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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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krallten. Mrs. Perkins gab einen leisen Seufzer der Ungeduld von sich. » Master Ian, Sie sind nicht der erste Mann, den ich sehe, wie Gott ihn schuf. Stellen Sie sich vor, ich wäre Ihre Mutter, und lassen Sie mich tun, was nötig ist.«
    Stumm gab Ian nach und deckte sich selbst ab. Das Hämatom hatte sich in der kurzen Zeit weiter verfärbt und war gefährlich angeschwollen; die Haut darüber so gespannt, als ob sie jeden Augenblick aufplatzen wollte. Dorothea musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht vor Schreck aufzustöhnen. Was für ein grässlicher Anblick!
    Mrs. Perkins ließ keine Anzeichen von Nervosität oder Entsetzen erkennen. Geschickt wie immer hob sie mit einer Hand das Bein an und schob ein festes Tuch darunter. » Ma’am, würden Sie mir die Schüssel reichen?« Dorothea riss sich aus ihrer Erstarrung.
    Langsam und sorgfältig verteilte die Köchin den grünen Brei auf dem blauschwarzen Bluterguss, bis nichts mehr davon zu sehen war. Dann schlug sie das Tuch zusammen, richtete sich auf und betrachtete ihr Werk mit gerunzelter Stirn. » Es kann gut sein, dass wir die Flecken nie wieder herauskriegen. Aber das müssen wir wohl riskieren.« Mit einer energischen Bewegung zog sie die Decke wieder über Ian und trat zurück.
    Dorothea wäre um ein Haar in hysterisches Gelächter ausgebrochen. Dass Mrs. Perkins sich in einer solchen Situation um verfleckte Bettwäsche sorgte, hatte etwas Irreales. Als ob ihr Mann nicht gerade um ein Haar im Murray River gestorben wäre. Was zählten da ein paar verdorbene Leinenlaken?
    » Wie fühlen Sie sich jetzt? Appetit auf eine nette, heiße Hühnerbrühe?« Ehe Ian ablehnen konnte, war sie schon aus dem Zimmer geeilt, und man hörte sie laut nach Mannara rufen.
    » Hühnerbrühe und Bettwäsche– das ist nicht die schlechteste Art, um mit ungewöhnlichen Situationen fertigzuwerden«, bemerkte Ian mit einem Schmunzeln. » Mrs. Perkins ist wirklich eine bemerkenswerte Frau.«
    Das dachte Dorothea die nächsten Tage noch manchmal. Die Köchin sorgte dafür, dass stets genug frischer Blätterbrei bereitstand, und tatsächlich entwickelte die Aborigine-Medizin eine erstaunliche Wirkung. Ians eiserne Konstitution hatte ihn vor einer Erkältung bewahrt, die Kopfwunde verheilte problemlos– nur die Quetschung gab Anlass zu Besorgnis.
    » Es tut mir so entsetzlich leid, dass ich ein solcher Tollpatsch bin«, sagte Percy kleinlaut, als sie sich am nächsten Tag zum Lunch trafen. » Wenn ich denke, was alles hätte passieren können…«
    » Da muss man gar nicht lange nachdenken: Ohne das mutige Eingreifen von John und Parnko wäre Ian jetzt tot«, bemerkte Lady Chatwick gehässig. » Ihre Rettungsversuche waren ja nicht gerade sehr intensiv, wie man so hört.«
    Percy wurde leichenblass, im nächsten Moment schoss ihm die Zornesröte ins Gesicht. » Wer behauptet das? Ich habe getan, was ich als einzelner Mann tun konnte.«
    » Ach ja? Einem Bewusstlosen einen dürren Ast hinzustrecken ist in meinen Augen nicht gerade überzeugend.«
    » Woher hätte ich wissen sollen, dass er bewusstlos war? Es schien mir das Vernünftigste, ihn wieder ans Ufer zu ziehen«, verteidigte sich Percy, immer noch hochrot im Gesicht.
    » Mein Bruder konnte ihm nicht hinterherspringen«, warf Ca triona ein. » Er kann nämlich nicht schwimmen.«
    » Wie praktisch.« Lady Chatwick hatte heute anscheinend einen besonders bösartigen Tag. Ob die Gicht sie wieder gequält hatte?
    » Es war schrecklich.« Percy schloss schaudernd die Augen, als er sich die Szene vergegenwärtigte. » Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Als ich bemerkte, dass er den Ast nicht packte, wollte ich zum Haus laufen, um Hilfe zu holen. Aber ich war noch kaum vom Steg herunter, da kamen die beiden Burschen schon angerannt und haben ihn mit Gottes Hilfe aus diesem Hexenkessel gezogen.«
    Er bewegte den Kopf hin und her, als versuche er, die Bilder abzuschütteln. » Es war so schrecklich, ihm nicht helfen zu können.«
    » John meinte, wenn Ian sich nicht in den Ästen des großen Baums unter dem Steg verfangen hätte, wäre er sofort abgetrieben worden«, sagte Lady Chatwick nachdenklich. » Dann wäre er rettungslos verloren gewesen.« Sie kniff die Augen zusammen und legte den Kopf schief wie eine zwinkernde Eule. » In letzter Zeit wird Ian geradezu von Unglücksfällen verfolgt. Seine neue Verwandtschaft scheint ihm nicht besonders viel Glück zu bringen.«
    » Sie halten uns für Unheilsbringer?«

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