roten und lila Flecken bedeckt. »Ich habe Bill Ingraham nicht umgebracht! Ich bin ihm nie zu nahe gekommen!«
Russ blickte auf. »Tja, das habe ich mir ursprünglich auch gedacht. Bei Ihre Festnahme im Fall Chhouk wollten wir ja nur Ihre Zeugenaussage. Offen gestanden, hielt ich Sie nie für den Typ, der eine solche Tat verübt. Ich dachte eben, Sie hatten ein paar Schläger als Freunde.«
»Genau! Stimmt! Genau das!«
»Aber als wir Sie jetzt zur Befragung vorführen wollten, da rennen Sie weg – versuchen, mich eiskalt umzubringen, indem Sie diese Kette nach mir schleudern; und als wir Sie endlich hierhaben, da telefonieren Sie als Erstes mit Ihrem Anwalt.«
»Chris hat mir das gesagt! Chris hat gesagt, wenn irgendwas passiert, dann soll ich einen Anwalt anrufen und dem alles überlassen.«
Selbst Noble änderte bei diesen Worten seine Körperhaltung. Russ setzte sich bedächtig die Brille wieder auf, sah McKinley jedoch nicht an. »So? Na, aber Sie sitzen jetzt hier, nicht Chris, stimmt’s? Und zwar so gut wie auf dem elektrischen Stuhl.«
Er warf Noble einen Blick zu.
»Eigentlich ist es ja heute eine Bahre, Chief«, antwortete der Beamte. »Es gibt keinen Stuhl mehr, sondern die Todesspritze.«
»Sie haben Recht.« Russ wandte sich wieder an McKinley, der auf seinem Platz zusammengesackt war. »Sie sind ein wahrer Freund, Elliott. Das wusste ich bereits damals, als Sie nichts im Fall Chhouk preisgeben wollten. Aber es gehört schon höllisch viel Freundschaft dazu, freiwillig in die Todeszelle zu gehen.«
»Das nennt sich jetzt anders, Chief: Höchststrafen-Abteilung.«
»Danke, Officer Entwhistle. Wahrscheinlich bin ich geistig in den Sechzigern stehen geblieben, wo man die Todeskandidaten nach Sing Sing zum Grillen geschickt hat.«
McKinley stieß tief in seiner Kehle einen Laut aus.
»Verzeihung. Haben Sie etwas gesagt, Elliott?«
»Ihr Typen«, flüsterte McKinley und hustete kurz, »ihr Typen wollt mich doch nur irre machen. Damit ich rede.«
»Sie haben gegenüber Officer Entwhistle und Deputy Chief MacAuley bereits deutlich klargestellt, dass Sie die Aussage ohne Gegenwart Ihres Anwalts verweigern. Nicht wahr? Ich will nicht, dass Sie reden, Elliott. Das könnte zu einer Verletzung Ihrer Rechte führen. Bestimmt wird Ihnen Geoff Burns mit Rat und Tat zur Seite stehen. Den Apotheken-Einbrecher hat er, glaube ich, rausgehauen.«
»Zwei Jahre plus zwei auf Bewährung«, sagte Noble.
»Danke, Officer Entwhistle.«
McKinley beugte sich vor. »Chris Dessaint«, flüsterte er heiser.
Russ beugte sich ebenfalls nach vorne und öffnete seine Hände auf den Papierunterlagen. »Elliott.« Seine Stimme klang ruhig. »Wenn Sie uns Ihre Geschichte erzählen, dann kommt das ins Protokoll. Ich werde meine Zeit nämlich nicht mit der Jagd nach einem neuen Verdächtigen verschwenden, wenn Ihre Aussage vor Gericht nichts wert ist. Also, falls Sie bereit sind, auf Band zu sprechen, nachdem man Sie nochmals über Ihr Recht auf einen Anwalt aufgeklärt hat, dann würde ich mir wirklich gern anhören, was Sie zu sagen haben.«
Elliott sah ihm mit zusammengekniffenen Augen ins Gesicht. »Aber trotzdem darf ich noch mit ihm reden, mit meinem Anwalt?«
»Sehr richtig.«
»Also schön.«
Russ stand auf, öffnete die automatische Tür und marschierte zielstrebig zum Einsatzbesprechungsraum, um einen Kassettenrecorder zu holen. Auf dem Gang begegnete er Lyle. »Überprüfen Sie einen gewissen Chris Dessaint. Alles, was wir über ihn haben.«
»Was ist denn los?«
»Elliott macht eine Aussage.«
Lyles Reaktion ging unter, als Russ wieder den Vernehmungsraum betrat. Er schaltete das Gerät ein, las McKinley noch einmal dessen Rechte vor und ließ ihn erklären, dass er freiwillig ohne seinen Anwalt aussage.
»Na schön, Elliott. Ich möchte Ihnen nichts in den Mund legen. Erzählen Sie mir, wie es dazu kam, dass Sie und Chris Schwule zusammenschlugen. Fangen Sie ganz von vorne an.«
Russ erwartete, von dem Überfall auf Emil Dvorak zu hören. Umso überraschter war er, als McKinley sagte: »Wir sind zum Lake George gefahren, um einen draufzumachen. Ich, Chris und unser Freund Nathan. Dann beschlossen wir, ein
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