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Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Titel: Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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flüsterte sie.
    »Das ist das Kreuz des Südens. Die Maori nennen es te punga – den Anker.«
    »Der Anker? Wovon?«
    »Von einem riesigen waka . Du siehst es dort.« Seine Hand beschrieb einen Bogen und deutete auf den hellen, unregelmäßig geformten Streifen der Milchstraße, die sich über einen Teil des Horizonts spannte. » Te waka o Tama-rereti . Das waka von Tama-rereti. Da ist der Bug und da hinten das Heck.«
    »Erzähl mir mehr davon«, bat Lina und schmiegte sich – unauffällig, so hoffte sie – ein kleines Stückchen näher an ihn. Das Bett aus zusammengeräumtem Laub knisterte leise unter ihr.
    »Einst«, begann Alexander leise, »fischte der Krieger Tama-rereti fern von zu Hause mit seinem waka auf einem See. Da überraschte ihn die Nacht. Zu jener Zeit gab es noch keine Sterne, und in der Dunkelheit konnte das Monster taniwha die Menschen überfallen und verschlingen. Tama-rereti fuhr mit seinem waka den Fluss entlang, der sich in den Himmel ergoss, und streute leuchtende Kieselsteine vom Seeufer in den Himmel. Das gefiel Ranginui, dem Himmelsgott, und er nahm das waka und setzte es ebenfalls in den Himmel, um daran zu erinnern, wie die Sterne gemacht wurden.«
    »Das ist wunderschön«, flüsterte Lina. Sie lauschte auf das Rascheln und Zirpen, all die leisen Geräusche der Nacht um sie herum, die ihr plötzlich nicht mehr fremd und bedrohlich, sondern irgendwie tröstlich erschienen.
    »Lina?« Alexanders Stimmein der Dunkelheit, ganz nah an ihrem Ohr, ließ ihr Herz schneller klopfen.
    »Ja?«
    »Wenn das alles hier vorbei ist – ich meine, wenn wir die Kinder gefunden haben und zurück in Nelson sind … was wirst du dann tun?«
    »Was meinst du?«
    »Wirst du fortgehen?«
    »Nein, ich bleibe natürlich bei euch.« Sie schüttelte den Kopf, dass die Blätter raschelten. »Wie sollst du das denn alles allein schaffen? Und ich bin doch jetzt auch für die Kinder verantwortlich.«
    Er antwortete nicht.
    »Habe ich was Falsches gesagt?«, fragte sie schließlich.
    »Nein«, murmelte er einsilbig.
    Aber wohl auch nicht das Richtige.
    Noch während sie sich den Kopf zerbrach, was sie jetzt wohl sagen sollte, spürte sie plötzlich ein sanftes Kribbeln an ihrem Arm, wo ihr Blusenärmel endete. Sie hielt die Luft an: Alexander fuhr mit einem Finger auf der Innenseite ihres Unterarms entlang, vom Ellbogen in Richtung Handgelenk. Ganz langsam. Ein Schauer durchlief sie. Als er ihre Hand erreicht hatte, trafen sich ihre Finger, umfassten sich, schlangen sich umeinander. Lina wurde schwindelig vor lauter Glück.
    Sie hätte ewig so daliegen können, ganz still und ihrem Herzschlag lauschend. Langsam und dumpf klopfte es, erfüllte ihren ganzen Körper.
    Es war nicht ihr Herz, das da so seltsam schlug.
    Es kam von draußen.
    Buuuuum, buuuum, buuuuum, schallte es durch die Nacht, ein tiefes, kraftvolles Schlagen, das immer lauter wurde. Lina konnte es bis in ihre Eingeweide spüren.
    »Hörst du das auch?«, flüsterte sie, nun doch ziemlich beunruhigt. »Was ist das?«
    Alexander ließ ihre Hand los und stützte sich auf den Ellbogen. Das Geräusch ebbte ab, wurde leiser, verhallte immer mehr und verstummte ganz. Ein paar Sekunden war Stille, dann begann es erneut.
    »Ich glaube, das ist ein Kakapo«, erklärte er.
    »Ein Kaka-po? «, wiederholte Lina grinsend. »Das hast du gerade erfunden!«
    »Nein!«, protestierte er. »So heißt er wirklich! Es bedeutet ›Papagei der Nacht‹. Das ist ein großer grüner Vogel, der nicht fliegen kann und der seltsam riecht. Mit diesen Tönen wirbt er nachts um sein Weibchen.«
    »Der arme Kerl«, kicherte Lina. Jetzt, da sich die Quelle des unbekannten Geräuschs als harmlos entpuppt hatte, war ihr wieder ganz leicht zumute. »Und – erhört sie ihn?«
    »Ich weiß nicht«, gab Alexander leise zurück. Er war ihr jetzt sehr nah. »Will sie ihn denn?«
    Linas Herz schien einen Schlag auszusetzen, dann klopfte es umso schneller weiter.
    »Ja«, murmelte sie. »Das will sie.«
    Er beugte sich über sie. Und diesmal war sein Kuss ganz sanft und zärtlich.

Kapitel 19
    Die Wirklichkeit stahl sich nur allmählich in ihr Bewusstsein. Ganz langsam wurde Lina wach, tauchte auf aus einem wundervollen Traum, in dem Alexander sie wieder und wieder geküsst hatte. Und sie gestreichelt hatte. Noch mit geschlossenen Augen glitt ein Lächeln über ihr Gesicht: Sie hatte nicht nur geträumt.
    Ihre Finger fuhren ihre Lippen nach, versuchten, den letzten Hauch seiner Berührung zu

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