Die Rueckkehr
war schnell von Begriff und hatte es sofort kapiert.
»Scheiße, auf gar keinen Fall, Rain. Wir gehen nicht da rauf. Da oben gibt es Gespenster. Du hast wohl eine Macke. Auf keinen Fall.«
Axel nahm Rainey das Handy aus der Hand, ging ein paar Schritte weg und drückte auf den ANRUFEN -Knopf.
»Ja, wir brauchen ein Taxi ganz oben am Upper Chase Run. Genau. An der Straßenbahnhaltestelle. An der Kehre. Wir sind zu zweit. Ich heiße Axel Deitz.«
Rainey versuchte nicht, ihn aufzuhalten.
Aber er spürte, wie er … zurückwich … sich entfernte.
»Ja, super«, sagte Axel. »Wir warten hier.«
Er schaltete das Telefon aus und gab es Rainey zurück. »Da. Höchstens fünf Minuten, haben sie gesagt. Mach jetzt keinen Scheiß. Du guckst so komisch, Rainey. Wird dir jetzt schlecht oder so was?«
Rainey nahm den Akku aus dem Handy.
»Nein. Ich muss etwas erledigen, Ax.«
»So ein Quatsch. Das Taxi ist unterwegs, Mann. Jetzt mach mir hier nicht auf Zombie. Rain?«
»Ich muss mir etwas ansehen, Ax. Dauert nicht lange, okay? Keine Panik.«
»Rain, bitte.«
Rainey schüttelte den Kopf, drehte sich um und folgte mit dem Blick dem Verlauf der Treppe nach oben, der gelben Lichterkette, die in der fernen Höhe in der Dunkelheit verschwand. In seinem Kopf erklangen die Worte komme und werde erkannt .
Was er wirklich nicht verstand.
Aber er machte sich auf den Weg nach oben.
»Rain, bitte«, sagte Axel und ging ihm ein, zwei Stufen nach. Rainey drehte sich um und blickte zu ihm herunter.
»Ich muss das tun. Ich nehme die nächste Straßenbahn, Ax. Mach keinen Ärger, okay? Sag ihnen, dass ich gleich nachkomme. Sag ihnen, ich musste noch etwas erledigen.«
Axel stiegen die Tränen in die Augen.
»Rainey, mit dir stimmt was nicht. Echt, du bist ganz blass und so. Du guckst so komisch. Mach das nicht.«
Unten auf der Straße kam ein Auto um die Ecke und fuhr auf sie zu. Mit einem beleuchteten Schild auf dem Dach – CHASE TAXI . Der Fahrer blinkte mit dem Fernlicht und hielt an der Haltestelle, hupte kurz und rollte die Scheibe hinunter.
»Habt ihr ein Taxi gerufen?«
»Ja, haben wir«, sagte Axel. »Komm jetzt, Rain.«
Rainey schüttelte den Kopf.
»Geht nicht, Ax. Es muss sein. Geh schon vor. Ich komme gleich nach.«
Der Taxifahrer hupte wieder.
»Jungs? Kommt mal in die Gänge, ja?«
Axel zwinkerte Rainey zu, mit Tränen in den Augen und glänzenden Wangen.
»Warum tust du das, Rain?«
Darauf wusste Rainey keine Antwort.
Axel nahm seinen Rucksack und drehte sich um, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Rainey sah ihn ins Taxi steigen. Der Fahrer fragte ihn etwas, und er hörte Axel sagen: »Nein, nur ich.«
Der Fahrer warf einen Blick auf Rainey unten an der Treppe, zuckte die Achseln und fuhr los. Als sie wendeten und über den Upper Chase Run davonfuhren, ließ Axel Rainey nicht aus den Augen; sie waren groß und weit aufgerissen, sein junges Gesicht war weiß und verschwommen. Das Taxi verschwand um die Ecke. Rainey stand allein im gelben Licht der Straßenbahnhaltestelle, und hinter ihm erhob sich die riesige schwarze Masse von Tallulahs Wall, eine dreihundert Meter hohe Wand aus Nichts, die den Blick auf die Sterne versperrte.
Er brauchte lange, so kam es ihm jedenfalls vor, aber schließlich stand er oben an der Treppe, außer Atem. Den Rucksack hatte er hinter sich hergeschleift. Jetzt setzte er ihn ab und lehnte sich an das Geländer. Vor ihm breitete sich Niceville aus, von den Lichtern von Mauldar Field ganz im Nordwesten bis zum konzentrierten Glitzern des Galleria-Einkaufszentrums, wo offenbar irgendetwas los war, weil man überall das Blinken der Polizeiwagen sehen konnte und der Live-Eye-Hubschrauber darüber kreiste.
Im Vordergrund sah er das goldene Leuchten der Innenstadt von Niceville, kreuz und quer von Stromkabeln durchzogen, die von hier oben wie ein schwarzes Netz aussahen. Weiter flussaufwärts erstrahlten wie eine Halskette die Lichter des Pavilion, und hier und da konnte er schwach unter dem Blätterdach der vielen Eichen und Weiden den Glanz der Viertel Garrison Hills, The Glades und Saddle Hill ausmachen.
Sogar das finstere Dreieck des Konföderiertenfriedhofes konnte er erkennen. Dort war er gefunden worden, lebendig begraben in einer Gruft mit einer Leiche darin. Auf dem Fluss waren Boote unterwegs, bunte Lichtpunkte. Rainey stellte sich die Menschen auf den Booten vor, eine Party, schöne Mädchen, reiche Typen wie Coleman und seine Kumpel.
Was machte er hier
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