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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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daran werde ich mich wohl nie so ganz gewöhnen…« Dorothea seufzte. » Und zu Ostern vermisse ich immer noch die Tulpen und Narzissen. Aber sonst geht es wirklich ganz gut. Erntedank wird eben dann gefeiert, wenn die Ernte eingefahren wird. Das funktioniert recht gut.«
    Außer dass ihnen in den Wäldern am Südhang des Mount Barker um ein Haar ein dicker Ast auf den Kopf gefallen wäre, verlief die Rückreise ereignislos. Wie stets, wenn die vertraute Silhouette von Eden House am Horizont auftauchte, empfand Dorothea das freudige Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Still bewunderte sie die Schönheit der weiten Landschaft, das silberne Band des Murray, der hier so breit und majestätisch durch die Ebene strömte. Jetzt im Herbst, wo das Grün überall verdorrt war, herrschten eher metallische Farben vor: warmes Kupferbraun, glitzerndes Silber und sanft schimmerndes Gold. Auf einigen Zweigen saßen dicht an dicht aufgereiht bunte Vögel wie großzügig verstreute Juwelen. Wenn sie sich mit der Kutsche näherten, stoben sie auf, und ihr empörtes Geschrei begleitete sie noch eine ganze Weile.
    Auch auf Eden House war ihr Kommen nicht unbemerkt geblieben. Als Ian den erschöpften Braunen auf den Hof lenkte, wurden sie bereits von einem umfangreichen Begrüßungskomitee erwartet. Umfangreicher als sonst.
    Zunächst glaubte Dorothea an eine Sinnestäuschung. Eine Halluzination? Auf den ersten Blick wirkte alles völlig normal: wenn nicht zwei Fremde dabei gestanden hätten, die Dorotheas Blick magisch anzogen. Hinter Mrs. Perkins und Mannara hielt sich eine weißhaarige Aborigine bescheiden im Hintergrund, und neben Robbie, als suche sie bei ihm Schutz, stand ein Mädchen, das seine Hand umklammerte. Sie erkannte es nicht sofort, vermutlich weil es völlig anders aussah als im Lager. War das nicht…?
    Vermutlich war es Trixies Verdienst, dass die zotteligen Haare von ehemals undefinierbarer Farbe jetzt in sauber geflochtenen Zöpfen von hellem Nussbraun schimmerten. In einem alten Kleid von Heather störte nur die tief gebräunte Haut das Bild eines typisch englischen Mädchens. Die Haut und der gehetzte Blick… Das Kind umgab die Aura eines verängstigten Wildtieres.
    Das fremde Kind sah sie an, und Dorothea wurde schwindlig vor Erleichterung. Wer auch immer die Kleine war– sie war kein Mischling. In ihren zarten Zügen fand sich nicht die leiseste Spur einheimischer Physiognomie. Es war ein einwandfrei europäisches Gesicht.
    Mit einem leisen » Brrr« bedeutete Ian dem Pferd, dass es stehen bleiben durfte, band die Zügel fest und sprang vom Bock. Während er Dorothea vom hinteren Sitz hob, murmelte er gereizt: » Ich möchte nur wissen, was das schon wieder soll! Ich hatte mich so auf einen ruhigen, gemütlichen Abend zu Hause gefreut!«
    Dorothea wurde einer Antwort enthoben, weil Mary es endlich geschafft hatte, sich von Trixies Hand loszureißen und vor lauter Hast beinahe die Treppenstufen hinuntergefallen wäre. » Was habt ihr uns mitgebracht?« Marys helle Stimme vertrieb den finsteren Ausdruck aus Ians Gesicht umgehend. » Kinderfragen, mit Zucker bestreut«, gab er scherzhaft zurück und bückte sich, um sie hochzuheben. » Na, mein kleiner Schatz? Wart ihr auch brav?«
    » Willkommen daheim«, sagte Mrs. Perkins und trat vor. Ihre ernste Miene kündete von schlechten Nachrichten. » Ich darf sagen, wir haben Sie sehnsüchtig erwartet, Master Ian.«
    » Das haben wir!«, bestätigte Lady Chatwick, die entschieden nickte. » Hier ist in den letzten Tagen so einiges los gewesen.« Sie sah vielsagend zu der alten Aborigine und dem Mädchen.
    » Eine vollkommen verrückte Geschichte– aber das sollen sie euch selbst erzählen.« Ihre Augen funkelten vor Aufregung, als sie hinzufügte: » Man sagt es immer so leichthin, aber Gottes Wege sind manchmal wirklich wunderbar.«
    » Sobald wir den Reisestaub abgewaschen haben«, sagte Ian, der nicht allzu begeistert schien. » In einer halben Stunde im Salon.«
    Als Dorothea und er eintraten, wurden sie bereits von der alten Aborigine und ihrem Zögling erwartet. Beide hockten auf den Stuhlkanten, als trauten sie der Haltbarkeit europäischer Möbel nicht. Unter dem karierten Baumwollstoff von Heathers altem Kleid sahen nackte, braune Füße hervor. Dorothea lächelte unwillkürlich, weil es sie daran erinnerte, dass Jane festes Schuhwerk ebenfalls verabscheut hatte. Auch die Füße der Kleinen zeigten die dicken Hornhautschwielen, die vom ständigen Barfußgehen

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