Die roten Blüten der Sehnsucht
Ertrunken ist der Master beinahe. Dank dem da.« Johns verächtliches Nicken in Richtung Percy war unnötig.
» Es war ein Unfall«, stammelte der. » Ein schreckliches Missgeschick. Ich bin ausgeglitten und habe versucht, mich an ihm festzuhalten. Dabei ist er ins Wasser gestürzt. Es tut mir ja so leid. Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte, Cousin.«
» Ich auch nicht«, knurrte Ian ungewohnt barsch. » Statt hier händeringend herumzustehen, geh lieber in den Salon und beruhige die Damen.«
Percy gehorchte umgehend.
» Helft mir auf mein Bett, und dann sagt Mrs. Perkins und Mannara Bescheid.– Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht!« Letzteres galt Dorothea, die wie versteinert auf das Blutrinnsal gestarrt hatte, das aus einer Kopfwunde sickerte und Ians linke Gesichtshälfte rot färbte. » Nur eine oberflächliche Fleischwunde und ein gequetschtes Bein.«
» Schlimm genug«, lautete Johns grimmiger Kommentar. » Das hätte wirklich böse ausgehen können. Um ein Haar wären Sie jetzt tot, Master.– Trixie, lass die Tür zu!«
Zu spät, hinter dem Kindermädchen drängten sich schon Robert, Vicky und Mary und betrachteten mit großen Augen und erschreckten Gesichtern den Auflauf im Flur.
» Zurück in euer Zimmer!« Mehr noch von seinem Anblick als von seinem scharfen Befehl eingeschüchtert, gehorchten sie Ian augenblicklich. » Los jetzt, wie lange wollt ihr mich noch hier stehen lassen.« Er musste ziemliche Schmerzen haben. Normalerweise sprach er nie in einem solchen Ton zu den Kindern. Dorothea beeilte sich, die Tür zum Schlafzimmer zu öffnen und die Bettdecke zurückzuschlagen.
Mit einem erleichterten Aufseufzen ließ Ian sich zurückfallen. » Danke, ihr beiden. Kümmert ihr euch noch um den großen Eukalyptus? Nicht, dass er noch den Bootssteg zertrümmert. Aber lasst euch besser nicht von Mr. Grenfell helfen!« Dieser Witz ließ die beiden Männer erleichtert grinsen. John tippte an den Mützenschirm und schubste Parnko freundschaftlich vor sich her aus dem Zimmer. » Wird erledigt, Master. Gute Genesung.«
Kaum dass die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, begann Dorothea, ihrem Mann aus den nassen Sachen zu helfen. Inzwischen zitterte er so, dass seine Zähne aufeinanderschlugen. Sobald sie seinen Oberkörper entkleidet hatte, holte sie eines von Roberts Flanellnachthemden aus dem Schrank. Normalerweise weigerte Ian sich, Nachthemden zu tragen. Deswegen besaß er keine eigenen. Als sie ihm mit äußerster Vorsicht die Hose herunterzog, stieß er zischend den Atem aus. Sein linker Oberschenkel war beinahe zur Hälfte blutunterlaufen und bereits im Begriff, stark anzuschwellen.
» Erzählst du mir, wie das passiert ist?«, fragte Dorothea bemüht ruhig und deckte ihn behutsam zu. Dieser Tölpel Percy!
» Später«, vertröstete er sie, denn gerade flog nach einem kurzen Klopfen die Tür auf und Mrs. Perkins, gefolgt von Mannara, betrat das Zimmer. Die Köchin mochte autokratisch sein, aber Dorothea kannte niemanden, der mit so schlafwandlerischer Sicherheit immer genau wusste, was zu tun war. Erleichtert registrierte sie die gewärmten Ziegel, die Mannara schon in Tücher wickelte und unter die Bettdecke schob. Mit gewohnter Effizienz versorgte Mrs. Perkins die Kopfwunde, die sich tatsächlich als nicht allzu ernst herausstellte.
» Eine ordentliche Beule, ein paar Tage Kopfschmerzen, aber außer einer kleinen Narbe wird nichts zurückbleiben«, war die beruhigende Diagnose.
Der Bluterguss, auf den sie nur einen kurzen Blick werfen durfte– Ian war erstaunlich schamhaft bei anderen Frauen–, ließ sie allerdings besorgt die Stirn runzeln. » Das sieht hässlich aus. Wollen Sie nicht doch einen Arzt kommen lassen?«
» Jetzt?« Ians Stimme klang spöttisch.
Mrs. Perkins lebte schon lange genug auf Eden House. Sie wusste, dass der Einwand berechtigt war. Selbst wenn ein Bote sich nach Adelaide oder Encounter Bay durchgekämpft hatte, hieß das noch nicht, dass er dort einen Arzt antraf, der bereit wäre, sich bei diesem Wetter zu einem Patientenbesuch aufzumachen. Bei dieser Witterung war es nicht ungefährlich. Die Wege waren bodenlos, wenn das Pferd stolperte, konnte man selbst in einem der heimtückischen Siele versinken.
» Ich Blätter holen?«, schlug Mannara schüchtern vor. » Und vielleicht Vicky fragen. Ihre Mutter große Heilerin.«
» Tu das.« Mrs. Perkins nickte ihr wohlwollend zu. » Die Blätterumschläge, die mir so gut geholfen haben, könnten
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