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Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Titel: Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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geschnitzter Anhänger in Form eines Angelhakens, sein linkes Ohrläppchen war von einem knöchernen Schmuckstück durchstoßen. Doch trotz seiner martialischen Aufmachung war der Ausdruck in seinen dunklen Augen freundlich.
    »Wer … ist das?«, wollte Lina benommen wissen. Die ganze Situation erschien ihr vollkommen unwirklich. Vielleicht träumte sie ja noch immer?
    »Darf ich vorstellen«, sagte Alexander und deutete auf seinen Begleiter. »Te Raukura. Ein guter Freund von mir.« Seine Finger streichelten über ihren Handrücken. »Und das«, fuhr er auf Englisch fort und wies auf sie, »ist Lina. Meine …« Er zögerte kurz. Gleich würde er sicher dieses grässliche Wort »Stiefmutter« sagen. »… meine whaia-ipo .« Diesmal sah sie ganz deutlich, dass er rot wurde.
    Sie lächelte verwirrt. »Was heißt das?«
    »Freundin«, erklärte der große Maori neben ihr mit einem breiten Lächeln, das seine Gesichtstätowierung zu einem furchterregenden Muster verzog.
    Lina spürte, wie ihr vor Freude und Aufregung ebenfalls die Hitze ins Gesicht schoss. Ihr Herz tat gleich mehrere stolpernde Sprünge.
    Seine Freundin. Alexander hatte sie seine Freundin genannt. Plötzlich schien der Schmerz in ihrem Fuß und in ihrer Schulter völlig nebensächlich.
    » Kia ora , e hine. Willkommen, Mädchen.« Der Maori neigte den Kopf und lächelte erneut. »Areka hat mir schon von dir erzählt.«
    »Areka?« Lina war nicht sicher, alles richtig verstanden zu haben, auch wenn der Maori gutes Englisch sprach. So viel stürzte gerade auf sie ein, und sie war gleichzeitig verwirrt, zittrig und unglaublich glücklich.
    »So nennen sie mich«, erklärte Alexander. »Die Maori tun sich etwas schwer mit unseren Namen. Alexander heißt bei ihnen Arekahanara. Oder eben nur Areka.« Er stieß sie sanft an. »Du bist übrigens Terina.«
    »Terina«, wiederholte sie langsam. Der Name gefiel ihr. Er hatte einen weichen und doch fremdartigen Klang. Terina und Areka. Lina und Alex.
    Der fremde Maori, Te Raukura, ging vor ihr in die Hocke. Sein gewaltiger Bauch war jetzt ganz dicht vor ihr, der Anhänger baumelte vor ihren Augen. »Darf ich dich auf unsere Art begrüßen, Terina? Indem wir unseren Atem teilen?«
    Was sollte das nun wieder bedeuten? Lina warf Alexander einen raschen Blick zu, dann nickte sie zögernd.
    Te Raukura beugte sich vor, umfasste mit der rechten Hand den Haarknoten an ihrem Hinterkopf und zog sie sanft an sich. Das Gesicht des Maori war nun ganz nah vor ihrem. Näher und näher kam er, bis seine Stirn die ihre berührte. Dann drückte er seinen Nasenrücken auf ihre Nasenspitze und schloss seine Augen. Ganz so, wie sie es bei Alexander und den anderen Maori gesehen hatte.
    Auch Lina schloss die Augen. So nah war sie einem fremden Menschen noch nie gekommen. Sie spürte die Wärme seines Atems auf ihrem Gesicht. Für einen Moment verharrte er so, dann ließ er sie wieder los.
    Lina öffnete die Augen. »Das war … schön«, murmelte sie.
    Ihr Blick fiel auf die Schrotflinte, die nicht weit von ihr entfernt im Gras lag. Scheu lächelte sie Alexander an. Jetzt kehrte das Zittern in ihren Körper zurück. »Wo warst du denn?«, fragte sie. »Ich habe dich überall gesucht. Und dann …«
    Alexander kniete noch immer neben ihr, seine Finger verflochten sich mit ihren.
    »Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist«, sagte er leise. »Als ich dich da über dem Abgrund hängen sah, dachte ich schon, ich würde dich gleich für immer verlieren. Was war denn los?«
    Lina schluckte. Sofort kehrte die Erinnerung an den Schrecken zurück, der ihr noch immer in allen Gliedern saß.
    »Seip«, stammelte sie. »Seip war hier!Hast du ihn denn nicht gesehen?«
    »Was? Nein! Seip war hier?« Alexander sah sich ungläubig um, dann sprang er auf. »Dann war er es also, der uns gefolgt ist … Natürlich, das hätte ich mir ja denken können.« Er schnaubte. »Hat er dich etwa den Abhang hinuntergeworfen? Dieses miese Schwein, ich breche ihm –«
    »Nein, ich bin abgerutscht und von selbst gefallen. Aber er hat mir auch nicht geholfen.« Lina holte tief und zittrig Luft. Allmählich beruhigte sie sich wieder. Sie warf einen raschen Blick auf Te Raukura und senkte ihre Stimme. »Er wollte wissen, wo du das Gold gefunden hast.«
    Alexander sah sie lange und schweigend an. »Deshalb also«, sagte er dann gedehnt.
    »Deshalb?« Linas Kopf ruckte hoch. »Dann hat er also recht? Du hast wirklich …« Erneut verfiel sie in ein Flüstern. »Du

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