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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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können?«
    Tatsächlich drängelten die weiter hinten Stehenden so, dass die in den vorderen Reihen alle Kraft aufwenden mussten, um nicht vom Platz geschoben zu werden. Es war bekannt, dass die Geschenke, die der Engländer mitbrachte, stets reichlich und von guter Qualität waren. Man konnte sein Mehl gefahrlos essen, das Fleisch war nicht alt und der Tabak frisch. Nur Schnaps gab es nie. Aber den konnte man sich problemlos woanders beschaffen.
    Ian stellte sich in Positur, um King George feierlich eine kleine, säuberlich gehobelte Holzkiste als Gastgeschenk zu überreichen. » Das soll dir nützlich sein und dein Leben erleichtern«, sagte er. » In England sind sie sehr beliebt.«
    Mit der unverhohlenen Freude eines Kindes öffnete der Alte die Schachtel und sah verwirrt auf den Inhalt. Es war ein sehr hübsches Klappmesser aus Sheffield-Stahl, mitsamt einem Wetzstein und einem Futteral, um es am Gürtel zu befestigen. » Was ist das? Ein Zauberstab?«
    Als Ian ihm die Funktion demonstrierte, war er so hingerissen von dem Gerät, dass er es immer wieder aufklappte und zuklappte, aufklappte und zuklappte. Bis schließlich die anderen Männer unverhohlen forderten, es auch betrachten und ausprobieren zu dürfen.
    » Wenn ihnen etwas Spaß macht, kosten sie es auch wirklich gründlich aus«, bemerkte Mrs. Perkins trocken und sah sich um. » Es ist ziemlich heiß hier in der Sonne. Ich würde mich gerne irgendwo in den Schatten setzen.« Sie winkte dem Stallburschen Parnko zu, den sie auch als Dolmetscher mitgenommen hatten. Der Stallbursche hatte gemeinsam mit einigen anderen Halbwüchsigen die Mehlsäcke, Tabakkisten und die beiden Schafe ausgeladen und wirkte etwas ratlos, wie er da neben den Kanus stand und anscheinend nicht so recht wusste, wohin er sich wenden sollte. Niemand aus der Gruppe der Aborigines sprach ihn an oder ermutigte ihn in irgendeiner Weise, sich ihnen anzuschließen. » Komm her, Parnko. Kannst du ihnen sagen, dass wir uns in den Schatten setzen möchten?«
    Nun sah sich auch Parnko um. Dann ging er auf eine ältere Frau zu und sprach auf sie ein, wobei er eifrig gestikulierte. Die Bequemlichkeit der weißen Frauen war eine schwierige Frage im Protokoll der Traditionen. Niemand fühlte sich dafür zuständig. Die Männer nicht, weil es Frauen waren. Und die Frauen nicht, weil es ja Fremde waren und der Umgang mit Fremden Männersache war. So direkt damit konfrontiert, zeigte die Alte sich allerdings der Sache vollkommen gewachsen: Sie bellte einige Befehle, und eine Handvoll jüngerer Frauen stob davon, um gleich darauf mit Unmengen geflochtener Sitzkissen wiederzukehren, die sie im Schatten eines Windschirms ablegten und den drei Damen bedeuteten, dort Platz zu nehmen.
    Dorothea war heilfroh, dass sie in Anbetracht der Temperaturen auf den Großteil ihrer Unterröcke verzichtet hatte. Das geblümte Kleid aus indischem Musselin erreichte so zwar nicht die modische Rockweite, aber das machte nichts. Hier war niemand in der Nähe, der auch nur die geringste Ahnung von Modefragen gehabt hätte. Während Lady Chatwick und Mrs. Perkins sich erleichtert auf ihren improvisierten Sesseln niederließen, nutzte Dorothea die günstige Gelegenheit und schlenderte auf der Suche nach interessanten Beobachtungen zwischen den Windschirmen und Feuerstellen umher. Einige der Frauen lächelten ihr scheu zu, andere, vor allem ältere, schienen weniger freundlich gestimmt. Sie hatte sich gerade über eine Feuerstelle gebeugt, um genauer zu sehen, wie die Blätter zusammengefügt waren, in denen etwas äußerst Wohlriechendes gedämpft wurde, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Rasch drehte sie sich um und sah in das Gesicht eines Mädchens von vielleicht sechs oder sieben Jahren. Obwohl ihre Haut von der Sonne fast genauso dunkel gebrannt war, unterschieden sich ihre Gesichtszüge doch deutlich von denen der Eingeborenen. Die zarte Nase, der fein geschnittene Mund, das hellbraune, glatte Haar. Bisher hatte sie noch keine Mischlingskinder zu Gesicht bekommen. Dies musste eines sein.
    » Hallo…«, sagte Dorothea leise und lächelte sie an. » Kannst du mich verstehen?«
    Die Kleine erwiderte das Lächeln und machte gerade Anstalten, näher zu kommen, als sie scharf zurückgepfiffen wurde. Augenblicklich drehte sie sich um und rannte so schnell sie ihre Füße trugen davon. Im Nu war sie zwischen den Windschirmen und Trockengestellen für die Fische und Tierhäute verschwunden.
    Seltsam, dass

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